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tragen, während die Frauen auf der Stirn sowie auf
beiden Backenknochen je drei dunkel mit Indigo ge-
färbte senkrechte Einschnitte als Erkennungszeichen
führen. Dieselben werden von der Mutter bei den
kleinen Mädchen mit einem Messer eingeschnitten und
dann dunkel gefärbt. Knaben erhalten nur dann ein
besonderes Schutzzeichen und zwar einen Querschnitt
auf der rechten Backenseite, wenn dieselben die einzigen
Knaben in der Familic oder durch den vorhergehen-
den Tod ihrer Brüder allein zurückgeblieben sind.
Der Vater macht bei dem betreffenden Knaben diesen
Einschnitt im Aberglauben, daß er ihn vor einem
nahe bevorstehenden Tode oder vor sonstigem Un-
glück schützt.
Die Hausindustrie wird, je näher man an die
Küste kommt, von den Eingeborenen desto weniger be-
trieben, da sie von europäischen Waaren vollkommen
verdrängt wird und ihren eigentlichen Werth dadurch
verloren hat. Weiter im Innern dagegen wird von
Gewerben, wenn ich so sagen darf, hauptsächlich das
der Weberei betrieben. Schon in dem früher er-
wähnten Klonu wic auch weiterhin sah ich mehrere
Webstühle, die alle sehr einfach gebaut waren. Das
Gerüst besteht aus rohen Stangen, in dem der be-
treffende Weber auf einem Eingeborenenschemel sitzt;
die Hochkämme werden durch einen Faden mit dem
Fuße bewegt, während der Kreuzfaden in einem
Schisschen mit der Hand durchgezogen wird. Die
einzelnen Streifen werden nicht breiter als drei bis
vier Zoll gewebt. Die größeren Tücher entstehen
dann durch Zusammennähen der einzelnen Streifen.
Ferner sah ich viele Spulen, worauf meistens Frauen
aus der geernteten Baumwolle Fäden spannen.
Die Korbflechterei wird ebenfalls viel betrieben.
Die Eingeborenen flechten aus dem hohen Schilfgras
hauptsächlich Matten zum Schlafen sowie Körbe zum
Aufbewahren ihres Mehles.
Was die Schnitzerei anbetrifft, so zeugen die
aus einem Stück geschnittenen Stühle oft von einer
großen Gewandtheit. Ferner werden aus den ange-
pflanzten Kürbissen, die dann schon bei der Zucht
durch Umbinden von Bast in die gewünschten Formen
NRaum zwischen Dach und Wand entsleht. Das Dach
gebracht werden, Flaschen oder Schalen hergestellt.
Sie werden getrocknet zu den verschiedensten Zwecken
im Haushalt gebraucht. In den thonreichen Gegenden,
wie in dem nördlicher gelegenen, jetzt zerstörten
Tove, war die Töpferei von ganz besonderer Be-
deutung. Oefter fanden dort große Märkte statt, zu
welchen die Eingeborenen von weither kamen, um
ihren Bedarf an Töpfen zur Aufbewahrung von
Wasser oder Palmwein, von kleinen Eßschüsseln
sowie Oellampen zu decken.
Das Schmiedehandwerk scheint eines der aus-
gedehntesten neben dem der Weberei in Afrika zu
sein. Wie ich Gelegenheit hatte, auf meinem Marsche
in Klonn und Jo kennen zu lernen, bestand die
Schmiede meistens aus einer Feuerstätte, die aus
einem Thonofen hergestellt war, welche entweder durch
einen europäischen Blasebalg oder auch durch einen
eingeborenen in Brand gehalten wurde. Der ein-
geborene Blasebalg bestand aus zwei senkrecht stehen-
den Holzeylindern, die durch zwei primitive Pumpen
die Luft der Feuerstätte zuführten. Sie wurden
durch einen schwarzen Schmiedegesellen in Bewegung
gesetzt. Meistens waren in den Schmieden ein euro-
päischer Amboß sowie ein Schraubstock des gleichen
Ursprungs vorhanden. «
Die ganze Schmiede war durch ein verräuchertes
Schattendach gegen die Strahlen der Sonne geschützt,
welches auf rohen Pfählen und Querballen errichtet
und mit dem langen Schilfgras versehen war. Im
Uebrigen waren die Seiten offen, um einen Luftzug
bei der hohen Temperatur zu ermöglichen. Unter
den Schlägen des Hammers wurden meistens Messer
sowie kleine Schwerter und Hacken zur Bearbeitung
des Landes erzeugt; jetzt liegt natürlich auch die
Instandsetzung der Steinschloßflinten dem Schmiede-
handwerk ob.
Der Bau der Hütten ist im Allgemeinen zwar
ein sehr einfacher, hält aber doch gut gegen die Un-
bilden der Witterung Stand. Die Form derselben
ist bei den Evheleuten ausschließlich viereckig; die
meisten sind durchschnittlich 3 m breit und 5 bis 6 m
lang und mit einem Giebeldach versehen. Gewöhnlich
hat die Hütte einen Eingang, der zugleich auch das
Licht mit hereinläßt, da Fenster bei wirklichen Ein-
geborenenhütten nicht vorhanden sind.
Die Hütten enthalten meistens einen, selten meh-
rere Räume. Die Hütten werden in der Art gebaut,
daß das Gerüst zuerst aufgeführt wird, dessen Seiten-
wände ungefähr 2 m hoch von rohen Pfeilern und
doppelten Querleisten aus rohen Stangen bestehen,
während die Giebelseiten 3 bis 3½¼ m hoch errichtel
werden. Die Dachsparren sind gewöhnlich aus Bam-
bus, während die Querleisten aus den Blattrippen
der Wein= oder Oelpalme bestehen. Die Wände
werden dann zwischen den doppelten Leisten mit Lehm
ausgefüllt, wozu mit Vorliebe auch Termitenhaufen
gebraucht werden. Um den Luftzug gut zu ermög-
lichen, sind die Lehmwände an den Giebelseiten nicht
höher als die der Längsseiten, so daß ein freier
wird mit Gras eingedeckt, welches ziegeldachartig über-
einanderliegt. Ein gutes Dach hält auch den stärksten
Tornado ab. Der Fußboden wird aus Lehm zu
einer Tenne festgestampft und bei luxuriösen Bauten
werden die Wände des Hauses mit einer hellgelben
Erdfarbe sowie die Kanten und die Einfassung der
Thür mit einer rothen Thonfarbe gestrichen. In
den besseren Häusern ist dann auch eine sogenannte
Schlafbank vorhanden, welche auf vier Pfählen ruht
und mit Brettern eingedeckt ist. Auf derselben liegt
eine drei bis vier Zoll hohe aus Gras geflochtene
Schlafmatte und häufiger auch einige dünne Matten
zum Zudecken. Bei sehr vornehmen und reichen
Händlern, die oft an die Küste gelangen, sieht man
auch roh gezimmerte Bettstellen mit Moskitovor-
hängen von europäischem Kattun. Diese Häuser