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von der Küste herrscht dichter Busch vor, jedoch
vielsach unterbrochen durch reizvolle Parklandschaften
und durch das von Westen nach Osten sich hindurch-
ziehende werthvolle Oelpalmengebiet. Von Kewega
bis Klonu und späterhin jenseits des Agomegebirges
in der Voltaniederung tritt an die Stelle des
Busches die trostlose Savanne, mit ihrem hohen,
jede Fernsicht verhindernden, schilfartigen Grase und
den inselartig in derselben auftretenden Baumgruppen,
welche letzteren sich an den Rändern der Bachläufe
zu dichten Galeriewäldern entwickeln und durch den
kühlenden Schatten, den sic spenden, dem erschlafften
Wanderer ein willkommenes Nastplätzchen gewähren.
Das Gebiet zwischen Klonn und Agome-Palimc, die
Berglehnen des Agomegebirges, sowie die zahlreichen
tief eingeschnittenen Thäler des letzteren sind mit
üppigem Hochwald bestanden, welchem die unermeß-
lich hohen Bäume von tadellosem geraden Wuchse,
das undurchdringliche großblätterige Laub, die kühn
von Ast zu Ast sich schwingenden Lianen und end-
lich die noch in größerer Menge auftretende Oel-
palme das typische Gepräge eines tropischen Urwaldes
verleihen.
Die zahlreichen am Wege gelegenen gut be-
arbeiteten Farmen ließen nicht nur erkennen, daß
die Eingeborenen ein beachtenswerthes Geschick für
die Bebauung des Bodens besitzen, sondern daß
auch die Fruchtbarkeit des lehteren eine sehr beträcht-
liche sein muß, und daher eine Ackerwirthschaft in
größerem Maßstabe reichlich lohnen würde. In der
Küstenregion beschränkt sich der Anban fast nur auf
Mais, Kassada und Yams, während weiter im
Innern noch Reis, Erdnüsse und Guineakorn hinzu-
treten. Der von den Eingeborenen mit gutem Er-
solg betriebene Ackerbau bewegt sich leider nur in
sehr bescheidenen Grenzen, während ungemessene
Landstriche im Naturzustande brach daliegen und
ihrer Urbarmachung harren. Die Arbeitsamkeit ge-
hört nun einmal nicht zu den starken Seiten des
Negers; er verwendet daher auf die Bebauung des
Bodens nicht mehr Fleiß und Sorgfalt, als die
Beschaffung des eigenen Lebensunterhaltes gerade
erfordert. In Bezug auf die Abwechselung in der
Ernährung sind seine Bedürfnisse außerordentlich
geringe, in Bezug auf die Menge dagegen um so
größer. Der Eingeborene ist im Stande, den ganzen
Tag mit Essen zu verbringen, und da die von ihm
mit Vorliebe gezogenen Bodenprodukte einen hohen
Nährwerth besitzen, so macht die Bevölkerung durch-
weg einen recht wohlgenährten Eindruck. Hunger-
gestalten. wie man sie in Südwestafrika so häufig
antrifft, sind mir hier niemals zu Gesicht gekommen.
Da dem Neger ferner der Begriff „Zeit“ un-
betannt ist, so geht die Kultivirung des Bodens nur
in langsamstem Tempo vorwärts. Es ist ihm dabei
völlig gleichgültig, wieviel Monate, ja zuweilen
Jahre er braucht, bis er ein Stück Land aus-
gerodet und in aubaufähigen Zustand gebracht hat.
Bemerkenswerth ist jedoch, daß der Eingeborene
andererseits die Mühe nicht scheut, einen Theil des
dichtesten Urwaldes urbar zu machen, da er wohl
weiß, daß der humusreiche Waldboden bedeutend
ertragfähiger ist als derjenige der Savannc.
An diesen den Negern angeborenen Eigenschaften
werden die Versuche, dieselben zum Massenanbau von
Kolonialprodukten des Weltmarktes, wie Kaffec,
Tabak, Kakao, Kokos, Baumwolle 2c., zu bewegen,
sicherlich noch auf Generationen hinaus heftigen
Widerstand finden. In der Nähe der Küste freilich
macht sich die Berührung mit den Weißen und die
Wirkung der von diesen ausgehenden Unternehmungs-
lust in den von wohlhabenderen Eingeborenen an-
gelegten umfangreichen Kaffee= und Kokosnußplan-
tagen bereits deutlich bemerkbar. Wenige Stunden
von der Küste entfernt verschwinden jedoch diese
erfreulichen Spuren eines erweiterten Blickes, die
Bewohner leben nur noch von der Hand in den
Mund, ohne Sorge für den folgenden Tag oder die
fernere Zukunft. Ich habe mich über diesen Punkt
öfter mit anscheinend verständigeren Eingeborenen
unterhalten, war aber überrascht, mit welcher Ueber-
einstimmung mir stets die gleichen Entschuldigungs-
gründe entgegengehalten wurden. Ihre Eltern hätten
für sie nicht gesorgt, erklärten sie rundweg, und ihre
Kinder müßten daher ebenfalls zusehen, wie sie sich
durchs Leben schlügen. Die Mutter Erde lohnt
eben hier die auf ihre Bearbeitung verwandte kaum
nennenswerthe Mühe so reichlich, daß der Bewohner
zeitlebens jeder Noth überhoben ist.
Nur in dem im Bezirke Misahöhe gelegenen
Dorfe Kuma scheint sich ein frischerer Geist Bahn
gebrochen zu haben, wie die dortselbst von den Ein-
geborenen angelegten Kaffeeplantagen erkennen lassen.
Obwohl den Bewohnern von Kuma bisher jede
Anleitung für solche Kulturen fehlte, soll der dort
gewonnene Kaffee doch von recht schmackhafter, jeden-
falls von export= und marktfähiger Onalität sein.
Leider waren die Kumaleute infolge des geringen
Preises, der ihnen von den Faktoreien geboten wurde,
bereits sehr entmuthigt, sich dem Kaffeebau noch
ferner zu widmen. Hoffentlich gelingt es trotdessen,
das Interesse der Bevölkerung für nutbringende
Kulturen zu wecken. Ich verspreche mir in dieser
Richtung von der Mission des Wanderlehrers
Weeckel, welcher sich gegenwärtig im Innern auf-
hält, einen günstigen Erfolg.
Die geringe Mühe, welche die Beschaffung des
nothwendigen Lebensunterhaltes verursacht, die über-
aus reichlichen Erträgnisse des Bodens, verbunden
mit der Anspruchslosigkeit des Negers, sind zwar
die Ursache, welche den Hang zum Nichtsthun
wesentlich begünstigt; sie haben aber andererseits,
für den Reisenden wenigstens, die nicht zu unter-
schätzende Annehmlichkeit zur Folge, daß die Bettelei
gänzlich unbekannt ist.
In allen Dörfern, welche unsere Expedition be-
rührte, war unmittelbar am Wege die deutsche Flagge
gehißt, die, lustig im Winde flatternd, uns oft schon