Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

nun, den in den Urwäldern des dunkeln Erdtheils 
lebenden Ueberresten einer uralten Völkerfamilic das 
Evangelium zu bringen, ist vor Kurzem von einem 
englischen Fräulein, Namens Mac Lean, angeregt 
worden. Ein Vorschlag, vom Kongo aus den Ver- 
such zu machen, erwies sich als unpraktisch. Die 
dort arbeitenden Missionsgesellschaften, an die sich 
Fräulein Mac Lean wandte, erklärten es vorderhand 
für unmöglich, vom Kongo aus den Zwergstämmen 
in den nördlich gelegenen Urwäldern beizukommen. 
Schließlich wurde sie auf die amerikanisch-presbyte- 
rianische Mission aufmerksam gemacht, in deren Gebiet 
am Gabun sich ebenfalls Zwergvölker finden. Die 
beiderseitigen Unterhandlungen haben nun zu dem 
Ergebniß geführt, daß die Presbyterianer zunächst 
mit zwei Missionaren die Arbeit unter den Zwergen 
aufnehmen wollen, wogegen Fräulein Mac Lean 
1500 Pfund (30000 Mk.) zu dem Unternehmen 
gesteuert hat. Außerdem will sie dasselbe jährlich 
mit 500 Pfund unterstützen. Die Sache wird aber 
ihre große Schwierigkeiten haben; denn bekanntlich 
leben die Zwergstämme fast nur von der Jagd und 
sind deshalb nicht ansässig. Bei ihrer nomadisirenden 
Lebensweise haben sie kaum eine Ahnung vom Acker- 
bau. Doch sollen auch Abtheilungen von ihnen stän- 
dige Niederlassungen haben. Das scheint im Gabun- 
gebiet der Fall zu sein. Da sie im Tauschverkehr 
mit den sie umgebenden Bantustämmen siehen, so 
sprechen sie häufig auch deren Sprache. Ihre eigene, 
bis jetzt wenig bekannte Sprache ist von den Bantu- 
sprachen gänzlich verschieden. 
Am 198. November v. Is. ist Missionar Holst 
wohlbehalten in Dar-es-Saläm eingetroffen. Missionar 
Holst hat die Seelsorge an den Deutschen, Missionar 
Cleve die Heidenmission und Missionar Hosbach 
die Oekonomie übernommen. 
Die englische Kirchenmission hat in Deutsch- 
Ostafrika vier Stationen: Mamboia, Mpwapwa und 
Kisogwe in Ussagara und Nassa in Ussukuma. Auf 
ihnen arbeiten fünf Geistliche, fünf Laien, vier Missio- 
narsfrauen und zwei unverheirathete Missionarinnen. 
Diesen europäischen Arbeitern und Arbeiterinnen stehen 
zehn Lehrer und zwei Lehrerinnen aus den Einge- 
borenen zur Seite. Sie haben 153 Christen, unter 
ihnen 91 Kommunikanten aus den Heiden gewonnen, 
111 Personen stehen im Katechumenat. Während 
des letzten Jahres wurden 13 Erwachsene und acht 
Kinder getauft. Die neun Schulen, welche eingerichtet 
worden find, werden von 354 Schülern und 108 
Schülerinnen besucht. In Kigogo, die Sprache der 
Wagogos, sind von den Missionaren in Kisogwe die 
Evangelien und die Apostelgeschichte sowie das Prayer= 
Book übersetzt. In Kisukuma, die Sprache der 
Wasukumas in Ussukuma, sind die Evangelien Marci 
und Johamis und die Apostelgeschichte übersetzt. 
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Die Berliner Kondemission hat einen schmerz- 
lichen Verlust erlitten. Missionar Grieguszies ist 
am 19. Oktober v. Is. gestorben. Er war im Mai 
1892 hinausgegangen und hatte sich bald als eifriger, 
treuer Missionar gezeigt. Im November 1894 wurde 
ihm seine Braut nachgesandt. Leider erkrankte er 
bald am Fieber, welches seine Gesundheit schnell 
untergrub, und es bildete sich ein Herz= und Lungen- 
leiden aus, so daß es nothwendig erschien, ihn vom 
Kondeland in den Oranje-Freistaat zu versetzen. So 
schwer es ihm wurde, reiste er mit seiner Frau und 
seinem im Februar v. Is. geborenen Söhnlein im 
August von dort ab und langte Mitte Oktober in 
Chinde an, von wo aus die Seereise angetreten 
werden sollte. In Chinde kam er sehr krank an, 
und am Morgen des 19. Oktober wurde er nach 
nur vierjähriger missionarischer Thätigkeit heimgerufen. 
Sein Verlust ist ein harter Schlag für die im Konde- 
land immer mehr aufblühende Missionsarbeit- 
  
D. Warneck, der Herausgeber der „Allgemeinen 
Missionszeirschrift“, ist zum Professor an der Univer- 
sität Halle ernannt worden. Dies ist der erste offi- 
zielle Lehrstuhl für Missionswissenschaft an einer 
deutschen Universität. Es liegt, wie die „Evange- 
lischen Missionen“ betonen, in der Errichtung desselben 
ein wichtiger Fortschritt in der allgemeinen Aner- 
kennung der Bedeutung des Missionslebens für Kirche 
und Wissenschaft. « - 
In einem Rückblick auf ihre Thätigkeit im letzten 
Jahrzehnt (1885 bis 1895) kann die Rheinische 
Missionsgesellschaft in folgenden Zahlen ein 
ganz außerordenkliches, erfreuliches Wachsthum ihres 
Werkes feststellen: damals hatte sie 68 enropäische 
Missionsarbeiter, jetzt 111; damals 54 Missions- 
stationen, jetzt 74, damals 68 Außenstationen, jetzt 
156, damals 26 974 Christen, jetzt 60 144. 
Die Berliner Kolonialausstellung hat Herrn 
Missionsinspektor Merensky für seine Bemühungen 
um die Ausstellung der evangelischen Missionen die 
silberne Medaille verliehen. 
Wie die „Nachrichten der Pallottiner-Mission“ 
melden, sind in Kamerun die Missionare P. Eber- 
wein und Bruder Schubert gestorben. 
Am 2. September zogen abermals vier Schwestern 
aus, um den Vorgängerinnen Verstärkung zu bringen, 
die sie sehnsüchtig erwarteten, denn die vorgefundene 
Arbeit ging über ihre Kräfte. Da die Noth in 
Marienberg und Hribi gleich groß war, so waren 
die ersten Ankömmlinge getheilt worden und Schwester 
Christine ging mit Schwester Dominika nach 
Marienberg, während Schwester Agatha mit Schwe- 
ster Gerkrud in Kribi verblieb. Zwei Schwestern 
bei viel Arbeit, das konnte auf die Dauer nicht 
gehen und so wurde so schnell als möglich die zweite 
Expedition ausgerüstet. Diesmal waren zwei der
	        
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