Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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8 13. 
Fallen dem Angeschuldigten nach dem Ergebniß der Ermittelungen mehrere strafbare Handlungen 
zur Last und erscheint für die Strafzumessung die Feststellung des einen oder anderen Straffalles unwesentlich, 
so ist die Untersuchung nur wegen der schweren Straffälle einzuleiten. 
Die nachträgliche Verfolgung der leichteren Straffälle ist nur innerhalb zweier Monate nach 
Rechtskraft des Erkenntnisses zulässig. 
§5 14. 
Wird unter Betheiligung von Personen verhandelt, welche der deutschen Sprache nicht mächtig 
sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Die Führung eines Nebenprotokolls in der fremden Sprache findet 
nicht statt; jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit dies mit 
Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache erforderlich erscheint, auch in der fremden Sprache in das Protokoll 
oder in einer Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu geeigneten Fällen soll dem Protokoll eine 
durch den Dolmetscher zu beglaubigende Uebersetzung beigefügt werden. Die Zuziehung eines Dolmetschers 
kann unterbleiben, wenn die betheiligten Personen sämmtlich der fremden Sprache mächtig sind. 
8 15. 
Dem Angeschuldigten steht in jedem Falle das Recht zu, sich zu vertheidigen oder durch eine 
andere Militärperson vertheidigen zu lassen. Ist die Handlung mit dem Tode oder lebenslänglicher 
Freiheitsstrafe bedroht, so muß ein Vertheidiger zugezogen werden. Die Vertheidigung darf nur zum 
gerichtlichen Protokoll oder mündlich vor dem Spruchgericht erfolgen. 
8 16. 
Bietet die Führung der Untersuchung voraussichtlich keine Schwierigkeiten, und sind sowohl der 
Angeschuldigte als auch die Beweismittel und gegebenenfalls der Vertheidiger zur Hand, so kann der 
Gerichtsherr mit der Einleitung der förmlichen Untersuchung die Anordnung des Spruchgerichts verbinden. 
§ 17. 
In den Fällen des § 16 findet mündliche Verhandlung vor dem Spruchgericht statt. Der 
Angeschuldigte wird zunächst durch den Anditeur oder untersuchungsführenden Offizier vernommen, und 
sofern dies nicht schon geschehen ist, über seine Vertheidigungsbefugnisse belehrt. Darauf folgen: die 
Beweiserhebung, der Vortrag des Auditeurs oder untersuchungsführenden Offiziers und die Vertheidigung. 
Dem Angeschuldigten gebührt das letzte Wort. Die Aburtheilung schließt sich unmittelbar an. Sie erfolgt 
in Abwesenheit des Angeschuldigten und des Vertheidigers. Als Protokollführer wird eine durch Hand- 
schlag an Eidesstatt zu verpflichtende Militärperson zugezogen. Ueber die Verhandlung ist ein Protokoll 
aufzunehmen, welches von dem Vorsitzenden, von dem die Verhandlung führenden Auditeur oder Offizier 
und von dem Protokollführer zu unterschreiben ist. Dasselbe muß enthalten: 
den Ort und den Tag der Verhandlung; 
. die Namen der Mitglieder des Gerichts, des Auditeurs oder untersuchungsführenden Offiziers, 
des Protokollführers und des etwa zugezogenen Dolmetschers, sowie den Vermerk der 
Beeidigungen; 
die Namen der Angeschuldigten und ihrer Vertheidiger; 
.0 die Namen der vernommenen Zeugen und Sachverständigen und den Vermerk über die statt- 
gehabten Beeidigungen. 
Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Spruchsitzung im Wesentlichen wiedergeben 
und die Beobachtung aller wesentlichen Förmlichkeilen ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen 
Schriftstücke, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen unter 
Angabe der Abstimmung der einzelnen Richterklassen und die Urtheilsformel enthalten. Von dem Inhalt 
der Erklärungen des Auditeurs oder untersuchungsführenden Offiziers, des Angeschuldigten und des Ver- 
theidigers, der Zeugen und der Sachverständigen wird nur das Wesentliche in das Protokoll auf- 
genommen. Insoweit diese Personen bereits im Ermittelungsverfahren vernommen waren, ist in dem 
Protokoll nur zu vermerken, ob und inwiefern ihre Erklärungen etva von den früheren Aussagen in 
erheblichem Punkte abweichen. 
Kommt es auf die Feststellung eines Vorganges in der Spruchsitzung oder des Wortlautes einer 
Aussage oder einer Aeußerung an, so hat der Präses die vollständige Niederschreibung und Verlesung 
anzuordnen. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung 
erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben sind. Im Uebrigen bedarf es der Verlesung des Protokolls 
nicht= Hat ausnahmsweise schon vor der Spruchsitzung die eidliche Vernehmung von Zeugen stattgefunden, 
so kann, wenn die Lage der Sache dies gestattet, von der nochmaligen Vernehmung abgesehen werden. 
In diesem Falle genügt die Verlesung des früher aufgenommenen Protokolls. 
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