Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

um schon jetzt das Ergebniß als ein endgültiges be- 
trachten zu können. 
Nachdem somit die Vorfragen eine befriedigende 
Lösung gefunden haben, hat der Fürst zu Wied 
sich nun entschlossen, mit dem Bau der Aluminium= 
dampfpinasse für den Viktoriasee vorzugehen, und zu 
dlesem Zweck außer der Züricher Firma Escher, 
Wyß & Co. eine größere Zahl bewährter deutscher 
Schiffswerfte einladen lassen, sich mit Entwürfen an 
der Ausschrelbung der Pinasse zu betheiligen. Leider 
haben die meisten deutschen Werften von vornherein 
auf eine Bethelligung verzichtet, einzelne sind nach- 
träglich zurückgetreten mit der Erklärung, mit ihren 
Einrichtungen den Bau nicht übernehmen zu können, 
und die an und für sich außerordentlich sorgfältigen 
Entwürfe der verbleibenden wenigen deutschen Werften 
blieben, weil sie sich bisher mit dem Bau von Alu- 
miniumbooten noch nicht befaßt und deshalb auf 
diesem Gebiete Erfahrungen zu sammeln noch nicht 
Gelegenheit gehabt hatten, so weit hinter dem Ent- 
wurf der Maschinenfabriken Escher, Wyß & Co. in 
Zürich zurück, daß diesen Letzteren, wie geschehen, der 
Zuschlag ertheilt werden mußte. 
Nach diesem Entwurf wird das Boot elne Länge 
von 13 m über Deck, 12,5 m in der Wasserlinie, 
in der Mitte eine Breite von 2,7 m und eine Höhe 
von Oberkante Kiel bis Oberkante Schandeck von 
1,45 m haben. Der Schiffskörper, einschließlich 
Spanten, Klel, Vorder= und Achtersteven, Wellen- 
böcken 2c. aus reinem Aluminium hergestellt, ebenso 
wie das Vorder= und Achterdeck, die Bodenwrangen 
und Bodenwrangenbleche, wird durch doppelte wasser- 
dichte Quer= und Längsschotten aus Aluminiumblech 
derart getheilt, daß er durch Lösen von Schrauben- 
bolzen in neun Theile zerlegt werden kann, welche 
für sich schwimmen, eine Breite und Höhe von nicht 
über 1,50 m, eine Länge von nicht über 3,30 m und 
ein Gewicht von 80 kg bis 160 kg haben. Die 
nöthige Steifigkeit und Verstärkung in der Längs- 
verbindung erhält der Schiffskörper einerseits durch 
einen sogenaunten falschen Kiel, ondererseits in dem 
entsprechend stark gewählten Bergholz aus Eiche und 
dem Waschbord aus Teakholz. 
Das Schiff erhält zwel vertikale, voneinander 
unabhängige Verbundmaschinen mit Kondensation, 
zwei Wellen, zwei Propeller sammt Lagern und 
Wellenröhren aus Aluminium, eine leicht reversirbare 
und auf Expansion regulirbare Steuerung, zwei 
Maschinenspeisepumpen und eine Handspeisepumpe 
und zwei ebenfalls voneinander unabhängige demon- 
tirbare, für Holzfenerung eingerichtete Röhrenkessel. 
Dieselben sind so angeordnet, daß jeder Kessel mit 
jeder Dampfmaschine durch selbständige Rohrleitung 
berbunden und daß auch mit einem Kessel und einer 
Maschine gefahren werden kann. , 
Außerdem wird das Schiff mit zwei Mastspuren 
und Mastduchten, damit eine Luggertakelage angebracht 
werden kann und mit einem vollständigen Sonnenzelt 
versehen. Der Schiffsraum ist so reichlich bemessen, 
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daß die Pinasse für das Durchfahren von 350 km 
mit etwa 8 km Geschwindigkeit pro Stunde genügend 
Brennmaterial mit sich führen kann. 
Nachdem das Fahrzeug durch Probefahren auf 
dem Züricher See nachgewiesen haben wird, daß es 
im Stande ist, während fünf Stunden stündlich 11 
bis 12 km zu laufen, und im Uebrigen allen Bau- 
vorschriften entspricht, wird es demontirt und in 
Lasten zerlegt, deren größere Zahl 30 kg und deren 
geringere Zahl 50 kg Gewicht nicht übersteigen darf, 
mit Ausnahme der Bootskörperseltionen und einzelner 
weniger Maschinentheile, deren schwerster nicht mehr 
als 200 kg wiegen darf. 
Die ganze Pinasse mit Maschinen, Kesseln und 
voller Ausrüstung wird ein Gesammtgewicht von 
4500 bis 5000 kg haben. 
Die Bootskörpersektionen werden in starken Kisten 
für den Seetransport besonders sorgfältig verpackt. 
In Ostafrika werden sie jedoch aus den Kisten ent- 
nommen, um ohne Umhüllung an durch Oesen ge- 
steckten Stangen getragen zu werden. Die schwerste 
Sektion wird nach Ansicht des Hauptmanns Lang- 
held, welchem die entsprechenden Vorschriften zu 
verdanken sind, auf diese Weise von acht Trägern 
überall auf den Karawanenwegen Ostafrikas ohne 
erhebliche Schwierigkeiten fortgeschafft werden können. 
Alle übrigen Stücke werden in Zürich nach den vom 
Hauptmann Langheld daselbst gegebenen eingehen- 
den Vorschriften sofort so verpackt, wie dies für den 
Ueberlandtransport in Ostafrika nothwendig ist. 
Um schließlich eine sachgemäße Zusammensetzung 
und Behandlung des Bootes auf dem Viktoriasee 
zu sichern, wird darauf Bedacht genommen werden, 
daß derjenige Beamte des Gouvernements, welchem 
von demselben die Führung der Pinasse auf dem 
See übertragen werden soll, bereits bei dem Bau 
derselben in Zürich, den Probefahrten, der Demon- 
tirung und Verpackung zugegen ist und hierbei sich 
die erforderlichen praktischen Kenntnisse und Fertig- 
leiten für die Bearbeitung des Aluminiums aneignet. 
Für den Bau ist ein Zeitraum von acht Monaten 
in Aussicht genommen. 
Coblenz, den 21. Dezember 1896. 
Busse, Oberbergrath. 
    
Tikterakur. 
Archiv für Schiffs= und Tropenhygiene unter 
besonderer Berücksichtigung der Pathologle und 
Therapie. Herausgegeben von Dr. K. Mense 
I. Band, erstes Heft. Cassel 1897. 
Th. G. Fischer & Co. « 
Der durch mehrjährigen Aufenthalt als Arzt im 
Kongostaate, in Madeira und große Reisen nach 
Holländisch-Indien und anderen Tropenländern, die 
er zum Theil als Schiffsarzt ausgeführt hat, hierzu 
besonders befähigte Dr. Mense hat in der vor- 
liegenden Zeitschrift ein Unternehmen ins Leben ge-
	        
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