Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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und in Stephansort an der Astrolabeebene geboren, 
sowie eine kleine ganz zahme Ziege. Von der Mit- 
nahme einer größeren Anzahl lebender Ziegen mußte 
nach fehlgeschlagenem Versuch der Schwierigkeit 
des Treibens wegen Abstand genommen werden. 
Ehlers hatte keinerlei Instrumente zur geographi- 
schen Ortsbestimmung mitgenommen; außer seiner 
Uhr trug er, mit einem Riemen um die Hifte ge- 
schnallt, in einem Lederfutteral eine etwa 7 bis 8 cm 
im Durchmesser grosze Diopterbussole. 
Von einer Anzahl der an der Mündung des 
Franziskaflusses wohnenden Eingeborenen begleitet, 
brach die Expedition am Mittwoch den 14. August 
1895, nachmittags 2 Uhr, von der Küste auf und 
begann den Marsch in das Innere. Der Weg ging 
zuerst das Flußthal aufwärts, bald auf diesem Ufer, 
bald auf jenem Ufer entlang. Es gab noch einzelne 
Eingeborenenpfade und das flache Wasser des Flusses 
machte das häufig nothwendige Ueberschreiten desselben 
nicht unangenehm oder beschwerlich. So ging es 
immer allmählich ansteigend vorwärts. Nach 2½2 Tagen, 
am Sonnabend den 17. August, noch vor Tages- 
anbruch hatten die begleitenden Eingeborenen sich von 
der Expedition getrennt und waren nach der Küste 
zurückgekehrt. Ehlers hatte ihnen keinen Zettel 
mit irgend einer Notiz zur Besorgung mitgegeben, 
so daß der Dampfer „Mabel“, welcher am Sonntag 
den 18. August die Bayernbucht noch einmal ange- 
laufen hatte, nur aus den Erzählungen der eben 
heimgekehrten Eingeborenen erfahren konnte, daß die 
Expedition bis dahin einen erwünschten Verlauf ge- 
nommen hatte. 
Im Ganzen wurde dem Flußlauf des Franziska- 
flusses etwa fünf Tage, das ist bis zum 19. August, 
gefolgt und dann der Weg nach dem Kompaß durch 
den Busch eingeschlagen. Bald gelang es, einen Bach- 
lauf zu erreichen, dessen Richtung so günstig lag, 
daß sie verfolgt werden konnte. 
Gleich nach dem Verlassen des Franziskaflusses 
mußten hohe Gebirgsrücken überklettert werden, die 
noch von der See zu sehen sind und deren Höhe 
wohl auf 1000 m geschätzt werden kann. Alle diese 
Gebirgsrücken waren von starkem Hochwald bestanden, 
welchen dichtes Unterholz neben viel Gestein nur 
schwer und sehr mühsam passirbar machten. 
Am 23. August wurde ein großes Eingeborenen- 
dorf angetroffen und da die Leute sich sehr freundlich 
geberdeten, wurde beschlossen, drei Tage bei ihnen zu 
rasten. Tabak und Eisen war den Leuten ganz un- 
bekannt, nur Glasperlen erweckten ihre Begierde und 
sie verkauften dafür gern alle Nahrungsmittel, be- 
sonders auch lebende Schweine und Hunde; die 
Kokospalme ist gar nicht vorgefunden worden. Für 
rothe und blaue Farbe, die sonst gern an der Küste 
zum Schmuck der nackten Leiber verwendet wird, 
hatten sie gar kein Verständniß, ja sie sollen sich 
sogar davor gefürchtet haben. Der Schmuck der 
Einwohner des Dorfes bestand meist in Halsbändern 
  
  
aus Hundezähnen und stark gebogenen Eberhauern, 
also ganz ähnlich wie bei den Bewohnern der Küste. 
Leider hatte Ehlers auf dem Marsche 
durch den Busch, wo der Weg mittelst Messer erst 
geschlagen werden mußte, seine Diopterbussole ver- 
loren; sie ist ihm wohl beim Durchdringen des Busches 
von der Hifte fortgerissen worden, ohne daß er es 
bemerkt hatte. Für die Richtungsbestimmung war 
die Expedition jetzt nur auf einen kleinen Taschen- 
kompaß des Polizeiunteroffiziers Piering angewiesen. 
Solange der Weg durch den Busch gegangen 
war, gab der erste Anfang schon ein wenig verlocken- 
des Bild von den Strapazen, welche die Expedition 
auf dem weiteren Marsche zu erwarten hatte. 
Das große Dorf lag auf dem Rücken eines hohen 
Berges, und die der kalten Luft ungewohnten Träger 
der Expedition litten sehr von der oben herrschenden 
Kälte. Schon auf dem Wege bis zum Dorfe und 
nun auch im Dorfe selber hatte die Expedition viel 
von Regen und feuchtem Nebel zu leiden, die Sonne 
wurde nur sehr selten gesehen. 
In dem Dorfe starb der erste Mann, ein Neu- 
Mecklenburger; wie es scheint, hat der Mann Krämpfe 
gehabt, doch welche Ursache diese hatten, ist zu er- 
fahren nicht möglich gewesen. 4 
Nach drei Tagen, also am 26. August, verließ 
die Expedition das gastliche Dorf, noch die letzten 
Reste der eingehandelten Nahrungsmittel, so viel wie 
es möglich war, mit sich tragend. Es regnete un- 
aufhörlich und kein Eingeborener des Dorfes hatte 
seine Begleitung angeboten, doch hatte Ehlers 
sich eingehend bei ihnen erkundigt, ob er auf einem 
Wege, dessen Richtung er ihnen mit der Hand gab, 
noch mehr Dörfer antreffen würde. Die Antwort 
schien günstig zu lauten, doch hatten die Eingeborenen 
den Zusatz gemacht, es wäre aber sehr, sehr weit. 
Es ist zweifellos schwierig, von Leuten, deren Zeit- 
bestimmung auf so ganz ursprünglicher Grundlage 
ruht, die Entfernung bis zu einem nächsten Dorf zu 
erfahren, der Ausdruck „sehr, sehr weit“ ist immer 
ein dehnbarer Begriff. Ehlers glaubte aber, 
die Auskunft für sich günstig deuten zu sollen, und 
mit froher Zuversicht wurde der weitere Weg an- 
getreten. " 
Kein benutzbarer Pfad war von jetzt an vorhan- 
den, prächtiger Hochwald mit riesenhohen Stämmen 
und dichter Unterbusch bedeckte unabsehbar die Ge- 
birgshöhen wie die Thäler. 
Zunächst ging man nun, den Weg durch den 
verschlungenen dichten Unterbusch mittelst Messer sich 
bahnend, von dem Gebirgsrücken abwärts ins Thal, 
wo ein ziemlich bedeutender Fluß angetrossen wurde, 
dessen Gewässer nach Osten liefen und der durch 
Schwimmen passirt werden mußte. Der Weg war 
sehr beschwerlich, herumgestreute Steine und riesige 
Felsblöcke versperrten ihn häufig und machten ihn 
noch beschwerlicher, dazu kam noch sortwährender Regen 
und feuchter Nebel, so daß der Fortgang des Marsches 
ein sehr langsamer war; oft war ein Nachtlager auf
	        
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