Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

— 
Schneidemühle sicher auch die Küste und Sansibar 
zu ihren Abnehmern zählen dürfen. 
Die verlassene Pflanzung der Deutsch-Ostafrika- 
nischen Gesellschaft Herne, für die, wie ich höre, ein 
Käufer gesucht wird, habe ich nur auf dem Durch- 
ritt gesehen. Die Zahl der Bäume wird auf 150000 
geschätzt. Sie sind durch die Hemileia vollständig 
verwüstet. An der Hand dieses Beispiels bin ich 
geneigt, der Ansicht erfahrener Pflanzer belzupflichten, 
daß die Blattkrankheit nur bei völliger Vernachlässi- 
Zung eine wirkliche Gefahr für die Pflanzungen ist. 
ie ist in allen Ländern anzutreffen, wo Kaffee ge- 
baut wird; ein einfaches, aber fast sicheres Mittel 
besteht in dem sorgfältigen Abnehmen der erkrankten 
Blätter und möglichster Kräftigung des befallenen 
Banmes, nöthigenfalls durch Düngung. Im Noth- 
falle ist der Baum ganz herauszunehmen. Die bisher 
versuchte Art der Samendesinfizirung ist gefährlich, 
weil sie die Keimkraft derselben tödtet, und zwecklos, 
weil die Krankheit nicht einschleppt, sondern überall, 
wo in Afrika Kaffee wild wächst, festgestellt ist. 
ineswegs liegt für Usambara ein Grund vor, einen 
Nothstand zu fürchten, wie er in den siebziger Jahren 
lür Ceylon eintrat. Die Hemileia ist harmlos, 
wenigstens im Vergleich zur Wurzellaus (Milliboch, 
ie glücklicherweise nur ganz vereinzelt auftritt. Ich 
sah zwei oder drei abgestorbene Bäume. Ein Mittel 
dagegen sind Schwefelkohlenstoffkapseln; dieselben 
helfen aber nur auf kurze Zeit, und die erforderliche 
achtwöchige Erneuerung der Entseuchung verbietet 
sich durch die hohen Kosten. 
Auch Ngwelo (Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft) 
mit seinem stattlichen thurmgeschmückten Herrenhause 
auf flacher Bergkuppe, mit dem weiten Blick über 
reizvolle Thäler und Berge, über die Küstenebene 
nach Pangani und über Sansibar hinweg macht einen 
ganz vorzüglichen Eindruck. Die Plantage wurde 
in März 1892, ein Jahr später als Nderema, an- 
gelegt. Im Juli trafen die ersten ostasiatischen Ar- 
beiter ein und schon im Dezember konnten die ersten 
Pflanzen ausgesetzt werden. Dies wurde von da ab 
nach jeder Regenzeit wiederholt, so daß jetzt Agwelo 
180 oo, bie Nachbarpflanzung Union 1700000 Bäume 
offea arabica) stehen hat. 
Die Arbeiterwohnungen sind durchweg gut. 
Agwelo hat den Vorzug, stündiger Wohnsitz des ge- 
meinsamen Arztes der Pflanzungen zu sein und 
Akzneimittel und Krankenstuben zu besitzen. Unsere 
Gemüse gedeihen überall gut. In Nderema sah 
ich außer Kaffee auch Thee und Zimmt, ebenso Kar- 
damom. Auch Kaffeeblätter werden hier neuerdings 
zur Herstellung von Kaffeeersatzmitteln in Europa 
abgeerntet. Als Viehfutter gedeiht die Luzerne. 
Auf 39 Schlangenwegen (Serpentinen) abwärts 
relsend, erreichte ich Lunguzo, die neueste der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaftspflanzungen, bereits auf 
dem Uebergange zur Ebene gelegen, dem Wesen nach 
ewa vergleichbar. Die Arbeiten werden von zwei 
englisch sprechenden Singalesen geleitet und von 
  
317 — 
Nderema beaufsichtigt. Es wird fleißig gerodett 
200 000 Pflanzen harren in Samenbeeten des Aus- 
setzens. 5000 Bäume haben eine Höhe von etwa 
80 cm erreicht. Man hat hier von vornherein nur 
Liberiakaffee ausgesetzt. Den Wohnungsbedürfnissen 
von Europäirn ist noch nicht genügt. 
Von Ngwelo über Union nach Nordosten aus- 
biegend, gelangte ich nach Bulwa, Pflanzung der 
Union-Kaffeegesellschaft. Das Gelände besteht aus 
mehreren halbkreisförmig sich aneinanderreihenden 
Kesselthälern, deren steile Hänge zu ebenmäßigen 
Terrassen abgestuft sind. Dadurch gewinnen sie ein 
eigenartiges Aussehen, welches — namentlich von 
der einer Arena vergleichbaren Sohle aus gesehen — 
lebhaft an den Stufenrundbau antiker Theater er- 
innert. Die peinliche Sorgsamkeit, mit der auf Bulwa 
in jeder noch so geringfügigen Sache gearbeitet wird, 
ist derart in die Augen springend, daß man mit 
großem Vertrauen zu dem Leiter Herrn Koppe- 
schar, welcher zudem auf eine 25 jährige Pflanzer- 
thätigkeit in Java zurückblickt, erfüllt wird. 
Ein eigenartiges, aber nicht unzweckmäßiges Ka- 
sernirungsverfahren besteht für die farbigen Arbeiter; 
aus Bambusflechtwerk mit Lehmbewurf und Well- 
blechdächern sind langgestreckte Häuser gebaut mit 
Einzelstuben für vier bis sechs Mann, deren Betten 
nach Art der Einrichtung heimischer Kasernenstuben 
übereinander an der Wand angebracht sind. Es 
können auf diese Weise ohne Schwierigkeit 500 Jung- 
gesellen untergebracht werden; Wohnungen für Ver- 
heirathete werden entsprechend geringer belegt. Hier 
sah ich auch, wie in Ngwelo-Union, eine Wasser- 
leitung, vermittelst welcher in gemauertem Rinnstein 
das Naß hochgelegener Quellen in Zickzackführungen 
über einen großen Theil der Pflanzung geleitet wird, 
eine meines Erachtens höchst zweckmäßige Anlage. 
Im Thale arbeitete eine mit einfachen Mitteln her- 
gestellte Ziegelei, welche aus dem massenhaft zur 
Verfügung stehenden Lehm sehr brauchbare Backsteine 
liefert. Ein Trockenhaus nebst den nöthigen Maschinen 
wird im Mai in Tanga erwartet, die Flächen für 
die Gebäude sind bereits eingeebnet und abgesteckt. 
Arbeitermangel herrscht nicht. Zur Zeit stehen 170 
Mann zur Verfügung, welche von zwei Javanen 
beaufsichtigt werden. Es erhalten täglich Marken 
die Männer im Werthe von 32, die Frauen von 24, 
die Kinder von 16 Pesa, welche in dem von einem 
Somali gehaltenen Laden in Zahlung genommen, 
bezw. Sonnabends von der Leitung eingelöst werden. 
Im Ganzen sind 120 ha in Arbeit, welche je 
mit 2000 bis 2500 Bäumen besetzt sind. Außerdem 
stehen 90 000 Pflänzchen, für welche die Löcher auf 
den Terrassen in Arbeit sind, in mit vorzüglicher 
Sorgfalt gepflegten Samenbeeten; sie sind allerdings, 
well nach Ansicht des Herrn Koppeschar eine Be- 
schattung nicht geboten ist, der Sonne frei ausgesetzt. 
Die Bäume sind ausnehmend kräftig und tragen auf 
den Bergen besonders in der Nähe der Wirthschafts- 
gebäude überreichlich; 60 Sack Kaffee lagen in einer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.