Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Umstande zu danken, daß einige vernünftige Häupt- 
linge in ihrem Gebiet dies Treiben nicht gestattet 
aben. 
Trotz vielfacher Berührung mit der nahen Küste 
sind die Wamuêra sehr scheu. Diese Eigenschaft und 
der Mangel jedes größeren politischen Gemeinwesens 
machen es für die Station schwer, mit ihnen in Ver- 
kehr zu treten und auf sie einzuwirken. 
Bei den Wamutzra tätowiren sich beide Geschlechter 
auf Gesicht und Leib mit sehr tiefen, aufgeworfene 
Narben hinterlassenden Schnitten und oft in so aus- 
gedehntem Maße, daß die Haut ein teppichähnliches 
Aussehen bekommt. 
Zu dem Lupelele tragen die Wamusraweiber ost 
noch einen Holzkeil in einer Durchbohrung der 
Unterlippe. 
Die Wamusra, besonders die der Küste zunächst 
wohnenden, stehen in dem Rufs, professionelle Diebe 
zu sein. Sie sollen die Knaben systematisch zu Die- 
ben und Einbrechern heranziehen und die gewandteren 
nach ihrer Ausbildung zur Ausübung ihres Gewerbes 
in die Küstenstädte schicken. 
Für die westlich und südwestlich von Umusra 
wohnenden Makua, Wajaue und Wamatambue lassen 
sich Gebietsgrenzen nicht mehr bestimmen. Ein ge- 
schlossener Theil der Makua unter der Herrschaft des 
Hattia stehend, bewohnt das Lukuledithal etwa vom 
Einfluß des Mahiba aufwärts bis zum Ndauda; in 
den Landschaften Lukuledi und Masassi finden sich 
Makua und Wajaue mit Wanjassa vermischt, in dem 
Waldland zu beiden Seiten des unteren Bangala 
wohnen hauptsächlich Makua. Diese überwiegen auch 
in Madjedje, wo außerdem noch sämmtliche genannten 
Stämme vertreten sind. 
Am nördlichen Ufer des Rovuma finden wir 
vorherrschend Wajaue, vertreten durch ihre Zweig- 
stämme die Wachingori, Wamachinge, Wankurra und 
Wamanganga, ferner Wamatambue, wobei der Stamm, 
welchem der Häuptling angehört, jeweils das Ueber- 
gewicht hat, melst auch in Ueberzahl ist. Außerdem 
giebt es dort Makua und Wanjassa, welch letztere 
hauptsächlich durch arabische und Suahelihändler als 
Sklaven eingeführt worden sind. 
Nach Westen zu nimmt die Bevölkerung im All- 
gemeinen an Dichtigkeit ab. Das Thal des Lukuledi 
und die Landschaft Masassi sind noch verhältnißmäßig 
gut bevölkert, dann aber ist die Bevölkerung sehr 
dünn gesät und die einzelnen Dörfer liegen oft meh- 
rere Tagemärsche auseinander. 
Am Rovuma von Makotscheras Dorf aufwärts 
finden sich menschliche Wohnstätten nur auf den In- 
seln und dicht an den Ufern des Flusses, allerdings 
in fast ununterbrochener Reihenfolge. Durch die 
Kriegszüge der Magwangwara sind diese Gegenden 
entvölkert und die Bewohner nach Süden und Osten 
zurückgedrängt worden. « 
Die Gemeinwesen sind hier größer und geschlosse- 
ner als in Umucêzra, besonders Hattia, dann die 
Häuptlinge am Rovuma Magono, Makotschera, Kit- 
  
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wanga und vor allen Dingen Mtotela und Hundi 
gebieten über eine größere Anzahl von Leuten und 
genießen hohes Ansehen. Freilich ist die Macht aller 
dieser Gebietsherren seit etwa 20 Jahren zurückge- 
gangen, Familienzwistigkeiten haben den jetzigen Hatlia 
des unumschränkten Einflusses, den einst sein Groß- 
onkel und in vermindertem Maße noch sein Onkel 
auf die im Lukuledithal wohnenden Makua ausübte, 
größtentheils beraubt. 
Der frühere Reichthum der Häuptlinge am Ro- 
vuma und ihrer Unterthanen ist durch die Magwang= 
wara zerstört worden, die auch dadurch, daß sie 
wiederholt eine Menge von Leuten als Sklaven weg- 
schleppten, die Macht und das Ansehen der Sultane 
sehr verminderten. 
Es wird hier neben Negergetreide, Mahogo und 
den bekannten einheimischen Bohnenarten auch Tabak 
angebaut, der, zunächst für eigenen Gebrauch bestimmt, 
auch an die durchziehenden Händler und zur Küste 
verkauft wird. 
Das Rovumathal erzeugte früher viel Reis, nach- 
dem aber in den letzten beiden Jahren durch die 
Heuschrecken die Ernte zweimal vollständig verwüstet 
worden ist, haben die Bewohner infolge Mangels an 
Samen eine Neubestellung der Felder mit diesem 
Getreide unterlassen müssen. Ich habe denselben in 
Aussicht gestellt, daß sie in Lindi und Milindani 
Saatgetreide unentgeltlich erhalten würden. 
Wle schon erwähnt, ist der Viehstand besonders 
am Rovuma durch die Magwangwara vollständig 
vernichtet worden, die Eingeborenen besitzen dort nur 
noch Hühner. 
Seit etwa zwei Jahren wird aus dem weiten 
Waldgebiet zwischen dem mittleren Rovuma und dem 
oberen Lumbemkuru das Wachs wilder Bienen, welche 
sich dort in zahllosen Schwärmen aufhalten, seitens 
der Eingeborenen gewonnen. 
Die Wachssammler, von denen meist einige zu 
gleicher Zeit Jäger sind, die dann für Nahrung 
unterwegs zu sorgen haben, ziehen in Trupps zu 
fünf bis zehn Mann in den Wald, wo sie die wilden 
Bienen ausräuchern und Wachs und Honig entnehmen. 
Geschieht dies im eigenen Gebiet, so bringen sie ge- 
wöhnlich aus Baumrinde hergestellte röhrenförmige 
Behälter für die Bienenschwärme an den Bäumen an. 
Fast in jedem größeren Dorfe am Rovuma und in 
Madjedje traf ich auf Küstenleute, welche Wachs gegen 
Zeuge von den Eingeborenen eintauschten. 
Bei der großen Ausdehnung des Waldgebietes, 
welches die Wachssammler nur zum geringen Theile 
absuchen können, ist eine Steigerung der Wachspro- 
duktion noch zu erwarten, dieselbe wird auch bei der 
stark zunehmenden Bevölkerung, welche ihre Wohn- 
stätten in das Waldgebiet vorschiebt, gesichert er- 
scheinen, wenn die Bewohner zur Bienenzucht all- 
mählich angehalten würden. «- 
Die volkreichen Stämme der Makua und Wajaue, 
von welchen, wie erwähnt, Theile von Süden und 
Südwesten her aus der portugiesischen Kolonie, wo
	        
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