Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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auch der Dienst irregulärer Truppen eher recht- 
ferligt. 
Die Herren Stationschefs sollten sich bei der 
Auswahl der Leute nicht übereilen. Die erste 
Uebung vielleicht nur weniger Leute sollte so gehand- 
habt werden, daß sich zu den nächsten so viele Ein- 
geborenc melden, daß eine günstige Auswahl statt- 
finden kann. 
Bezahlung dieser Leute kann zunächst nicht er- 
folgen, wohl aber kleinere Geschenke, und es wird 
besonders in dem Geschick der Herren Stationschefs 
und ausbildenden Offiziere liegen, sich eine wirklich 
brauchbare Truppe, die für irgend welche Fälle be- 
nöthigt ist, heranzubilden. 
Die auszubildenden Leute sollen von vornherein 
mit dem Zweck ihrer Heranziehung — Verstärkung 
der Regierungstruppe gegen unbotmäßige, die Frei- 
heit und das Eigenthum der Eingeborenen ge- 
fährdende Häuptlinge zu sein — bekannt gemacht 
werden. 
Die Waffen und vielleicht auch die Uniformen, 
die übrigens auf der Station bleiben und immer 
nur bei jeder Einberufung ausgegeben werden, 
werden den Stationen zur Verfügung gestellt. 
Ich weiß, daß es — geschickt angefangen — 
überall möglich sein wird, ein recht brauchbares 
Korps von besonders kriegerischen Individuen sich 
binnen nicht allzu langer Zeit zu organisiren, wie 
ich selbst das früher in noch ganz unberührten 
Gegenden Centralafrikas mit großem Erfolge gethan 
habe. 
Die Bewaffnung dieser Leute würde am besten 
in Karabiner, Koppel und Patronentasche, Busch- 
messer, Beil, Messer und Handwerkszeug bestehen 
die Unisormirung in Blusen, Kniehosen und Ma- 
trosenmütze. Eine solche Truppe wird nach mehr- 
facher Ausbildung — die natürlich neben der Kenntniß 
der Waffe, der Kommandos und der nöthigsten 
Formationen besonders darin zu bestehen hat, daß 
den Leuten der Dienst interessant wird — den 
Stationschef befähigen, bei irgend welchem Unter- 
nehmen neben seiner regulären Truppe eine doch 
immerhin weit verläßlichere Truppe zu haben als 
ganz unausgebildete und unter der Führung von 
Eingeborenen stehende eingeborene Bundesgenossen. 
Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß jeder 
Stationschef seine Truppe in Besatzungs= und Feld- 
truppe zu theilen hat. Dem Zwecke nach würde die 
erstere, die bei jedem Ausmarsch der Truppe aus 
der Station als Vesatzung der befestigten Station 
zurückbleibt, aus den am wenigsten marsch= und feld- 
dienstfähigen Leuten zu bestehen haben — aus einem 
Drittel bis einem Viertel —, während der übrige 
bessere Theil als Feldtruppe bei nöthig werdenden 
Expeditionen oder zur Begleitung der Offizierc bei 
Reisen in ihrem Bezirk zu dienen hat. 
Die Station Langenburg ist fast ausschließlich 
auf irreguläre Truppen angewiesen, ebenso die 
Station Bukoba durch solche irregulären Truppen 
  
verstärkt, und die Station am Tanganyikasee wird 
auf meinen besonderen Befehl durch einc irregulärc 
Kawendetruppe auf mindestens das Doppelte der 
sonstigen Besatzung gebracht. Ich glaube, daß es 
auch kleineren Stationen gelingen wird, sich min- 
destens 50 Mann solcher Irregulären für alle Fälle 
zu sichern. 
Die Verwendung einer solchen Truppe ergiebt 
sich von selbst. Ich verweise hierbei auf das in 
den Stationen vorhandene Buch „Afrika“ von mir. 
Schießprämien und andere Belohnungen und 
Auszeichnungen, die auf der Uniform kenntlich ge- 
macht werden müssen, werden ein Mittel sein, 
schneller zum Ziele zu kommen. Außerdem würde 
sich empfehlen, irgendwie den Freiwilligen auch 
außerhalb seiner Dienstzeit als solchen kenntlich zu 
machen, darauf zu halten, daß er sich auf der 
Station (wo natürlich ein Verzeichniß der Leute 
sich besinden muß) meldet, wenn er verreisen will. 
Von vornhereln soll auch diesen Leuten gesagt 
werden, daß sie, wenn sie nicht mehr der Truppe 
angehören wollen, auf ihren einfach ausgesprochenen 
Willen entbunden werden, überhaupt die ganze Ein- 
richtung mehr als eine freiwillige gehandhabt werden 
und so, daß die Leute eine besondere Auszeichnung 
darin suchen, der Truppe anzugehören, vielleicht da- 
durch, daß ihnen irgend welche Vortheile oder auch 
nur Rangauszeichnungen in ihrem Stamm oder Dorf 
geschaffen werden, immer aber die reguläre Truppe 
als etwas noch Besseres ansehen. Es sollen stets die 
Besten der Irregulären zum Ersatz für die reguläre 
Truppe dann vorgesehen werden. 
Es soll diesen Leuten freie ärztliche Untersuchung 
und Verpflegung auf den Stationen für sich und 
ihre Familien versprochen werden, und ich würde es 
als einen ganz besonderen Fortschritt anerkennen, 
wenn sich dieselben in der Nähe der Station an- 
bauen und gewissermaßen eine geschlossene Gemeinde 
im Schutze und zur Verfügung der Station bilden 
würden, das würde auch wirthschaftliche Vortheile 
nach sich ziehen von großer Bedentung. 
Um hierzu vorzuschreiten, muß mit großer Vor- 
sicht verfahren werden, damit der ganze Vorgang 
nicht durch Mißtrauen gestört wird. 
Zu Festlichkeiten der Station, zu Kaisers Ge- 
burtstag u. s. w., sind die Leute ebenfalls heran- 
zuziehen; aus ihnen wähle man sich Boten oder 
besondere Gesandtschaften. 
Es ist den Stationschefs auch anheingestellt, 
beim Ausrücken zu Expeditionen die Besatzung der 
Station durch Irreguläre zu verstärken, nur ist 
dabei ins Auge zu fassen, daß hierzu lediglich die 
allerzuverlässigsten Leute — wenn auch weniger 
marsch= und kriegsfähig — zu verwenden sein 
würden. 
Führer der irregulären Truppe würden, je nach 
dem zur Verfügung stehenden europäischen Personal, 
womöglich ein Offizier, sonst ein geeigneter Unter- 
offizier, unter ihm einige gewandte, besonders im
	        
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