Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

läufig liegt aber die Arbeiterfrage noch nicht sicher 
genug, als daß man mit gutem Gewissen zur Kultur 
wenigstens derjenigen Faserpflanzen rathen könnte, 
deren Anbau einen intensiven Betrieb mit vielen 
gut geschulten und zu jeder Zeit in ausreichendem 
Maße vorhandenen Arbeitskräften voraussetzt, wie 
Baumwolle, Jute, Ramie. Bei diesen drängt sich 
die Ernte auf eine sehr kurze Zeit des Jahres zu- 
sammen und ein Fehlen von genügenden Arbeitern 
gerade zu dieser Zeit hat den Verlust der ganzen 
Ernte oder eines Theiles derselben zur Folge. Auch 
die Pflanzzeit ist für einjährige Pflanzen nur eine 
beschränkte und erfordert auf einmal zahlreiche Ar- 
beitskräfte. Zu beachten ist auch, daß die Ernte in 
diejenige Zeit fällt, in der die Eingeborenen mit 
dem Reinigen und der Anlage ihrer eigenen Farmen 
beschäftigt und Arbeiter schwerer zu haben sind, als 
3z. B. während der Ernte von Kakaov und Kassee, 
welche in die Regenzeit fällt. 
Für die anderen mehrjährigen Faserpflanzen, wie 
Sisal, Mauritius= und Bogenstranghauf, wiederum 
sind die Arbeitskräfte vorläufig noch zu theuer, um 
eine Kultur rentabel zu machen. 
Außerdem ist es ein Uebelstand, der sich bei der 
Zucht von Kakao und Kaffee weniger bemerkbar 
machen dürfte als bei den Faserpflanzen, daß die 
Arbeiter sich meist nur auf ein Jahr verdingen, die 
Eingeborenen oft sogar nur auf Monate. In anderen 
Ländern wachsen die Arbeiter sozusagen in den 
Plantagen auf und lernen den Betrieb von Kind 
auf. In Kamerun dagegen kehrt der Arbeiter, 
gerade wenn er angefangen hat, etwas zu lernen, 
in seine Heimath zurück und kommt erst wieder, 
wenn er seine Ersparnisse los geworden ist, wozu 
allerdings einige Stämme, wie die intelligenten 
Wei= und Bassaneger nur eine anerkennenswerth 
kurze Zeit brauchen. 
Außerdem ist die Arbeit beim Kakao eine viel 
einfachere und bequemere als bei den Faserpflanzen. 
Das leichtere Urbarmachen und Bepflanzen des Landes 
ist schon früher erwähnt worden. Danach kostet 
das Reinigen der Pflanzung in den ersten drei 
Jahren allerdings viel Arbeit, besonders das defi- 
nitive Entfernen bösartiger Unkräuter, wie Dioscoreen, 
Maranthaceen, Convolvulaceen, einiger Gramineenund 
Smilaxarten. Vom vierten Jahre ab betheiligen 
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sich aber die Bäume selbst schon sehr wesentlich an 
der Unterdrückung des Unkrauts, und das Rein-= 
halten der Pflanzung geschieht mit wenig Mühe. 
Die Ernte vertheilt sich über viele Monate des 
Jahres. Man kann bei gutem und schlechtem Wetter, 
bei Regen wie Sonnenschein ernten. Der heute 
geerntete Kakao kann innerhalb fünf bis sechs Tagen 
zum Versand fertig sein, es bedarf nur eines 
Trockenapparates. Das sind Vortheile, die Jedem 
einleuchten müssen. Darum kann man auch nur 
Jedem, der in Kamerun Plantagen anlegen will, 
rathen, keine Faserpflanzen anzubauen, dort wo 
Kakao gut gedeihen würde. 
  
Was das Klima anbetrifft, so ist dasselbe 
für das Gedeihen aller genaunten Faserpflanzen, 
wic die Versuche zeigen, recht günstig. Für 
Baumwolle würden die reichlichen Regenmengen 
allerdings oft verderblich werden können, wenn sie 
in die Erntezeit fallen, und es giebt keinen regen- 
losen Monat im Kamerungebiet. An der Westseite 
des Kamerungebirges würde die Kultur von Baum- 
wolle völlig ausgeschlossen sein, denn hier sind die 
regenlosen Tage im Jahre eine Seltenheit. Die 
Regenmengen sind etwa doppelt so groß wie im 
Osten und Süden des Gebirges, denn auf der 
Plantage Debundja fielen im letzten Jahre über 
9000 mm Regen, eine für afrikanische Verhältnisse 
unerhörte und auf der ganzen Welt seltene 
Regenmenge. 
Um die Frage der Rentabilität der Faserpflanzen 
im Vergleiche mit derjenigen des Kakaos zu erörtern, 
kann ich allerdings nur über letzteren von mir selbst 
gewonnene, positive Resultate angeben. Die dies- 
bezüglichen Angaben über die ersteren entnehme ich 
theils aus Semler: Tropische Agrikultur, theils 
aus dem „Kew Bulletin“, theils aus „Planters 
Gazette“. Ueber Kakao steht mir reichliches Ma- 
terial zur Verfügung, da die Versuchsplantage selbst 
einen 19 Jahre alten Bestand und andere von 
9, 7, 4, 3, 2 und 1 Jahre enthält. Außerdem 
bestehen die Plantagen in Kriegsschiffhafen, Bibundi, 
Debundja schon seit vielen Jahren. Ein Hektar 
Kakao bei einer Pflanzweite von 4:4 m liefert 
schon im dritten Jahre ctwa 150 kg Kalao, im 
vierten Jahre mindestens 600 kg Kakav. Der 
Ertrag steigt dann bis zum achten und neunten 
Jahre und erreicht in dieser Zeit auf dem besten 
Boden einen Durchschnitt von 2 kg für den Baum. 
Von da an steigt der Ertrag bei der engen Pflanz- 
weite nicht mehr, sondern nimmt allmählich ab, 
jedoch tragen 20 Jahre alte Bäume noch immer 
mehr als 0,5 kg für den Baum. Ein Hektar Kalao- 
liefert bei einer Pflanzweite von 5„ 5 m im dritten 
Jahre etwas über 100 kg, im vierten Jahre über 
400 kg. Von da ab dürften die Erträge bis min- 
destens zum zehnten oder fünfzehnten Jahre steigen 
und dann eine weit längere Reihe von Jahren hoch 
bleiben als bei einer Pflanzweite von 4 m. In 
der Versuchsplantage haben einzelne achtjährige, von 
Eingeborenen ohne Sorgfalt gepflanzte Bäume, nach- 
dem sie zwei Jahre lang gut gepflegt und rein- 
gehalten worden waren, bis 4 kg im Jahre getragen. 
Den Ertrag für den Hektar Kakao kann man bei 
den jetzigen sehr niedrigen Preisen von 1 Mark pro 
Kilogramm im vierten bis sechsten Jahre auf durch- 
schnittlich 550 Mark, im siebenten bis neunten 
Jahre auf durchschnittlich 650 bis 700 Mark an- 
nehmen. 
Die Erträge der Faserpflanzen werde ich bei 
Besprechung der einzelnen Pflanzenarten nunmehr 
erörtern.
	        
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