Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

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Nachrichten aus den deulschen Schukgebieten. 
(Abbruck der Nachrichten vollständig oder theilwelse nur mit Quellenangabe gestattet.) 
  
Deutsch-Pltafrika. 
Bericht des Hauptmanns prince über den Abschluß 
der MWabehe- Expedition. 
Aus der Station Iringa berichtet Hauptmann 
Prince unter dem 26. Januar 1897 über den Ab- 
schluß der Wahehe-Expedition Folgendes: 
„Am 10. Dezember setzte ich Merere in Ubena, 
am 24. Dezember Mpangire in Uhehe als Sultane 
ein. Damit sind der alten Quawaherrlichkeit die 
letzten Nägel in den Sarg getrieben. 
Bis zur Erreichung dieses Zieles war die Lage 
folgende: Merere wollte, wie ich von altersher wußte, 
Ubena haben, Mpangire hoffte, ganz an Quawas 
Stelle zu treten, die Wassagira wären am liebsten 
selbständig allein der Station unterstellt worden. 
Ich hatte mich aber überzeugt, daß das Quawa- 
reich nicht im Ganzen bleiben durfte, daß nur eine 
Theilung des Reichs die Quawagefahr definitiv be- 
seitigen konnte. Eine Zersplitterung jedoch im Sinne 
der Wassagira hätte das Prinzip, möglichst wenige, 
aber um so einflußreichere Sultane im Bezirk zu 
haben, wodurch die Verwaltung erleichtert und wirk- 
samer gemacht wird, umgestoßen. Am wünschens- 
werthesten war deshalb eine Zweitheilung unter zwei 
mächtigen Sultanen, und zwar Merere im Westen, 
Mpangire im Osten. 
Dies als festes Ziel vornehmen, den Verhältnissen 
von vornherein den hierzu passenden Schnitt geben 
durfte ich aber nicht, sondern mußte die Möglichkeit 
ins Auge fassen, daß das Kaiserliche Gouvernement 
aus für mich unübersehbaren Gründen den Plan 
bezüglich Merere nicht genehmigen würde. Für diesen 
Fall wollte ich ursprünglich Mpangires ältesten Halb- 
bruder, Kapande, an Mereres Stelle setzen; da ich 
aber zwischen Beiden bittere Feindschaft konstatirte 
und unter den anderen Halbbrüdern keinen fand, den 
ich als den Zwecken des Gouvernements entsprechend 
betrachten konnte, entschloß ich mich, im gegebenen 
Falle Mpangires Gebiet nach Westen hin bedeutend 
zu erweitern, also ein um so mächtigeres Sultanat 
zu schaffen, in dem übrigen Gebiet aber die vor- 
handenen bedeutenden Wassagiraschaften zu selb- 
ständigen kleinen Sultanaten, direkt unter der Station 
stehend, zu erheben. 
Dementsprechend war es meine Aufgabe, die 
Lage im Lande für beide Eventualitäten offen zu 
halten. Die Schaffung solcher Lage war durch eine 
Reihe von Umständen erschwert. 
1. Mit Merere durfte nicht direkt verkehrt 
werden, weil er nicht zum Bezirk gehörte und weil 
solcher Verkehr nur auf Grund bestimmter Ver- 
sprechungen 2c. stattfinden konnte, zu denen ich keine 
Berechtigung besaß und deren eventuelle Nichterfüllung 
Merere, unseren stetigen, sicheren Bundesgenossen, 
  
ernstlich verstimmen mußte. Andererseits war es 
nöthig, über Mereres Absichten genau orientirt zu 
sein und ihn derart vorzubereiten, daß er nicht nach 
Manie der Negerpolitik im entscheidenden Augenblicke 
wieder lange Schauris verlangte. 
2. Mpangire durfte von dem Merereplane nichts 
von mir hören, denn er hatte sich jedenfalls Hoffnung 
auf die volle Beerbung Quawas gemacht. Erst mußte 
die Einsetzung Mereres in Ubena oder die Erhebung 
bestimmter Wassagira daselbst zu selbständigen Sul- 
tanen gesichert sein. Dann hatte ich an diesen eine 
Stütze und durfte annehmen, daß Mpangire, der 
vollendeten Thatsache gegenübergestellt, froh sein 
würde, mit Zutheilung Uhehes überhaupt noch so 
reichlich bedacht zu sein. 
*8. Die Mererefrage selbst hatte mittlerweile eine 
sehr veränderte Gestalt angenommen. Vor Monaten 
waren zwar zahlreiche Wassagira, als ich die Merere- 
frage andeutete, durchaus mit mir einverstanden ge- 
wesen. Es waren aber nur Uhehewassagira, die 
Selbständigkeit für sich in Uhehe selbst erhofften und 
sich deshalb wenig darum kümmerten, was in Ubena 
geschah, und da sich damals die Ubenawassagira noch 
nicht unterworfen hatten, brauchte ich mit ihnen nicht 
zu rechnen. Seit jener Zeit war aber die Unter- 
werfung eingetreten, die Leute mußten berücksichtigt 
werden. Wenn sie sahen, daß es mit Merere wirklich 
ernst sei, lag natürlich die Gefahr vor, daß sie, 
großer Verluste sowieso sicher, es lieber noch einmal 
mit Quawa versuchten. Ferner hatte ich inzwischen 
festgestellt, doaß der Begriff Ubena eine ganz andere 
Auslegung erhalten mußte, als ich ursprünglich an- 
genommen, und daß Merere mit dem blanken Ubena 
im Sinne der Wahehe nicht zufrieden sein würde, 
sondern noch das angrenzende Land, das seinem Vater 
vor 20 Jahren direkt unterthan gewesen und noch 
jetzt lediglich von Wassangu bewohnt war, erhalten 
müßte, speziell Ipogoro im Norden, Madibiro im 
Ostnordosten Ubenas, beide bis an den Ruaha 
reichend. In diesen bedeutenden, sehr stark bevöl- 
kerten Landschaften hatten sich, angelockt durch deren 
außergewöhnliche Fruchtbarkeit, viele reine Wahehe 
förmlich angesiedelt, waren bedeutende Uhehewassagira 
von Quawa eingesetzt, so daß dieser Strich als direkt 
zu Uhehe gehörig galt. Hier kam die Mererefrage 
in Kollision mit den Ernährungsinteressen jener 
Wassagira, die ursprünglich damit einverstanden ge- 
wesen waren; während ich sie früher ihnen gegenüber 
angeregt hatte, mußte ich jetzt bestrebt sein, sie wieder 
einschlafen zu lassen. 
Unter diesen Umständen mußte eine von Merere 
ankommende Gesandtschaft öffentlich sehr vorsichtig 
behandelt werden. Privatim kam sie aber sehr er- 
wünscht, zumal Merere selber, ohne jedes Zuthun 
meinerseits, auf diese Weise die nothwendige Ver-
	        
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