Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Deuksch-Südwelkafrika. 
von der rotben Nation. 
Der stellvertretende Landeshauptmann in dem 
südwestafrikanischen Schutzgebiete berichtet, daß er am 
26. Oktober v. Is. mit dem Häuptling der rothen 
Nation (Hoachanas-Hottentotten), Manasse Noreseb, 
einen Zusatzvertrag zu dem bereits im Jahre 1885 
vereinbarten Schußvertrage abgeschlossen habe. 
Kapitän Manasse war seiner Zeit von Hendrik 
Witbooi aus seinem Stammsitze Hoachanas vertrieben 
worden und hielt sich seitdem zunächst als Gast der 
Hereros zu Okahandja, sodann in Seeis und zuletzt 
in Hatsamas auf, wo er mit dem Reste seines sehr 
zusammengeschmolzenen Stammes festen Wohnsitz ge- 
nommen hatte. 
Nach der Niederwersung Witboois hatte Manasse 
den Wunsch ausgesprochen, nach Hoachanas zurück- 
zukehren, und da der inzwischen aus Deutschland 
zurückgekehrte Missionar Judt sich dafür ausgesprochen 
hat, so hat Major Leutwein die Genehmigung zur 
Rückkehr nach Hoachanas ertheilt. 
Auf Grund des Zusaßvertrages wurde das Ge- 
biet der rothen Nation wesentlich eingeschränkt und 
umfaßt nunmehr einen um Hoachanas gelegenen 
Bezirk, welcher nach Norden, Osten und Süden durch 
die Wasserstellen Ougas, Guyas, Nugoais, Omnas 
und Gunikhanas begrenzt wird, während im Westen 
der Uriabfluß die Grenze bilden soll. Zur Stärkung 
der Antorität des Häuptlings und zum Schute seines 
Stammes beabsichtigt Major Leutwein eine Gar- 
nison der Schutztruppe nach Hoachanas zu legen. 
Dagegen verspricht Manasse zum Bau eines Stations- 
gebäudes sowie zur Anlage eines Gartens das er- 
forderliche Land zu überlassen und zum Hausbau 
auf Wunsch Arbeitskräfte zu stellen. In Anerkenumg 
der von Manasse übernommenen Sorge für die Auf- 
rechterhaltuug von Ruhe und Ordnung innerhalb 
seines Gebietes ist demselben seitens der Landes- 
hauptmannschaft eine unentgeltliche Zuwendung von 
Lebensmitteln im landesüblichen Werthe von jährlich 
sünfhundert Marl bewilligt worden. 
Hendrik Witbooi. 
Nach den letzten Berichten des Majors Leul- 
wein, die bis Anfang November v. JIs. reichen, 
haben sich Hendrik Witbooi und seine Leute bisher 
ruhig verhalten und scheinen sich in ihr Schicksal 
gesunden zu haben. Sie befanden sich im Oktober 
noch auf dem Zuge nach Gibeon und marschirten 
der leichteren Verpflegung halber in zwei getrennten 
Trupps. Der zum Stationschef von Gibeon be- 
stimmte Premierlieutenant v. Burgsdorff ist daselbst 
mit der für diesen Platz in Aussicht genommenen 
Besatzung von 3 Unteroffizieren, 1 Lazarethgehülfen 
und 26 Reitern auf der Straße Pavianskranz, Hu- 
dub, Garis, Tsugaos am 5. Oktober v. Is. wohl- 
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behalten eingetroffen. Die Stationsbesatzung hat 
vorläufig in der Kirche und in dem Missionsgebäude 
Quartier genommen und unverzüglich mit dem Bau 
eines Stationsgebändes auf einer geeigneten Höhe 
südlich von der Kirche begonnen. Die Arbeiten 
werden so beschleunigt, daß der Bau thunlichst noch 
vor Eintritt der Regenzeit beendigt werden kann. 
Auf dem Marsche nach Gibeon war Lieutenant 
v. Burgsdorsf am Plom-Fischriver durch den 
Unterkapitän Samuel Isaak und einige Reiter ein- 
geholt worden, welche ihm einen Brief Hendrik Wit- 
boois, datirt Harechas den 28. September, überbrachten 
und den Auftrag hatten, allen Witboois, die sich noch 
in ziemlich großer Zahl in den Gibeoner Bergen 
auhshalten sollen, die Nachricht von der Unterwerfung 
Hendriks zu überbringen und sie alle nach Gibeon 
zu berufen. 
Hendrik Witbooi selbst wurde um Mitte Oktober 
in Gibeon erwartet, während dem Eintreffen des 
ganzen Stammes daselbst bis zum Ende desselben 
Monats entgegengesehen wurde. Major Leutwein 
hat wiederholt seiner Ueberzeugung Ausdruck gegeben, 
daß Hendrik sein gegebenes Wort nicht brechen und 
daß es sogar noch gelingen werde, in ihm eine Stütze 
der Regierung zu gewinnen. Bei der außergewöhn= 
lichen Antorilät, die er bei seinen Leuten genießt, 
ist anzunehmen, daß auch von seinen Stammesgenossen 
eine ernstliche Störung der öffentlichen Ordnung 
nicht zu erwarten steht. Hendrik Witbooi selbst ist 
auf die Disziplin, die er unter seinem Stamme auf- 
recht zu erhalten weiß, nicht wenig stolz; so äußerte 
er gegenüber dem Dolmetscher Kleinschmidt bei 
Besprechung der Zustände bei den Khanashottentotten, 
wo der schwache Kapitän Eduard Lambert sich ver- 
gebens bemüht, seine räuberischen Unterthanen im 
Zaume zu halten: „Ja, mit diesen Leuten wird der 
Herr Major gewiß mehr Schwierigkeiten haben als 
mit mir. Ich kenne sie längst als böse Näuber.“ 
Ueber seinen MWarsch nach Gibeon 
berichtet Premierlieutenant v. Burgsdorff unter 
dem 6. Ottober 1894 dem stellvertretenden Landes- 
hauptmann: 
Euer Hochwohlgeboren melde ich hiermit ganz 
gehorsamst, daß ich am 5. d. Mis. nach elstägigem 
Marsch über die Straße: Pavianskranz, Hudub, 
Ricketts-Werst (Garis), Ssugaos wohlbehalten in 
Gibeon eingetrossen bin. Am 8. d. Mts. werde ich 
15 Neiter und einen Wagen nach Kectmanshoop 
weilerschicken, so daß von diesem Tage ab meine 
Station die vorschriftsmäßige Zahl von 1 Offizior, 
30 Reitern (einschl. Unteroffizieren u. s. w.) auf- 
zuweisen hat. Den zweiten Wagen schicke ich in den 
nächsten Tagen nach Windhoek zurück. Da ich die 
persönlichen Verhältnisse unter den alten Mannschaften 
hier in Gibeon nicht ganz klar fand, habe ich mich 
genöthigt gesehen, von den allen Reitern drei Leute
	        
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