Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

die wie alle anderen noch nicht lange geräumt sein 
konnten, mitten im Gebüsch. Allem Anschein nach 
war auch hier der die Seuche betreffende Erlaß der 
Regierung bekannt, doch ließen es die Eingeborenen 
darauf ankommen, ob revidirt werden würde. Nach 
Mittheilung meines ersten Führers hatten außerdem 
die Viehdiebe, welche bei der Kunde von dem An- 
reiten der Patrouille des Premierlieutenants Bethe, 
an der auch ich theilgenommen, im September v. Is. 
den Mittellauf des Fischflusses verlassen und ihre 
Schritte nach dem uns wenig bekannten Theil des 
Orange gelenkt. Als nun die Nachricht von meinem 
Nahen dorthin kam, flohen die Hottentotten und 
Buschleute meist nach Norden, zum Theil auc ins 
englische Gebiet, nachdem sie ihre Tabakpflanzungen 
vernichtet hatten. 
Am „Loreley“-Berg ist dicht am Fluß auf dem 
rechten Ufer keine Möglichkeit, weiterzukommen. Die 
Eingeborenen durchschreiten daher an jener Stelle 
den Orange und benutzen bis Sendlingsdrift elnen 
imT leider unbekannt gebliebenen Wagenweg auf der 
englischen Seite. Da mich 
Stromes überraschte, war ich genöthigt, einen Um- 
weg durch das Nuobrevier zu machen. Dicht bei- 
einander liegen zwischen Kl. und Gr. Aub drei 
gute Quellen. Bei dem letzteren stieß ich auf die 
Werft des Bethanier-Ambtenars David Zechab, 
der mit Rücksicht auf die Rinderpestgefahr sofort 
zum Trekken „klar machen“ ließ und nicht nur ver- 
sprach, mich beim Durchführen der Regierungsver- 
ordnungen zu unterstützen, sondern es später auch 
that. Dieses schöne Thal, welches zu beiden Seiten 
von hohen Bergen begleitet wird, unter welchen sich 
östlich der höchste Gipfel des Gebirges, der Hohen- 
zollernberg, befindet, hat ebenfalls plötzlich ein Ende, 
und quer durch die Berge muß man weiter. Ein 
Pfad geht über diese nach Huns, der andere nach 
der Wasserstelle Namus. Daselbst standen die 
Werften zweier Grootfonteiner Bastards und eines 
Damera, welche über Witpütz nach dem Norden ge- 
zogen sind. 
Bei Namus treten an Stelle der Fußwege solche 
für Wagen nach Sendlingsdrift und der Mündung 
des Orange, sowie nach Witpütz. Wegen der Ge- 
birge aber müssen große Bogen mit dreitägigen und 
längeren Durststrecken gemacht werden. Der Zustand 
der Wege ist ein guter bis auf den letzten Theil 
desjenigen nach der Mündung, wo tieser Sand einen 
Verkehr sehr behindert. Ein Befahren des Orange 
ist mit Kähnen oder Flößen wohl streckenweise mög- 
lich, jedoch immer wieder kommen Stellen, wo dies 
durch Felsen unmöglich wird. Die Beseitigung dieser 
Felsen wäre eine sich nie rentirende Ausgabe, da 
eigentlich nur die versandete Mündung mit einer 
quer vorgelagerten Sandbank den Uebergang zum 
Meere ausschließt. Die bisherigen Karten verleiten 
zu vielen falschen Annahmen, ganz abgesehen von 
der Bergzeichnung. Aussenkier und Nabas liegen 
dicht beieinander, eine Gadaosfurt giebt es nicht 
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das Abkommen des. 
  
mehr, da ein ehemals dort befindliches Boot bereits 
seit sechs Jahren fort ist. Bei Langhans, wo 
der Unterlauf auch mit einigen Namen geschmückt 
ist, sind fast alle Namen verdreht, die Furten 
stimmen nicht 2c. Das „Skorpionenthal“ mag ein 
schöner Name sein, existirt aber in Wirklichkeit 
nicht, ebenso wenig giebt es dort einen Wasserlauf 
bezw. Revier. 
Weiter nördlich, zwischen 27° 40 und 27° 50“ 
sind auf den Karten zahlreiche Wasserstellen ver- 
zeichnet, auf die ich anfangs rechnete. In Wirklich- 
keit sind es alle, wie ich leider selbst erfahren mußte, 
schnell wieder austrocknende Wasserbänke. Zum Theil 
fehlen sie überhaupt, oder sie sind falsch gezeichnet. 
Die Wasserstellen von Huns nach Süden und Westen 
sind nur Witpütz und Dierkloof und Namus, dahin- 
gegen liegt nach Osten und am Goangib QOuelle 
an Quelle. Mit dem Weidefeld für Pferde 
und Ochsen ist es schlecht bestellt. Abgesehen von 
den kleinen Queckstellen findet man nur unterhalb 
des Fischflusses Gras in vereinzelten Halmen, allein 
bei der „Loreley“ ist es nennenswerth. Meine 
armen Thiere magerten zu Gerippen ab. Die Ochsen 
mußten sich meist mit Blüthen eines Wasserbusches 
begnügen, die Esel fraßen Baumrinde, sogar Holz. 
Anstatt daß das Feld, wie mir gesagt worden war, sich 
verbesserte, wurde es immer schlechter. Nur unter- 
halb Gord Dorn-Drift beginnt eine weite, schöne 
Queckgrasfläche, welche, nach dem dort bislang weiden- 
den Rindvieh zu urtheilen, vorzügliches Futter ab- 
geben muß. Auch weiter nördlich, weit ab vom 
Fluß, gab es kein Gras, erst wenige Stunden vor 
Witpütz erreichten wir es. Dahingegen findet Klein- 
vieh in dem baum= und buschreichen Orange reich- 
liche und gute Nahrung. 
Meine Patrouille galt vornehmlich der Durch- 
führung der Rinderpestverordnungen. Auf dem ersten 
Theil meines Weges wurden mir gar keine Schwierig= 
keiten bereitet, abgesehen von einem Fall am Fisch- 
fluß (8. Dezember). Eine vom englischen Ufer 
herübergelausene Kuh war, wie befohlen, erschossen 
und verbrannt worden. Als wir uns kurz darauf 
zur Ruhe gelegt hatten, gab man aus dem Gebüsch 
mehrere Schüsse auf uns ab, ohne Jemanden zu ver- 
wunden. Ich ging mit zwei Mann Patrouille, es 
wurde noch einmal geschossen, doch nichts war bei 
der Dunkelheit zu finden. Am folgenden Morgen 
„schnitt ich Spur“ und soh, daß dieselbe über den 
Fluß zum englischen Ufer ging. Es wird ein Rache- 
akt gewesen sein. 
Im Allgemeinen war das Benehmen der Leute 
scheu und wenig freundlich. Nur selten bekam man 
einen Buschmann zu Gesicht und dann auch nur auf 
der Flucht; es machte den Eindruck, als ob die Leute 
ein schlechtes Gewissen hätten. Selbst auf dem eng- 
lischen Ufer, wo auch zahlreiche Werften stehen, eilten 
die Hottentotten mit allem Vieh davon. Zwischen 
Gais und Angwigarub erwartete man meinen Unter- 
offizier und mich mit geladenem Gewehr hinter
	        
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