Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

sie heute noch ihren Hauptsitz haben, in unser Schutz- 
gebiet eingewandert sind, erregen unser besonderes 
Interesse, weil sie an Intelligenz entschieden den 
Nachbarstämmen überlegen sind und sich uns auch 
zugänglicher als diese erweisen. Ursprünglich Jäger- 
völker, die den Ackerbau nur so weit trieben, als es 
für ihren Unterhalt unbedingt nöthig war, sind sie 
durch die starke Verminderung des Wildstandes jetzt 
völlig auf den Feldbau als Unterhaltungsquelle hin- 
geführt worden. Die unternehmungslustigen Wajaue 
treiben außerdem Handel; alljährlich kommen ihre 
zahlreichen Karawanen, meist Elfenbein, Gummi und 
Tabak führend, nach Lindi und Milindani. 
An Charakter sind beide Volksstämme sehr ver- 
schieden. Die Wajaue geistig sehr geweckt, von rascher 
Auffassungsgabe, unternehmungslustig, aber nicht be- 
ständig und wenig zuverlässig, die Makua lang- 
sameren Geistes, bedächtig, von großer Ausdauer und 
Beharrlichkeit, aber zuverlässiger und treuer. So 
würden die Letzteren ein gutes Ersabmaterial für 
unsere Schutztruppe liefern, zumal sie als Jägervolk 
für den Beruf des Soldaten sich von vornherein 
besonders eignen. 
Die erwähnten Stämme, besonders die Wamuera, 
haben wenig Sklaven, selbstverständlich überhaupt 
nur Haussklaven, die durch verwandtschaftliche Ver- 
bindung mit Freien oft nach wenigen Jahren schon 
die Freiheit wieder erhalten, deren aus Ehen mit 
Freien hervorgegangene Kinder wenigstens stets Freie 
werden. 
Anklagen wegen Zauberei und Hexerei, deren 
Opfer getödtet, jahrelang in der Gabel gefesselt oder 
als Sklaven verkauft werden, und die durch Gene- 
rationen hindurch fortlaufenden Familienkriege, in 
denen selbst das entfernteste Glied der Sippe nicht 
geschont wird, liefern immer aufs Neue Sklaven. 
Unserem immer mehr sich geltend machenden Ein- 
fluß wird es hoffentlich gelingen, diesen Uebeln ein 
Ende zu bereiten, insbesondere die für die gedeihliche 
Entwickelung des Volkes zur Gesittung und zum 
Wohlstand ein so großes Hinderniß bildenden Fami- 
liensehden, die fast nie zum Abschluß kommen, weil 
ein beiden Theilen gerecht werdender Friede nahezu 
unmöglich ist, durch unsere Autorität endgültig zu 
beseitigen. 
Die Station Lukuledi der deutschen katholischen 
Mission vom Orden St. Benediktus, wo gegenwärtig 
ein Pater, ein Bruder und drei Schwestern wirken, 
liegt auf dem rechten Ufer des Lukuledi in der Land- 
schaft gleichen Namens und. besteht seit ungefähr 
zwei Jahren. 
Die Mission hat sich ein Verdienst dadurch er- 
worben, daß sie von der Station nach dem Dorf 
Chikukwe — etwa 12 km — einen fast geradlinig 
geführten, ungefähr 2½ m breiten Weg angelegt hat. 
Seitens derselben Missionsgesellschaft ist an dem 
Einfluß des Nyangau in den Lukuledi, an einem gut 
gewählten Platz, mit der Anlage einer Station im 
Oktober v. Is. begonnen worden. 
377 
  
Auf der in Masassi gelegenen Station der engli- 
schen Universities Missionary Society sind alle Gebäude 
in Bambus hergestellt, und die Wohnungen befinden 
sich zu ebener Erde, aber die erhöhte Lage am Hange 
des Mtandiberges, der felsige Untergrund und immer 
fließendes gutes Quellwasser machen die Station zu 
einem für Europäer geeigneten Aufenthalt. Diese 
Mission besteht seit 18 Jahren. Besondere Aner- 
kennung verdienen die eifrigen Bemühungen der dor- 
tigen Missionare, nicht nur um die Kenntniß der 
Suahelisprache unter der Bevölkerung zu verbreiten, 
sondern auch den befähigteren Schülern das Schreiben 
des Kisuaheli in lateinischen Lettern zu lehren. 
Die Missionen Lukuledi und Masassi stehen zu- 
einander in gutem Einvernehmen. Beide Missionen 
sind mir insbesondere bei Ordnung der politischen 
Verhältnisse sehr entgegengekommen; dem Reverend 
Porter, Leiter der Station Masassi, welcher zweimal 
im Lande der Magwangwara war, verdanke ich 
werthvolle Information über diesen Volksstamm. 
Um den Handel in Tabak und Flußpferdzähnen, 
der zwischen den portugiesischen Wajaue des Mtarika 
und Mataka und unseren Küstenstädten besteht, mög- 
lichst zu fördern, ferner um unseren Wachshandel zu 
heben, habe ich den Karawanenweg vom Rovuma 
nach Lindi verbreitern und soweit als möglich gerad- 
linig führen lassen, indem ich jedem Jumben eine 
bestimmte Strecke zutheilte. Wie ich jetzt aus guten 
Quellen erfahren, ist ein großer Theil der insgesammt 
400 km langen Strecke bereits fertiggestellt worden. 
Diesen Arbeiten wohnt auch eine erzieherische 
Wirkung inne, ebenso läßt sich an ihrer mehr oder 
minder raschen und guten Durchführung der Einfluß 
der Jumben auf ihre Leute erkennen. 
In der Landschaft Masassi wird Kochsalz ge- 
funden. Etwa eine Stunde südlich vom Mtandiberg 
in der Nähe des Zusammenflusses der Makomaschira 
und des Kironjibaches, welche salzhaltiges Wasser 
führen, wird zur Trockenzeit der Boden ausgelaugt und 
durch Sieden das Salz, dessen Hauptbestandtheil 
Kochsalz ist, daraus gewonnen. Die Bevölkerung 
von Masassi, Madjedie und dem Rovumathal ver- 
sorgt sich dort mit diesem Mineral, auch die Mag- 
wangwara lommen in kleinen Trupps dahin, um Salz 
zu sieden, was man sie auch unbehelligt thun läßt. 
Im südlichen Madjedie am Malombeberg wird 
Eisenerz gefunden, welches an Ort und Stelle ver- 
hüttet und zu Aexten, Spaten und Messern verar- 
beitet wird. Die dort gefertigten eisernen Geräthe 
finden Absatz bei den Bewohnern des Rovumathales. 
In dem Waldgebiet zwischen dem Rovuma und 
dem Lumbemkuru gab es früher viel Wild aller Art; 
insbesondere alle Spalthufer von der Schopfantilope 
bis zur Elenantilope und dem Büffel. Die hier bis 
Anfang 1895 wüthende Viehseuche hat sehr unter 
dem Wild aufgeräumt, insbesondere haben die großen 
Antilopen, die Kudu= und die Elenantilope sehr unter 
der Seuche gelitten; der Bestand derselben ist nahezu 
vernichtet worden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.