— 521 —
Ein Beamter, welcher nicht mehr zum Tropendienst fähig ist, geht der im Dienst des Schutz-
gebietes erworbenen Pensions= und Reliktenansprüche verlustig, sofern er die Uebernahme einer Stelle im
Reichs-, Staats= oder Kommunaldienst ablehnt, deren Diensteinkommen das im Schutggebiet zuständige
persönliche pensionsberechtigende Gehalt erreicht oder übersteigt. Das Gleiche gilt, sofern er das Anerbieten,
ihn unter Wahrung seines früheren Ranges und Dienstalters in den Reichs-, Staats= oder Kommunaldienst
wieder aufzunehmen, ablehnt.
Artikel 7.
Der Reichskanzler bestimmt, inwieweit einem in den Ruhestand oder in den einstweiligen Ruhe-
stand versetzten Beamten die Kosten des Umzugs nach dem innerhalb des Reichs von demselben gewählten
Wohnorte zu gewähren sind.
Artikel 8.
Die §§ 80 bis 83 des Gesetzes vom 31. März 1873 finden auf die Beamten mit folgenden
Maßgaben Anwendung: „ *#
1. Die Befugniß in Gemäßheit des § 81 Nr. 1 a. a. O., Geldstrafen bis zum höchsten zulässigen
Betrage zu verhängen, steht auch den Gouverneuren und Landeshauptleuten gegenüber den ihnen unter-
stellten Beamten zu. .
2. Den Bezirksamtmännern sowie in Ostafrika dem Chef der Finanzverwaltung und dem Zoll-
direktor steht die Befugniß zu, Geldstrafen bis zum Betrage von 30 Mark gegen die ihnen unterstellten
Beamten zu verhängen. 4 4
3. Gegen richterliche Beamte können Ordnungsstrafen nur vom Reichskanzler verhängt werden.
Artikel 9.
Die in 8 85 Absatz 2 des Gesetzes vom 31. März 1873 bezeichneten vorläufigen Maßregeln
können von den im vorhergehenden Artikel unter Nr. 1 und 2 genannten Beamten getroffen werden.
Die §§ 86 bis 93 und 120 bis 123 desselben Gesetzes bleiben außer Anwendung *r*!„-
Die entscheidenden Disziplinarbehörden, welche je nach Bedürfniß zusammentreten, sind in erster
Instanz die Disziplinarkammer für die Schutzgebiete, in zweiter Instanz der Disziplinarhof für die Schutz=
gebiete, beide mit dem Sitz in Berlin. ,·. . «
Die Disziplinarkammer entscheidet in der Besetzung von fünf, der Disziplinarhof in der Besetzung
von sieben Mitgliedern. Bei ersterer müssen der Vorsitzende und wenigstens zwei Beisitzer, bei letzterem
der Vorsitzende und wenigstens drei Beisitzer in richterlicher Stellung in einem Bundesstaate sein.
Die Mitglieder der Disziplinarkammer und des Disziplinarhofes werden für die Dauer der zur
Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten Reichs= oder Staatsämter vom Kaiser ernannt, sie werden für
die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes verpflichtet. In gleicher Weise werden für die Disziplinar-
kammer zwei und für den Disziplinarhof vier stellveriretende Mitglieder ernannt.
Die Geschäftsordnung bei den Disziplinarbehörden wird durch ein Regulativ bestimmt, welches
der Disziplinarhof zu entwerfen und dem Reichskanzler zur Bestätigung einzureichen hat.
Artikel 10.
Die im § 127, § 128 Absatz 2, § 131 des Gesetzes vom 31. März 1873 der obersten Reichs-
behörde übertragenen Befugnisse werden gegenüber den Beamten, welche eine Kaiserliche Bestallung erhalten
haben, vom Reichskanzler, gegenüber den Beczirksrichtern in Ostafrika vom Oberrichter, gegenüber den
übrigen Beamten vom Gouverneur oder Landeshauptmann ausgeübt. Gegen die Entscheidung des Gou-
verneurs, Landeshauptmanns oder Oberrichters findet Beschwerde an den Reichskanzler statt. Die Beschwerde
hat keine ausschiebende Wirkung.
Artikel 11.
Diejenigen Beamten, welche eine Katserliche Bestallung erhalten haben, können durch Kaiserliche
Verfügung, die übrigen Beamten, welche eine in den Besoldungs-Etats aufgeführte Stelle bekleiden, durch
Verfügung des Reichskanzlers jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes in den einstweiligen
Ruhestand versetzt werden. % ·
Im Falle des § 37 Satz 2 des Gesetzes vom 31. März 1873 kann eine Pension auch auf
bestimmte Zeit bewilligt werden.
Artikel 12.
Die Verordnungen vom 3. August 1888, betreffend die Rechtsverhältnisse der Landesbeamten in
den Schutzgebieten von Kamerun und Togo, und vom 22. April 1894, betreffend die Rechtsverhältnisse
der Landesbeamten in Deutsch-Ostafrika, treten außer Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Wilhelmshöhe, den 9. August 1896.
(L. S.) Wilhelm I. HK.
Fürst zu Hohenlohe.