Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Marshall -· Inseln. 
Reise des Kaijerlichen Landeshaupimanns 
nach Mille und Maloelab. 
Die Anwesenheit S. M. Schiff „Falke“ in den 
Marshall-Inseln hat dem Kaiserlichen Landeshaupt- 
mann Gelegenheit gegeben, die Atolle Mille und 
Maloelab zu besuchen. 
In Mille hatte die Waffenabnahme zu erfolgen, 
in Maloelab handelte es sich darum, Streitigkeiten 
zwischen den Häuptlingen Murül und Loran zu 
verhindern. 
Am 19. November wurde Jaluit verlassen und 
Mille am folgenden Tag erreicht. Die Waffenab- 
nahme erfolgte in derselben Weise, wie es in Majern 
und Arno geschehen war. Die Insel wurde mit 
Segelboten und Kanus nach Gewehren und Re- 
volvern abgesucht. Die Abgabe der Waffen erfolgte 
sowohl seitens der Häuptlinge, wie der Kanaken 
freiwillig. Infolgedessen sind die Häuptlinge be- 
sonders freundlich behandelt und ihnen beim Ab- 
schied die üblichen Geschenke gegeben worden. Die 
gefundenen Waffen wurden unschädlich gemacht. 
Sonst war in Mille Alles ruhig; auch ist der dortige 
Missionar Josef ein Mam, der der Verwaltung 
bei jeder Gelegenheit seine Hülfe leiht. Aus diesem 
Anlaß sind auch der Kirche cinige Geschenke gemacht 
worden. Nach Mittheilung der dortigen Händler 
gingen die Geschäfte sehr gut. 
Am 24. November traf der „Falke" im Atoll 
Maloelab ein. Murzjil, der als der treueste Häupt- 
ling in den ganzen Marschall = Inselu bezeichnet 
werden kann, lag schwer krank danieder. Sein 
legitimer Nachfolger ist Labarer, ein Mann von 
energischem Charakter und von ebenso getreuer Ge- 
sinnung wie Murjil. Von der gegnerischen Häupt- 
lingsfamilie ist in den letzten Jahren Loran mit der 
Forderung auf die Hälfte des Atolls aufgetreten. 
Es ist nun unter amtlicher Vermittelung zwischen 
Murjil und Labareo einerseits und Loran anderer- 
seits ein Vergleich abgeschlossen worden, wonach dem 
Letzteren 5 Inseln als ausschließliches Eigenthum 
zufallen. Es ist anzunehmen, daß somit Feindselig- 
keiten im Atoll, auch nach dem Tode Murjils, nicht 
eintreten. Murjil ist der erste unter den großen 
Häuptlingen der Marshall-Inseln gewesen, welcher 
systematisch Kokosnußpflanzungen angelegt hat. Der 
Erfolg dieser Maßregel ist sehr überraschend ge- 
wesen. Während im Jahre 1891 bis 1892 der 
Kopraertrag von Maloelab, Aurh und den nörd- 
lichen Inseln etwa 170 000 Mark betrug, stieg er 
im Jahre 1893 bis 1894 auf 319 000 Mark und 
im Jahre 1895 bis 1896 sogar auf 630 000 Mark. 
Dabei sind viele Inseln in diesem Atoll mit frucht- 
barem Boden noch gar nicht in Angriff genommen 
worden. Würde Murjil mehr Arbeitskräfte haben, 
so würde das Resultat seiner Plantagenarbeit noch 
ein viel günstigeres gewesen sein. 
  
Im House Murjils befand sich ein sehr alter 
Mann, der die neunzig sicherlich bereits über- 
schritten hatte. Er erzählte, daß er als Knabe von 
10 Jahren mit einem anderen Mann, der noch in 
dem benachbarten Wotic lebe,) das russische Kriegs- 
schiff des Kapitäns Tottebu (Kotzebne), in dessen 
Begleitung sich der Dichter Chamisso befand, be- 
sucht habe. Sie hätten damals noch nie weiße 
Leute gesehen und gefürchtet, es wären Teufel, die 
aus dem Meere kämen. Sein Großvater aber habe 
gesagt, das seien gute Geister, die vom Himmel 
kämen. Die weißen Leute seien auch sehr gut ge- 
wesen, hätten ihnen Pflanzen und merkwürdige 
Thiere geschenkt, darunter auch einen Hund mit 
spitzen Knochen am Kopf und langem weißen Bart, 
wie ihn die alten Männer hätten. Das Thier hätte 
aber nicht gebellt, wie die anderen Hunde, sondern 
gemeckert. Der alte Mann war in völliger Rüstig- 
keit und pflegte seinen Häuptling. - 
Ku-demsereichederwisstünenund 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Ueber die Entstehung der Niederlassungen der 
Neuen Dettelsauer Mission in Neu-Guinea 
schreibt das „Evangelische Missions-Magazin“: 
Die lutherische Missionsanstalt in Neudettelsau 
(Bayern), die seit 1848 Prediger für die Deutschen 
Amerikas und Australiens ausbildet und dorthin aus- 
sendet, ist durch ihre Verbindung mit der Immannel- 
Synode in Australien, die zunächst nur Prediger für 
ihre deutschen Gemeinden begehrte, dann aber auch 
einige Arbeiter für ihre australischen Missionsposten 
unter den Papuas erbat, veraulaßt worden, in der 
Südsee zu missioniren. Die Beziehungen zu jener 
Synode führten dazu, daß Neudettelsan im Jahre 
1886 infolge der deutschen Kolonialerwerbungen auf 
der Insel Neu-Guinea eine eigene Missionsthätigkeit 
aufnahm und hier in Kaiser Wilhelmsland nach und 
nach drei Stationen gründete. 
Die Arbeit bewegt sich auf beiden Gebieten in 
bescheidenen Grenzen. Indeß, wenn es auch hier 
noch gilt, auf die Frucht der Arbeit geduldig zu 
warten, so kann doch der Berichterstatter die That- 
sache dankend hervorheben, daß der Eintritt von 
Neudettelsau in die Arbeit unter den Heiden der 
Missionsanstalt einen wesentlichen Segen eingebracht 
habe, und zwar einen neuen Aufschwung und eine 
Belebung der Theilnahme. Auch hat er ihr einen 
größeren Freundeskreis erworben und dem gesammten 
Werk in der Heimath neue Zugkraft verliehen. 
Wie das „Evangelische Missions-Magazin“ meldet, 
soll demmächst die Mission unter der Zwergbevölke- 
rung Afrikas zur Ansführung kommen. Der Gedanke 
  
*) Vergl. Mittheilungen a. b. d. Sch. 1889 S. 27.
	        
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