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gewinnen würde Indeß gelang dessen Lokalisirung und
war damit die größte Gefahr beseitigt. Ein wesent-
liches Verdieust hierfür gebührt der unerschütterlichen
Freundschaft des Oberhäuptlings Samuel in Verbin-
dung mit der ebenso unerschütterlichen Bertragstreue
Witboois. Samuels persönliche Macht ist ja nicht
große aber auch bei den Schwarzen ist das Gewicht
der Legitimität nicht zu unterschätzen. Sehr zu statten
ist uns auch die Gerechtigkeit unserer Sache gekommen.
Dem frivolen Friedensbruch von Seiten unserer
Gegner stand die immer wieder bewiesene und von
keinem Eingeborenen mehr bezweifelte Friedensliebe
auf unserer Seite gegenüber.
Was die verbündeten Hereros uns genutzt haben,
kann nicht hoch genug angeschlagen werden. Das für
uns in dem weiten Lande Schwierigste, nämlich Auf-
finden des Feindes, der Weide= und Wasserstellen, ging
mit ihrer Hülfe und vermöge ihrer Ortskunde glatt
und ohne jede Störung von statten. Niemals haben
wir trotz unseres bedeutenden Viehbestandes auch nur
im geringsten an Wassermangel gelitten. Was das
heißen will, kann nur der Kenner richtig würdigen.
Unsere übrigen Bundesgenossen habe ich mir bereits
in meinem letzten Bericht zu charakterisiren gestattet
und dem nichts mehr hinzuzufügen. Ueberhaupt hat
sich die diesmalige Zusammensetzung der Feldtruppe
— Weiße nur als Kern, die Masse Eingeborene —
als die für hiesige Verhältnisse in der That zweck-
mäßigste erwiesen. Ich ziehe eine solche Truppe dem
bestausgebildeten heimathlichen Jäger-Bataillon vor.
Nicht stolze Heeresmassen verbürgen den Sieg, son-
dern die Geeignetheit der betreffenden Truppe für
die gegebenen Verhältnisse. Die Kriegs= wie auch
die Kolonialgeschichte giebt hierfür deutliche Lehren.
Fern muß uns daher jede Politik bleiben, welche uns
die Eingeborenen entfremdet und daher in schwierigen
Lagen lediglich auf uns selbst anweist. Dank einem
gut funktionirenden Requisitionssystem und der Be-
mühung der Kaiserlichen Intendantur hatten wir
auch nie Proviantmangel und bringen sogar noch
einen reichlichen Vorrath nach Hause.
Aus diesem Zusammenwirken von Weißen und
Eingeborenen ergiebt sich als Hauptvortheil des ver-
flossenen Krieges und als eine gute Grundlage für
die Zukunft, daß das Schutzgebiet sich aus eigenen
Kräften hat helfen können, was das ganze Ziel
meines bisherigen Strebens gewesen ist. Unter den
500 Reitern, aus welchen, wie bereits gemeldet, die
Truppe schließlich bestanden hat, befanden sich noch
nicht 100 Angehörige der Schutztruppc selbst. Der
Rest war aus wiedereingezogenen Reservisten, Kriegs-
freiwilligen und Eingeborenen zusammengesetzt. Ganz
besonders muß ich auch die zur Rückkehr nach Deutsch-
land angemeldeten Reservisten loben. Sie machten
angesichts des heimathlichen Schiffes ohne jede
Schwierigkecit Kehrt und meldeten sich in weitaus
überwiegender Mehrzahl zur Feldtruppe selbst. Doch
lonnte nur ein kleiner Theil noch den Kriegsschauplatz
selbst erreichen. Von diesen Letzteren ist einer
(Graeber) bei Otjunda gefallen. Auch die weiße
Bevölkerung Windhoeks hat dem Kriege eine Theil-
nahme entgegengebracht, wie ich sie hier noch nicht
erlebt habe. Des freiwilligen Vertheidigungskorps
habe ich bereits gedacht. Daneben wurde auch das
von 1870 her in rühmlichem Andenken stehende
nützliche Institut der Liebesgaben für die im Felde
stchenden Krieger eingeführt, was bei Letzteren sicht-
lichen Beifall gefunden hat. ·
Nach Erledigung des Kriegsgerichts werde ich
mit, der gesammten Truppe nach Windhoek zurück-
marschiren, dort die Feldtruppe neu organisiren lassen
und dann den größten Theil der Letzteren unter
Major Mueller wieder nach dem Osten entsenden,
um die den Besiegten auferlegte Kriegsentschädigung
einzutreiben. Ueber die Verwendung der Letzteren
werde ich noch besonderen Bericht erstatten. Jeden-
falls wird dieser Krieg einer Zahl von Ansiedlern
die erste Grundlage für den künftigen Viehbestand
gewähren, die Hereros dagegen von ihrem über-
mäßigen Viehreichthum sachgemäß ctwas entlasten.
Nach anderweitigen neueren Nachrichten sind
Nikodemus und Kahimema vom Kriegsgericht zum
Todec verurtheilt und erschossen worden.
Ueber die Theilnahme der J. und 2. Rompagnie am
Gefecht bei Sturmfeld vom b. Mai 1890
berichtet Hauptmann v. Estorff?) Folgendes:
Um etwa 6 Uhr morgens bekam ich vom Herrn
Major Leutwein den Befehl: „Gehen Sie mit der
1. und 2. Kompagnie und einem Geschütz gegen die
am weitesten rechts (nordöstlich) gelegene Werft vor.
Rechts neben Ihnen wird der Lientenant v. Burgs-
dorff umfassend vorgehen. Ich selbst werde die
weiter links gelegene Werft mit der 3. Kompagnie,
zwei Geschützen und den Hereros angreifen.“
Gefechtsstärke:
Stab: 1 Offizier, 2 Reiter,
1. Komp.: 2 Offiziere, 13 Unteroffiziere, 32 Reiter,
2.= 1 Offizier, 13 - 37.—
Geschütz: — — 1 Unteroffizier. 34
Zur 1. Kompagnie 3 Bastards, 3 Namareiter,
2. - 8 Namareiter.
Das Gelände war unübersichtlich, lichter Busch
wechselte ab mit dichtem Buschwald.
Da die Lage der Werften im ersten Morgen-
grauen nicht zu erkennen war, ging ich rechts neben
der vom Major Leutwein geführten Abtheilung in
gleicher Höhe vor. Bald ertönten Gewehrschüsse vom
linken Flügel her, gleichzeitig sah ich eine Abtheilung
*) Vergl. D. Kolonialblatt 1896 Nr. 14, Beilage S. 3.