Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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von der Küste herrscht dichter Busch vor, jedoch 
vielsach unterbrochen durch reizvolle Parklandschaften 
und durch das von Westen nach Osten sich hindurch- 
ziehende werthvolle Oelpalmengebiet. Von Kewega 
bis Klonu und späterhin jenseits des Agomegebirges 
in der Voltaniederung tritt an die Stelle des 
Busches die trostlose Savanne, mit ihrem hohen, 
jede Fernsicht verhindernden, schilfartigen Grase und 
den inselartig in derselben auftretenden Baumgruppen, 
welche letzteren sich an den Rändern der Bachläufe 
zu dichten Galeriewäldern entwickeln und durch den 
kühlenden Schatten, den sic spenden, dem erschlafften 
Wanderer ein willkommenes Nastplätzchen gewähren. 
Das Gebiet zwischen Klonn und Agome-Palimc, die 
Berglehnen des Agomegebirges, sowie die zahlreichen 
tief eingeschnittenen Thäler des letzteren sind mit 
üppigem Hochwald bestanden, welchem die unermeß- 
lich hohen Bäume von tadellosem geraden Wuchse, 
das undurchdringliche großblätterige Laub, die kühn 
von Ast zu Ast sich schwingenden Lianen und end- 
lich die noch in größerer Menge auftretende Oel- 
palme das typische Gepräge eines tropischen Urwaldes 
verleihen. 
Die zahlreichen am Wege gelegenen gut be- 
arbeiteten Farmen ließen nicht nur erkennen, daß 
die Eingeborenen ein beachtenswerthes Geschick für 
die Bebauung des Bodens besitzen, sondern daß 
auch die Fruchtbarkeit des lehteren eine sehr beträcht- 
liche sein muß, und daher eine Ackerwirthschaft in 
größerem Maßstabe reichlich lohnen würde. In der 
Küstenregion beschränkt sich der Anban fast nur auf 
Mais, Kassada und Yams, während weiter im 
Innern noch Reis, Erdnüsse und Guineakorn hinzu- 
treten. Der von den Eingeborenen mit gutem Er- 
solg betriebene Ackerbau bewegt sich leider nur in 
sehr bescheidenen Grenzen, während ungemessene 
Landstriche im Naturzustande brach daliegen und 
ihrer Urbarmachung harren. Die Arbeitsamkeit ge- 
hört nun einmal nicht zu den starken Seiten des 
Negers; er verwendet daher auf die Bebauung des 
Bodens nicht mehr Fleiß und Sorgfalt, als die 
Beschaffung des eigenen Lebensunterhaltes gerade 
erfordert. In Bezug auf die Abwechselung in der 
Ernährung sind seine Bedürfnisse außerordentlich 
geringe, in Bezug auf die Menge dagegen um so 
größer. Der Eingeborene ist im Stande, den ganzen 
Tag mit Essen zu verbringen, und da die von ihm 
mit Vorliebe gezogenen Bodenprodukte einen hohen 
Nährwerth besitzen, so macht die Bevölkerung durch- 
weg einen recht wohlgenährten Eindruck. Hunger- 
gestalten. wie man sie in Südwestafrika so häufig 
antrifft, sind mir hier niemals zu Gesicht gekommen. 
Da dem Neger ferner der Begriff „Zeit“ un- 
betannt ist, so geht die Kultivirung des Bodens nur 
in langsamstem Tempo vorwärts. Es ist ihm dabei 
völlig gleichgültig, wieviel Monate, ja zuweilen 
Jahre er braucht, bis er ein Stück Land aus- 
gerodet und in aubaufähigen Zustand gebracht hat. 
Bemerkenswerth ist jedoch, daß der Eingeborene 
  
andererseits die Mühe nicht scheut, einen Theil des 
dichtesten Urwaldes urbar zu machen, da er wohl 
weiß, daß der humusreiche Waldboden bedeutend 
ertragfähiger ist als derjenige der Savannc. 
An diesen den Negern angeborenen Eigenschaften 
werden die Versuche, dieselben zum Massenanbau von 
Kolonialprodukten des Weltmarktes, wie Kaffec, 
Tabak, Kakao, Kokos, Baumwolle 2c., zu bewegen, 
sicherlich noch auf Generationen hinaus heftigen 
Widerstand finden. In der Nähe der Küste freilich 
macht sich die Berührung mit den Weißen und die 
Wirkung der von diesen ausgehenden Unternehmungs- 
lust in den von wohlhabenderen Eingeborenen an- 
gelegten umfangreichen Kaffee= und Kokosnußplan- 
tagen bereits deutlich bemerkbar. Wenige Stunden 
von der Küste entfernt verschwinden jedoch diese 
erfreulichen Spuren eines erweiterten Blickes, die 
Bewohner leben nur noch von der Hand in den 
Mund, ohne Sorge für den folgenden Tag oder die 
fernere Zukunft. Ich habe mich über diesen Punkt 
öfter mit anscheinend verständigeren Eingeborenen 
unterhalten, war aber überrascht, mit welcher Ueber- 
einstimmung mir stets die gleichen Entschuldigungs- 
gründe entgegengehalten wurden. Ihre Eltern hätten 
für sie nicht gesorgt, erklärten sie rundweg, und ihre 
Kinder müßten daher ebenfalls zusehen, wie sie sich 
durchs Leben schlügen. Die Mutter Erde lohnt 
eben hier die auf ihre Bearbeitung verwandte kaum 
nennenswerthe Mühe so reichlich, daß der Bewohner 
zeitlebens jeder Noth überhoben ist. 
Nur in dem im Bezirke Misahöhe gelegenen 
Dorfe Kuma scheint sich ein frischerer Geist Bahn 
gebrochen zu haben, wie die dortselbst von den Ein- 
geborenen angelegten Kaffeeplantagen erkennen lassen. 
Obwohl den Bewohnern von Kuma bisher jede 
Anleitung für solche Kulturen fehlte, soll der dort 
gewonnene Kaffee doch von recht schmackhafter, jeden- 
falls von export= und marktfähiger Onalität sein. 
Leider waren die Kumaleute infolge des geringen 
Preises, der ihnen von den Faktoreien geboten wurde, 
bereits sehr entmuthigt, sich dem Kaffeebau noch 
ferner zu widmen. Hoffentlich gelingt es trotdessen, 
das Interesse der Bevölkerung für nutbringende 
Kulturen zu wecken. Ich verspreche mir in dieser 
Richtung von der Mission des Wanderlehrers 
Weeckel, welcher sich gegenwärtig im Innern auf- 
hält, einen günstigen Erfolg. 
Die geringe Mühe, welche die Beschaffung des 
nothwendigen Lebensunterhaltes verursacht, die über- 
aus reichlichen Erträgnisse des Bodens, verbunden 
mit der Anspruchslosigkeit des Negers, sind zwar 
die Ursache, welche den Hang zum Nichtsthun 
wesentlich begünstigt; sie haben aber andererseits, 
für den Reisenden wenigstens, die nicht zu unter- 
schätzende Annehmlichkeit zur Folge, daß die Bettelei 
gänzlich unbekannt ist. 
In allen Dörfern, welche unsere Expedition be- 
rührte, war unmittelbar am Wege die deutsche Flagge 
gehißt, die, lustig im Winde flatternd, uns oft schon
	        
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