Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

moyo, Saadani und Pangani, was mich schon bei 
meiner Ankunft im Schutzgebiet in Tanga und Dar- 
es-Saläm mit Genugthuung erfüllt hatte, welche er- 
staunliche Wandlung alle diese Orte erfahren haben, 
seit ich sie 1890 sah. 
Von Saadani stand damals beispielsweise nur die 
Feste; jetzt dehnt sich zu ihren Füßen eine breit- 
straßige saubere Stadt von 600 Häusern aus, in 
denen 4000 Menschen fast ausschließlich von den 
Erträgnissen des sehr regen Karawanenverkehrs leben. 
Bagamoyo hat durch das eindrucksvolle Zollgebäude 
mit seinen beiden Flügelthürmen, durch das im Bau 
begriffene hübsche Bezirksamt und die große Zahl 
steinerner Privathäuser eine an Sansibar erinnernde, 
großstädtisch anmuthende Stirnseite (Front) bekommen. 
Verhältnißmäßig am wenigsten verändert fand ich 
das landschaftlich herrlich gelegene Pangani; es hatte 
durch den Aufstand weniger gelitten und erschwerte 
durch die gedrängten Fluchten seiner eng aneinander- 
gerückten Steinhäuser durchgreifende Regelungen in 
hohem Maße. 
Sämmtliche Orte prangten in reichem Schmucke 
von Palmwedeln, jedes Haus, fast jede Lehmhütte 
ließ die deutschen Farben vom Dache wehen. Die 
Bevölkerung nahm überall erwünschten Anlaß, ihrer 
Freude durch Gomaschlagen Ausdruck zu geben. In 
Bagamoyo waren es die Inder, geführt von dem 
inzwischen verstorbenen Sewa Hadji, in Pangani die 
Araber, welche ein Schauri erbaten, um ihre Salss 
darzubringen. 
Besondere Dankbarkeit bezeigte die indische Be- 
völkerung Bagamoyos für die Leistungen der Regle- 
rungsschule. Ich hatte Gelegenheit, mich persönlich 
davon zu unterrichten. Im Untergeschoß des statt- 
lichen Gebäudes ertheilt der indische Lehrer Gujerati 
Lese= und Schreibunterricht an 20 bis 30 fünf= bis 
zehnjährige Kinder, während im Obergeschoß die 
Aelteren nach deutschen Grundsätzen unterrichtet wer- 
den. Die überwiegende Mehrzahl der etwa 60 Schüler 
sind Inderknaben von 10 bis 16 Jahren. Die 
Unterrichtssprache ist Kisuaheli, Deutsch ist Lehrgegen- 
stand; am meisten überrascht hat mich die in einzelnen 
Fällen tadellos schöne Schrift; die Leistungen im 
Schönschrelben brauchen den Vergleich mit einer 
deutschen Klasse nicht zu scheuen. Auch die deutschen 
Diktate waren erfreulich; dagegen wird die Aussprache 
des Deutschen den Hindus schwer. 
Der im wahrsten Sinne „Vöffentlichen“ Prüfung 
— etwa 50 indische Väter wohnten ihr bei — schloß 
sich eine von Sewa Hadji veranstaltete Preisverthei- 
lung an. Sehr hübsch waren die deutschen Gesänge 
der Kinder, die ich in der Regierungsschule und in 
der katholischen Mission zu hören Gelegenheit hatte. 
Besonders die Letztere leistete im Gesange Hervor- 
ragendes, wobei ein schwarzer Zögling mit viel Ge- 
schick die Orgel handhabte. 
In der deutschen Schule in Tanga wurde Kisua- 
heli flott gelesen und gut geschrieben. Ueberraschend 
314 
  
waren die Kenntnisse der Schüler in der Geographie 
Ostafrikas. 
Von Bagamoyo aus besuchte ich die Pflanzung 
Kitopeni der Mrima-Land= und Plantagengesellschaft 
(Hansing & Co.). Zu den 500 Morgen bisherigen 
Bestandes sind in diesem Jahre 460 weitere hinzu- 
gekauft. 200 davon sind unter Kultur. Die Lage 
der Pflanzung ist, bei der geringen Entfernung (zwei 
Stunden von Bagamoyoy), bei dem vorzüglichen Wind- 
schutz des Thalkessels und bei der natürlichen Feuch- 
tigkeit des Grundes außerordentlich günstig. Der 
Leiter Herr Mazarin hat, unterstützt von einem 
deutschen Gärtner, den Bau eines aus Eisen und 
Backsteinen bestehenden Hauses soeben begonnen; 
während die bisherige Behausung der Herren nur 
eine in ein makutigedecktes Lehmhaus eingebaute 
Pappbaracke ist. Zur Bewässerung sind mehrere 
Cementröhrenbrunnen angelegt, außerdem ist durch 
ein von fließendem Wasser gespeistes Pumpwerk mit 
einem Netze von Leitungsröhren für Regelung und 
Vertheilung der Feuchtigkeit gesorgt. Stellenweise 
ist zum ständigen Feuchthalten der Wurzeln Dung 
aufgetragen. Anderenorts sind versuchsweise üppige 
Bananenstauden zwischen die Vanille gepflanzt, welche 
in der feuchten Zeit große Mengen Wasser aufsaugen, 
die sie, in der trockenen Zeit (September) umgehauen, 
dem Boden wieder mittheilen. 
Die Hauptkultur ist Vanille. Als Schattenbaum 
gegen die senkrecht einfallenden Sonnenstrahlen ist 
überwiegend die fiederblätterige Albizzia ausgesetzt. 
Gegen die seitlichen Strahlen bieten die Sträucher, 
an denen die Pflanze hinaufrankt, genügenden Schutz, 
fast ausschließlich der Krotonstrauch, stellenweise Bixa- 
orellana, von der früher auch ein rother Farbstoff 
gewonnen wurde. Als junge Ranke angebunden, 
rankt die Vanille später von selbst weiter. Für Va- 
nille wie für Kaffee ist genügende Beschattung eine 
Hauptsache. So waren denn auch die gut beschatteten 
Pflanzen außerordentlich kräftig; wo sie der Sonne 
stärker ausgesetzt sind, stehen sie nicht ebenso gut. 
Die berühmte Vanille der katholischen Mission Baga- 
moyo, die ich zugleich zu sehen Gelegenheit hatte, ist 
allerdings erheblich kräftiger; dies ist eben ein Erfolg 
der jahrzehntelang darauf verwendeten Kulturarbeit 
und Erfahrung. Da die Schattenbäume bereits eine 
erhebliche Größe erreicht haben müssen, wenn sie in 
Dienst treten sollen, so muß ihre Zucht einige Jahre 
vor der der Vanille beginnen; ich fand zum Aus- 
setzen fertige Schattenbäume auf einem Gebiet, dessen 
Besteckung mit Vanille für drei Jahre Arbeit ge- 
nügen dürfte. 
Ein ganz anderes Bild bietet die Pflanzung 
Kikogwe bei Pangani; sie macht mit ihren schönen, 
rechteckig den Hof umgebenden Wirthschaftsgebäuden, 
mit ihren 6 m breiten, kilometerweit nach allen Rich- 
tungen mit dem Eselzweigespann des Herrn Lauther- 
born von mir befahrenen Straßen, mit ihrem reichen 
Bestande an landwirthschaftlichen Maschinen, unter 
denen auch eine Lokomobile von sieben Atmosphären
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.