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der Höhe eines Gebirgsrückens und am ganzen niichsten
Tage konnte nur das Thal erreicht werden, um das
nächste Nachtlager dort aufzuschlagen.
Die Träger, schutzlos dem strömenden Regen aus-
gesetzt, konnten nicht liegen und schlafen, sondern
hockten jeder an einer möglichst geschützten Stelle
nieder und versuchten in solcher Stellung wenigstens
zu ruhen.
Nach viertägigem Marsch wurde in einem Thale
wieder ein nach Osten fließender Fluß durch Schwimmen
passirt und nach weiteren drei Tagen war ein dritter
größerer, ebenso fließender Fluß zu überschreiten.
Schon gleich nach Abgang von dem oben er-
wähnten Dorfe trat die Plage der Blutegel ungemein
lästig auf. Die Schwarzen mit ihren nackten Leibern
waren ihnen schuplos überliefert, während die beiden
Europäer in der ersten Zeit etwas günstiger gestellt
waren, wenn auch die Kleidung ihnen keinen unbe-
dingten Schutz gegen diese Quälgeister gab. Die
liejen Bißwunden dieser Thierc bluteten nach Abreißen
derselben noch sehr lange nach und heilten, immer
wieder aufgerissen durch das Durchzwingen der Körper
durch den dichten Busch, fast gar nicht. Dazu kam
vielfach fast undurchdringliches Dickicht von Rottang,
dessen kleine Dornen die nackten Körper der Schwarzen
blutig kratzten und den Europäern die Kleidung förm-
lich vom Leibe rissen.
Der mächtige Hochwald mit seinen riesigen Stämmen
und himmelhohen Baumkronen war tief schweigend,
kein Vogel ließ seine Stimme hören, und auch der
niedere Busch beherbergte kein jagdbares Thier.
Obgleich Ehlers sowohl wie die Schwarzen
auf das Emsigste suchten, ob nicht irgend ein Vogel
oder ein anderes jagdbares Thier für die Jagdflinten
erreichbar war, um den mitgeführten Proviant zu
ergänzen, so war Alles vergebens, nur das feierlichste
Schweigen umgab sie bei Tag und bei Nacht, höch-
stens durch den auf die Blätter der Bäume klatschen-
den Regen in sehr trübseliger Weise unterbrochen.
Unter diesen Beschwerden waren nach Verlassen
des gastlichen Dorses etwa 24 Tage verflossen, da
trat das schreckliche Gespenst des Nahrungsmangels
an die Expedition heran. Immer noch waren die
Beschwerden des Weges dieselben und schienen kein
Ende zu nehmen und immer noch strömte der Regen
herab, nur zeitweise durch feuchte Nebel unterbrochen.
Ehlers sprach seinen Leuten Muth ein und
vertröstete sie darauf, daß nothwendigerweise in
wenigen Tagen ein großer Fluß erreicht werden
müsse und daß dort viele Dörfer liegen, in denen
man Essen genügend vorfinden werde. Ehlers
lebte sicherlich auch dieser Hoffnung, und diese Hoff-
nung hat ihn augenscheinlich noch wenige Tage vor
dem wirklichen Erreichen des erwarteten Flusses, der
die Expedition leider auch in der Hoffnung auf be-
wohnte Gegend tänschen sollte, nicht verlassen.
Mittlerweile war der Nahrungsmangel vollständig
geworden, der Hunger plagte die Leute sehr und
zusammen mit den äußerlichen Leiden, welche durch
die Bisse der Blutegel verursacht waren und noch
immer weiter verursacht wurden, zeigte die Expedition
bald ein sehr trauriges Bild körperlicher Schwäche
und moralischer Niedergeschlagenheit. Auch die Euro-
päer hatten nun noch kaum über Kleider zu verfügen,
der Nässe, den Dornen des Busches und den vielen
fast fortwährend zu überkletternden Felsen hatten sie
nicht Stand halten können. Immer noch thürmte
sich ein Waldgebirgszug nach dem anderen vor der
ermatteten Expedition auf, die kaum mehr den An-
strengungen gewachsen war.
Eine neue sehr böse Plage hatte sich nun all-
mählich eingestellt, die, verbunden mit Hunger, mangel-
hafter und schließlich schlechter Nahrung, das Unglück
der Expedition voll machte. In die durch die Blut-
egel gebissenen Wunden hatten Insekten Eier gelegt,
aus denen röthliche kleine Maden ausgekrochen waren;
die Wunden gingen in Eiterung über und aus ihnen
floß sehr bald ein übelriechender Eiter heraus, der
nicht nur physisch recht lästig war, sondern besonders
auch die moralische Kraft ungemein lähmte. So
waren die Körper nicht nur der Schwarzen, sondern
besonders auch der beiden Weißen bald vollkommen
durch diese eiterigen Geschwüre bedeckt und Alles litt
auch unter dieser schrecklichen Plage furchtbar.
Die einzige Nahrung, welche nur genossen werden
konnte, war Gras oder die Blätter der Bäumc des
Waldes. Wenn es Ehlers und Piering auch
in der ersten Zeit meist gelang, das Gras oder
die Baumblätter zu kochen, so konnten die Schwarzen
der großen Nässe wegen kein Feuer bekommen und
aßen Gras und Blätter roh.
Zwei Leute hatten Früchte gefunden und aßen sie
gierig vor Hunger, doch müssen diese Früchte giftig
gewesen sein, denn nach wenigen Stunden traten böse
Vergiftungserscheinungen ein und sie starben unter
großen Schmerzen.
Nach etwa fünf Tagen der nahrungslosen Zeit
wurde eines Morgens entdeckt, daß drei Leute —
Neu-Mecklenburger aus Potmilac — an der Ostküste
von Neu-Mecklenburg — desertirt waren unter Mit-
nahme eines kleinen Stahlkoffers. In demselben
hatte sich an Nahrungsmitteln nur ein wenig Mehl
und ein Stückchen Mehlkuchen befunden, sonst
waren Teller, Messer und Gabeln sein Inhalt.
Jedenfalls sind diese Leute im Busch irgendwo ge-
storben, da die Möglichkeit, sie könnten bewohnte
Gegenden erreicht haben, nahezu ausgeschlossen er-
scheinen muß.
Die Gras= und Blätternahrung hatte auf Alle
die Wirkung, daß sich ernste Darmleiden neben son-
stigen Erscheinungen des Verhungerlseins entwickelten.
„Die blutigen Erscheinungen der rothen Ruhr (Dys-
enterie) waren fast überall aufgetreten“ — einige
Schwarze starben auch sehr bald daran. Besonders
Ehlers schien sehr zu leiden und seine Kräfte
nahmen sichtbar ab.
Nach acht Tagen der nahrungslosen Zeit war die
allgemeine Schwäche so groß geworden, daß das