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bindung herstellte. Endlich hatte ich Gelegenheit,
privatim dessen Wünsche kennen zu lernen und ihm
ebenso privatim zu verstehen zu geben, daß er nur
unter Erfüllung der bekannten bestimmten Bedingungen
sich Hoffnung machen dürfe, im Uebrigen aber einen
Gouvernementsbesehl, von dem Alles abhänge, ruhig
abwarten und sich im gegebenen Falle entschließen
müsse, sofort energisch dem Befehle gemäß zu han-
deln. Hierhin mußte ich wohl oder übel andeutungs-
weise ihm eigentlich Hoffnung machen, sonst hätte
das Schauri sicher nicht die gewünschte Wirkung
gehabt.
Mit Mpauglire, trotzdem er in der Gewalt der
Station war, stellte sich die Sache schon schwieriger;
hier mußte schon Positiveres geschehen, einmal, um
die Ruhe im Lande zu schaffen und ihr Stabilität
zu geben, dann aber auch, um die präsumtive Sultans-
stellung bei den Wahehe nicht allzu sehr zu unter-
graben. Aus diesen Gründen durfte die Idee, ich
sei eigentlicher Nachfolger Quawas, welche früher
ein genügender Nothbehelf gewesen, nicht fest Wurzel
fassen. Ich mußie deshalb rechtzeitig hier und da
durch diesbezügliche Andeutungen vorbereitend wirken,
wenn auch die Wassagira darüber stutzig wurden und
theilweise sich alsbald vom Schauri fernhielten, und
riskirte ich Anfang November, Mopangire als Sultan
von Uhehe zu bestimmen. Der Einfluß der Station
war in der näheren Umgebung inzwischen gewachsen,
und als die Wassagira alsbald in ihren materiellen
Interessen gesichert wurden, indem ihnen die fetten
Stellen jener unter Quawa sehr wichtig gewesenen
Wassagira, die hartnäckig noch bei Quawa aushielten
und jetzt in contumaciam verurtheilt waren, über-
wiesen wurden, fanden sie sich bald zurecht. Nach
Ivogoro und Madibiro schickte ich einen sicheren
Msaglra mit dem Auftrage, das dortige Quawa-
eigenthum womöglich zu verwalten. Mpangira und
die internirten Uhehewassagira hielt ich aber bezüglich
beider Landschaften sowie auch bezüglich Ubenas auf
jede mögliche Weise hin, eine äußerst peinliche Situa-
tion. Gegenüber den Ubenawassagira hatte die
Station aber den schwersten Stand.
Fest stand es, daß die Wahehe das Land gänzlich
räüumen mußten, sowie Merere hineinkam, und wenn
lie mit Waffengewalt gezwungen werden mußten.
Bis dahin mußten sie aber in ihren Stellen belassen
werden, einmal um sie selbst nicht in die Arme
Quawas. zu treiben, dann aber auch, weil ich lediglich
durch sie, solange sie Hoffnung auf den Besitz des
Landes hatten, es dem Einflusse Quawas entziehen
konnte. Während der ganzen Zeit bestürmten sie
mich natürlich um definitive Bestallung. Sie hierin
Folimenel auf jede nur mögliche Weise unauf-
· nzuhalten, war eine fast igli il-
weis washuhe worr fast unerträgliche, theil
u1 Auf die angeführte Weise gelang es im Wesent-
chen. die Lage im ganzen Reiche derart zu gestalten,
daß sie dieser oder jener Wendung angepaßt werden.
onnte. Diesen Zustand so lange zu erhalten, wäre
ohne aktivste Verwendung sämmtlicher Detachements
trotz aller Bemühung nicht möglich gewesen, denn es
stellte sich bald heraus, daß der Einfluß Quawas
noch bedeutend, die Quawagefahr durchaus vor-
handen war.
In geschickter Weise hatten die Abtheilungen unter
speziellem Befehl des Lieutenants v. Kleist, da ich
in Iringa festgehalten wurde, um Ngominji pivoti-
rend, Quawa aus Ubena geschoben und ihn in das
relativ enge Gebiet zwischen Ubena, Iringa und
Ruaha gedrängt. Verschiedene Abtheilungen wurden
dann in den Kreis gelassen, um womöglich Quawa
zu fangen. Sie stöberten zwar mehrfach Abtheilungen
von Quawaanhängern auf, auf Quawa sließen sie
aber nicht, und diesem gelang es, sich über den Ruaha
zu retten. Die bisherige Stellung wurde deshalb
aufgelöst; Lieutenant v. Kleist zog zwei parallele
Linien lang durch das ganze Mittelgebiet des Reiches,
das Quawa am meisten zu begünstigen schien, wäh-
rend die Abtheilung des Lieutenants Glauning,
der sich besondere Ortskenntniß verschafft hatte und
in den von Mpapwa mitgenommenen Wahehejumben
besonders brauchbare Leute besaß, mit der Verfolgung
Quawas betraut wurde. Es ist diesem denn auch
gelungen, wochenlang meist querfeldein ohne Weg im
Pori dessen Spur zu folgen. Hierbei stellte sich's
heraus, daß Quawa mit dem größten Geschick dou-
blirte, kaltblütig in nächster Nähe der auf Wache
stehenden Abtheilungen vorbeizog, durch die Linien
der Patrouillen hindurchschlüpfte. Dies konnte er
nur thun, wenn er durch die Bevölkerung auf dem
Laufenden erhalten wurde. In der That meldete
Lieutenant Glauning sehr bald, daß Quawa von
den berührten Ortschaften stets mit Lebensmitteln
und Nachrichten versorgt würde, während die Be-
wohner dem Lieutenant Glauning jede Auskunft
verweigerten, Keuntniß der handgreiflichen Spuren
Quawas staitgehabter Anwesenheit leugneten, ihn mög-
lichst irre zu führen suchten 2c. Es macht fast den
Eindruck, als ob die Leute auf Derartiges eingeübt
worden wären, denn es bestand trotz der raschen
Ortsveränderungen Quawas doch zwischen seinen
Bewegungen und den Handlungen der Einwohner
stets ein enger Zusammenhang. Mitten im wegelosen
Pori an der Quawaspur wurden häufig hingestelltes
Mehl und Pombe gefunden. Die Leute wußten
augenscheinlich immer, wo Quawa zu finden war,
welche Richtung er eingeschlagen, welche bestimmten
Punkte er berühren würde. Vielfach geschah es, daß
Quawa seine müde werdende Gefolgschaft — etwa-
durchschnittlich 20 bis 30 Männer und mehr Weiber
— auflöste und einfach an deren Stelle das ganze
nächstberührte Dorf mitnahm. Mehrfach ließ er auch,
um die Verfolgung zu erschweren, seine Leute in
verschiedenen Richtungen auseinandergehen, die sich
später bei ihm wieder irgendwo anders einfanden.
Angeschwollene Flüsse waren kein Hinderniß, er
schwamm einfach z. B. fast allein über den Ruaha,
sich diesseits wieder Leute verschaffend. Ueberhaupt