Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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In dem abgehaltenen Schauri setzte ich ihm zu- 
nächst seine Lage auseinander und theilte ihm mit, 
daß ich nicht dulden könne, wenn er mit bewaffneter 
Macht sich in deutschem Gebiete aufhalte, um viel- 
leicht später, nachdem er sich ausgeruht und mit 
Lebensmitteln versehen habe, von dort aus den Krieg 
gegen die Engländer fortzusetzen. Für den Fall 
aber, daß er als Hülfesuchender zu mir käme, sei 
ich bereit, ihm Leben und Freiheit unter folgenden 
Bedingungen zuzusichern: 
Nach 5 Tagen, vom Ablaufe des 16. April an 
gerechnet, müsse Mbaruk mit seinem gesammten An- 
hange in Moa sein; dort habe er die Waffen nieder- 
zulegen und meinen weiteren Anordnungen in Betreff 
seiner Ansiedelung auf deutschem Gebiete Folge zu 
geben. Erfülle er diese Bedingungen nicht, so habe 
er nach Ablauf der gestellten Frist einen Angriff zu 
gewärtigen. Mbaruk sagte mir auch zu, daß er sich 
mir unterwerfen wolle; indessen machte an jenem 
ersten Verhandlungstage sein ganzes Auftreten durch- 
aus noch nicht den Eindruck eines Hülfesuchenden. 
Im Gegentheil trat Mbarnk ziemlich selbstbewußt 
auf und befand sich zunächst noch in dem Glauben, 
er sei nach Ueberschreitung der Grenze nach Moa- 
berufen worden, weil die deutsche Regierung zu 
seinen Gunsten interveniren wolle, eine Ansicht, die 
ich ihm allerdings gleich von vornherein benommen 
habe. Er stellte sogar kurz vor seinem Abmarsche 
nach Maharani noch die Anfrage, welches Gehalt 
ihm zukünftig von der deutschen Regierung bewilligt, 
und welche amtliche Stellung er bekleiden würde. 
Hierbei darf nicht unerwähnt bleiben, daß die eng- 
lische Regierung ihm in seiner früheren Stellung als 
Wali von Gazi ein monatliches Gehalt von 
2000 Rupien ausgesetzt hatte. Das Verhalten 
Mbaruks nöthigte mich, demselben nochmals schrift- 
lich die ganze Situation und seine eigene Lage aus- 
einander zu setzen und ihn ziemlich kategorisch auf- 
zufordern, mit dem Ablauf der genannten Frist in 
Moa zu sein, widrigenfalls ich ihn gemeinsam mit 
den Engländern angreifen würde. 
Die Anzahl der Mbaruk zur Verfügung stehenden 
Soldaten sollte nach übereinstimmenden Nachrichten 
noch etwa 1500 betragen; von Mr. Hardinge 
hatte ich außerdem noch erfahren, daß er sich im 
Besitz von 136 modernen Hinterladern befinden 
müsse, die er als Wali von Gazi von der englischen 
Regierung erhalten habe. Um sür alle Fälle ge- 
nügend vorbereitet zu sein, befahl ich von Tanga 
aus telegraphisch die Absendung von weiteren drei 
Kompagnien aus Dar-es-Saläm, beziehentlich Kilwa 
nach Moa auf bereit gehaltenen Schissen und 
ordnete die Entsendung eines Schutzdetachements von 
40 Soldaten nach Buiti, Nordost = Usambara, an, 
welches durch die Besetzung jenes markanten Punktes 
das etwaige Eindringen bewaffneter Schaaren in die 
Usambaraberge verhindern sollte. Gelegentlich einer 
erneuten Zusammenkunft, die ich mit Mr. Hardinge 
und dem englischen Truppenkommandanten hatte, 
  
erwog ich ferner die Möglichkeit eines etwaigen 
kooperativen Vorgehens und traf für diese Eventua- 
lität die Verabredung, daß ich Mbaruk nach Ablauf 
der gestellten Frist angreifen würde, wobei er dann 
entweder mir in die Hände fallen mußte, oder aber 
den Engländern, welche die Umbalinie durch ihre 
Truppen besetzt halten sollten. 
Bei meiner am 20. d. Mts. erfolgten Rückkehr 
nach Moa waren die vier Kompagnien, zusammen 
500 Mann, bereits versammelt. Ich erhielt daselbst 
die Meldung, daß Mbaruk mit Anhang sich schon 
nach Moa in Marsch gesetzt habe, weil er gewillt 
sei, sich allen meinen Forderungen bedingungslos zu 
unterwerfen. Am folgenden Tage morgens 8 Uhr 
war sein Eintreffen angekündigt. 
Ich ließ nunmehr die eigenen Truppen derart 
aufmarschiren, daß ein weiter Halbkreis gebildet 
wurde, in welchem die Leute Mbaruks, zusammen 
1100 Köpfe, darunter 600 Bewaffnete, Aufstellung 
nehmen konnten. Mbaruk hatte seine Soldaten so 
geordnet, daß er in vorderer Linie die mit Gewehren 
Bewaffneten, 400 an der Zahl, in zweiter Linie 
die mit Speeren, Bogen und Pfeilen ausgerüsteten 
Krieger, in jenem Halbkreise aufmarschiren ließ. 
Dahinter lagerten in regellosem Hanfen die Weiber 
und Kinder. Mbaruk selbst mit seinen Anführern 
erwartete mich vor der Front seiner Krieger. Die 
Entwaffnung der Letteren ging in der Weise vor 
sich, daß die Leute Mbaruks einzeln bei mir vorbei- 
defilirten und ihre Gewehre, Munition, Speere, 
Bogen und Pfeile niederlegten. Lautlos und in 
größter Ordnung und Schnelligkeit vollzog sich die 
Waffenstreckung, die ihren Eindruck auf die Gemüther 
keineswegs verfehlte. 
Am folgenden Tage kam noch ein weiterer Trupp 
von 300 Lenuten, die ebenfalls sofort entwaffnet 
wurden, nach Moa. Andere kleinere Abtheilungen 
hatten sich direkt nach Tanga gewandt, so daß jetzt 
wohl die Zahl der übergetretenen Anhänger Mbaruks 
auf 1600 zu bemessen ist. Zwei seiner Haupt- 
anführer, die auch noch im Besitz vieler Hinterlader 
sein sollen, haben sich nach Angabe Mbaruks wieder 
ins englische Gebiet zurückbegeben; es sind dies der 
Akida Bakari und M'hamed bin Hamis. 
Nach den letzten Nachrichten sollen noch etwa 
700 Mann von Anhängern Mbaruks versuchen, aus 
englischem in das deutsche Gebiet zu gelangen: 
dieselben werden indessen an dem Uebertritt von 
den Engländern verhindert, welche versuchen, der 
beiden vorgenannten Persönlichkeiten habhaft zu 
werden. 
Da die Ankunft weiterer Nachzügler in Moa 
jedoch sehr wahrscheinlich ist, habe ich vorläufig eine 
Kompagnie dortselbst belassen, welche jene Leute 
nach erfolgter Entwaffnung nach Tanga dirigiren 
soll. Mboruk selbst mit der Hauptmasse seiner 
Leute wurde bereits am 22. d. Mts. nach Tanga 
in Marsch gesetzt und auf letzterem von zwei Kom- 
pagnien dorthin begleitet.
	        
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