Object: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

geschickt mit der Aufforderung, er (Merai) solle selber 
kommen. Gleichzeltig theilte ich ihm die vorläufigen 
Friedensbedingungen mit, welche dahin lauteten, daß 
die Waffen und Munition sowie alle den ermordeten 
Missionaren geraubten Sachen auszuliefern seien. 
Zur Erfüllung der gestellten Bedingungen würde ein 
eintägiger Waffenstillstand gewährt. Die Ausliefe- 
rung der an dem Ueberfall betheiligten Krieger und 
deren Anführer jetzt zu fordern, erschien unzweck- 
mäßig, denn diese Forderung hätte Merai beim besten 
Willen nicht ersüllen können, da nach dem Gesecht 
die Krieger in den oberen oder unteren Urwald, 
oder auch weiter geflüchtet waren. Nachdem an 
dlesem Tage die Bedingungen nicht alle erfüllt waren, 
wurde der Krieg fortgesetzt, aber Merai für die ihm 
unterstehende Landschaft Olborn, da sie, wie sich 
herausgestellt hatte, gänzlich unbetheiligt am Ausstand 
war, Schonung zugesichert. Merai kam auch in 
dieser Zeit täglich ins Lager und brachte nach und 
nach zwei der evangelischen Mission gehörige Infan= 
teriegewehre M/71, drei den Missionaren von der 
hiesigen Statlon geliehene Jägerbüchsen M/71 mit 
etwa 300 Mauserpatronen sowie mehrere den Missio- 
naren geraubte Sachen, wie Geschirr, Decken 2c. 
Nachdem so die vorläufigen Bedingungen am 12. 
erfüllt waren und nachdem gleichzeittg in Groß- 
Aruscha Niemand mehr zu bekriegen und auch kein 
Vieh mehr zu erbeuten war, schloß ich Frieden und 
marschirte am 13. früh ab. 
Am 13. und 14. lagerte ich in der Steppe am 
Fuße des Meru, wo eine Gesandtschaft des Meru- 
häuptlings Matunda mit Elfenbein und um Frieden 
bittend bei mir eintraf. Am 15. marschirte ich in 
die Landschaft Mern hinein, ohne nennenswerthen 
Widerstand zu finden. Die Leute waren, als sie 
von der vollständigen Niederlage Groß-Aruschas er- 
fuhren, mit dem größten Theil ihres Vlehes geflohen; 
nur vereinzelte Ansammlungen von 30, 40 oder 
50 Kriegern wurden sichtbar. 
Am 15., 16. und 17. wurden mit Abtheilungen 
der Kompagnie sowie Wadjaggas Streifzüge durch 
die ganze Landschoft unternommen. 
Am 198. frühzeitig erschien ein Akida Matundas 
und bat um Frieden; Matunda war geflohen und 
noch nicht zurückgekehrt. Die als Friedensbedingung 
gestellte Forderung der Auslieferung des Missions- 
elgenthums sowie zweier den Ermordeten gestohlener 
Revolver konnte noch nicht erfüllt werden, da eben 
alle Leute geflohen waren. Länger in Meru zu 
bleiben, war indeß zwecklos, denn einmal waren die 
seindlichen Stämme niedergeworfen, und andererseits 
hatte der unausgesetzte Regen der augenblicklichen 
lälteren Jahreszeit fieber= und dysenterieartige Krank- 
heiten verursacht. Ich marschirte also am 18. früh 
ab und traf am 20. wieder in Moschi ein. 
Hervorzuheben ist die ausgezeichnete Haltung der 
Sudanesen, besonders im t Ha guch 
bel den folgenden Strelfzügen in der Landschaft. 
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Was nöthig war, war ein energisches, rasches Vor- 
dringen und ein festes Zusammenhalten, und Beides 
war in dem dichten Busch äußerst schwierig, wurde 
aber von Askaris und ganz besonders von den Su- 
danesen geradezu mustergültig ausgeführt. Die Beute 
der Wadjaggas an Vieh betrug in Aruscha und Mern 
zusammen 3000 Rinder und 5500 Ziegen und Schafe, 
die ich zum weitaus größten Theil den Verbündeten 
ließ in Anbetracht ihrer überaus zahlreichen Bethei- 
ligung und ihrer Verluste. Als Kriegskontribution 
wurde Aruscha die Zahlung von 10 Frasila und 
Meru die von 20 Frasila Elfenbein aufgetragen. 
Dieser Tribut wird erst nach und nach entrichtet 
werden können. Abgesandte aus allen Theilen Groß- 
Aruschas und Meruns trafen hier ein und baten um 
Frieden; überbrachten auch die beiden den Missionaren 
geraubten Revolver. Ich erklärte ihnen, sie vorläufig 
nicht weiter zu bekriegen, einen definitiven Frieden 
würde ich aber erst nach Zahlung des Elfenbeins 
abschließen. 
Da in beiden Landschaften eine Unzahl bei frä- 
heren Kriegen von der dorkligen Bevölkerung aus 
den Wadjaggalandschaften geraubter Weiber leben, 
so gab diese Expedition auch eine gewünschte Gele- 
genheit zu ihrer Befreiung aus der Sklaverei. So- 
weit es möglich war, wurden Alle einzeln gefragt 
und die, welche nach Ujagga zurückkehren wollten — im 
Ganzen ungefähr 500 —, den betreffenden Stämmen, 
zu denen sie gehörten, übergeben. 
Die Ruhe scheint nunmehr am Meruberg hergestellt, 
und es ist anzunehmen, daß der weitaus größte Theil 
der Aruscha= und Meruleute, die Besitzenden, durch 
den erlittenen Schaden so weit klug geworden sind, 
daß sie dem Treiben der Elmoran in Zukunft nicht 
gleichgültig zusehen, sondern sich bestreben werden, 
ihre Kriegsgelüste bei Zeiten zu unterdrücken. Bereits 
eine größere Anzahl Aruscha= und Meru-Elmoraus 
wurden von den älteren Leuten während der An- 
wesenheit der Expedition in den Landschaften er- 
schlagen. 
Für durchziehende Karawanen dürfte von Seiten 
der Merubevölkerung nichts zu befürchten sein, vor- 
ausgesetzt, daß der Führer der Karawane im Stande 
ist, die Eingeborenen vor Uebergriffen, wie gewalt- 
sames Einkaufen von Lebensmitteln, zu schützen, und 
sich auch wirklich dieser Mühe unterzieht. Auch aus 
den jetzigen ausführlichen Erkundungen über die 
Entstehung der Unruhen ergiebt sich, daß sich die 
Leute nur der Ansiedelung von Europäern widersetzen 
wollten. Durchreisenden Karawanen haben sie bisher 
nie Schwierigkeiten gemacht und auch immer Essen 
in reicher Menge zum Verkauf ins Lager gebracht. 
Ueber die Entstehung der Unruhen ist mit Ge- 
wißheit Folgendes in Erfahrung gebracht worden: 
Mitte Oktober trafen die beiden Missionare ein 
und gaben der Bevölkerung bekannt, daß sie sich dort 
niederlassen wollten und gedächten, immer bei ihnen 
zu bleiben. Die Leute fürchteten einmal, für die
	        
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