Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

— 382 — 
stark verwachsen. Wir bezogen Lager in einem von 
niedrigem Busch umgebenen verlassenen Dorf. Am 
Nachmittag kam es zwischen einigen unserer Leute 
und einigen Eingeborenen zu einer unerheblichen 
Streiterei, die weiter keine Folgen hatte. Nur 
abends spät machten sich die Benjata das Vergnügen, 
aus unmittelbarer Nähe vier Schuß mitten in unser 
Lager hinein zu feuern und dann fortzulaufen. 
v. Carnap und ich saßen gerade beim Schein der 
Laterne vor meinem Zelt und hörten in unmittel- 
barer Nähe die Eisenstücke sausen. Selbstverständlich 
wurden die Posten verstärkt, doch ließ sich von den 
Eingeborenen weiter nichts sehen. Diese Benjata 
sind der einzige Stamm an der Straße von Kribi 
zum Sanago, welche noch unbotmäßig sind; ihre 
Züchtigung und Unterwerfung wird von der Station 
Yaünde voraussichtlich ohne Schwierigkeit in nächster 
Zeit bewirkt werden. 
Am 23. erreichten wir das Batschengedorf des 
Häuptlings Kule und übernachteten in Ewuna, auf 
dem Südufer des Sanaga an den Nachtigalschnellen 
gelegen. Hierher schickte der befreundete Nua Tinati 
abermals Boten mit der Meldung, daß Ngilas Feld- 
herr Gimene in den Mangodörfern über 40 Sklaven 
geraubt und seine ganze Kriegsmacht um sich ver- 
sammelt habe, um einen neuen großen Raubzug 
südlich des Sanaga zu unternehmen. Da hierdurch 
die der Station befreundeten Stämme und die 
Station selbst aufs Ernsteste bedroht erschienen, war 
Eile geboten. 
Am 24. Januar überschritten wir in 16 Kanus, 
die Pferde schwimmend, den etwa 500 m breiten 
Sanaga unterhalb der Nachtigalfälle, welche einen 
prächtigen Anblick boten. Durch hügelige Gras- 
savanne reitend, kamen wir um 11 Uhr vormittags 
in das in Bergen liegende Wutedorf Tüngele, einem 
Sklaven Ngilas gehörig, wo wir Lager bezogen. 
Noch an demselben Tage marschirte von hier aus 
Lieutenant Dominik und Büchsenmacher Zimmer- 
mann mit einer starken Patrouille der Truppe in 
der Richtung auf Ngila ab, während Lieutenant 
v. Carnap und ich mit 15 Mann uns der Er- 
forschung der Umgebung widmeten. 
Lieutenant Dominik hatte den Auftrag, Ngila 
vor weiterem Landfriedensbruch zu warnen, ihn vor 
mich zu laden und, wenn möglich, sich mittelst eines 
Handstreichs seiner Person zu bemächtigen. 
Schon am 27. Januar hatte ich die Freude, 
Dominik und Zimmermann unverletzt wieder- 
zusehen. Die Nacht vom 24. auf den 25. hatte 
Dominik am Allanfluß biwakirt und dann aom 
Nachmittag des 25. nach scharfem Marsch die Resi- 
denz des Häuptlings Ngila erreicht. Er fand die- 
selbe von bewaffneten Kriegern überfüllt, nach deren 
ganzem Verhalten er nicht in Zweifel sein konnte, 
daß Ngila feindliche Absichten gegen die Expedition 
im Schilde führte. Lieutenant Dominik wies daher 
einen in sehr ungünstiger Position ihm angebotenen 
Lagerplatz zurück und zog mit seiner kleinen Macht 
  
direlt auf den Marktplatz, wo er bald von über 
1000 Wutekriegern umringt war. Als die Haltung 
derselben immer drohender wurde und bereits höh- 
nische Ruse laut wurden, daß man die Weißen 
lebendig fangen würde, beschloß Lieutenant Dominik, 
den eigentlichen Angriff nicht erst abzuwarten, son- 
dern seinerseits zum Angriff überzugehen. Die 
Schutztruppe brach mit Hurrah gegen die sie um- 
ringende zwanzigfache Uebermacht vor und es gelang 
ihr, den Feind aus der Stadt zu werfen. Bei dieser 
Gelegenheit wurde der farbige Feldwebel Zampa, 
der neben Lieutenant Dominik klämpfend einen 
Pfeilschuß erhielt, verwundet, jedoch machte er das 
Gefecht bis zum Schlusse mit. Dem Häuptlin 
Ngila gelang es leider, zu entkommen. Die |0 
gung dieses mächtigen und gefürchteten Sklavenräubers 
hat jedoch wesentlich zur Stärkung des Ansehens der 
Kaiserlichen Regierung in jener Gegend beigetragen. 
Am 28. ging ich mit der gesammten Expedition 
über den Sanaga in unser altes Lager in Ewuna 
zurück, nachdem Büchsenmacher Zimmermann mit 
30 Mann noch zwei von Ngila in der Nähe un- 
mittelbar am Fluß errichteten gut verschanzten Sperr- 
forts gestürmt und zerstört hatte. 
Nach der erfolgten gründlichen Bestrafung Ngilas 
erschien es geboten, um die Früchte des Sieges aus- 
zunutzen, die beiden von Ngila stets hart bedrängten, 
südlich des Sanaga ansässigen unabhängigen Wute- 
häuptlinge Nna Dinati und Dandugu Mango zu 
besuchen, wie das von jeher meine Absicht gewesen 
war. Die gesammte Haussakolonie der Ngilastadt, 
etwa 250 Personen einschl. Weiber und Kinder, mit 
allerhand Waaren, darunter 36 Elfenbeinzähnen, 
hatten sich unter den Schutz der Expedition gestellt 
und waren mit über den Sanaga gekommen in der 
Absicht, mit ihrer Habe zur Küste zu wandern und 
sich theilweise an einem geeigneten Platz daselbst 
niederzulassen. Da hiermit das lange erstrebte Ziel, 
eine direkte Handelsverbindung zwischen Südadamaua 
und der Kamerunküste herzustellen, erreicht war, so 
wendete ich dieser Angelegenheit und dem Transport 
der Haussafamilien ganz besondere Sorgfalt zu. 
Am 29. Januar sandte ich das Gros der Expe- 
dition unter den Herren v. Carnap und Dominik 
nach der Yaundestation zurück, während ich selbst mit 
Büchsenmacher Zimmermann, 30 Soldaten und 
50 Trägern am Sanagaufer entlang zu dem Dorf 
Nna Dinatis marschirte, wo wir vormittags um 
11 Uhr anlangten. Der recht gute Weg führt über 
hügeliges Ufergelände, ab und zu prachtvollen Aus- 
blick auf den Strom mit seinen Fällen und Schnellen 
bietend; weite Grasflächen wechseln ab mit Galerie- 
waldungen, welche die dem Sanaga von Süden zu- 
strömenden Nebenflüsse begleiten. Die Flüsse und 
Bäche waren zwar reißend, aber dank der Trockenzeit 
ziemlich flach, so daß wir sie ohne Schwierigkeit 
passirten, ja vielfach durchreiten konnten, ohne abzu- 
sitzen. Durch endlose, sich tief ins Land hinein- 
streckende Durrhafelder nahten wir uns dem freundlich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.