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stark verwachsen. Wir bezogen Lager in einem von
niedrigem Busch umgebenen verlassenen Dorf. Am
Nachmittag kam es zwischen einigen unserer Leute
und einigen Eingeborenen zu einer unerheblichen
Streiterei, die weiter keine Folgen hatte. Nur
abends spät machten sich die Benjata das Vergnügen,
aus unmittelbarer Nähe vier Schuß mitten in unser
Lager hinein zu feuern und dann fortzulaufen.
v. Carnap und ich saßen gerade beim Schein der
Laterne vor meinem Zelt und hörten in unmittel-
barer Nähe die Eisenstücke sausen. Selbstverständlich
wurden die Posten verstärkt, doch ließ sich von den
Eingeborenen weiter nichts sehen. Diese Benjata
sind der einzige Stamm an der Straße von Kribi
zum Sanago, welche noch unbotmäßig sind; ihre
Züchtigung und Unterwerfung wird von der Station
Yaünde voraussichtlich ohne Schwierigkeit in nächster
Zeit bewirkt werden.
Am 23. erreichten wir das Batschengedorf des
Häuptlings Kule und übernachteten in Ewuna, auf
dem Südufer des Sanaga an den Nachtigalschnellen
gelegen. Hierher schickte der befreundete Nua Tinati
abermals Boten mit der Meldung, daß Ngilas Feld-
herr Gimene in den Mangodörfern über 40 Sklaven
geraubt und seine ganze Kriegsmacht um sich ver-
sammelt habe, um einen neuen großen Raubzug
südlich des Sanaga zu unternehmen. Da hierdurch
die der Station befreundeten Stämme und die
Station selbst aufs Ernsteste bedroht erschienen, war
Eile geboten.
Am 24. Januar überschritten wir in 16 Kanus,
die Pferde schwimmend, den etwa 500 m breiten
Sanaga unterhalb der Nachtigalfälle, welche einen
prächtigen Anblick boten. Durch hügelige Gras-
savanne reitend, kamen wir um 11 Uhr vormittags
in das in Bergen liegende Wutedorf Tüngele, einem
Sklaven Ngilas gehörig, wo wir Lager bezogen.
Noch an demselben Tage marschirte von hier aus
Lieutenant Dominik und Büchsenmacher Zimmer-
mann mit einer starken Patrouille der Truppe in
der Richtung auf Ngila ab, während Lieutenant
v. Carnap und ich mit 15 Mann uns der Er-
forschung der Umgebung widmeten.
Lieutenant Dominik hatte den Auftrag, Ngila
vor weiterem Landfriedensbruch zu warnen, ihn vor
mich zu laden und, wenn möglich, sich mittelst eines
Handstreichs seiner Person zu bemächtigen.
Schon am 27. Januar hatte ich die Freude,
Dominik und Zimmermann unverletzt wieder-
zusehen. Die Nacht vom 24. auf den 25. hatte
Dominik am Allanfluß biwakirt und dann aom
Nachmittag des 25. nach scharfem Marsch die Resi-
denz des Häuptlings Ngila erreicht. Er fand die-
selbe von bewaffneten Kriegern überfüllt, nach deren
ganzem Verhalten er nicht in Zweifel sein konnte,
daß Ngila feindliche Absichten gegen die Expedition
im Schilde führte. Lieutenant Dominik wies daher
einen in sehr ungünstiger Position ihm angebotenen
Lagerplatz zurück und zog mit seiner kleinen Macht
direlt auf den Marktplatz, wo er bald von über
1000 Wutekriegern umringt war. Als die Haltung
derselben immer drohender wurde und bereits höh-
nische Ruse laut wurden, daß man die Weißen
lebendig fangen würde, beschloß Lieutenant Dominik,
den eigentlichen Angriff nicht erst abzuwarten, son-
dern seinerseits zum Angriff überzugehen. Die
Schutztruppe brach mit Hurrah gegen die sie um-
ringende zwanzigfache Uebermacht vor und es gelang
ihr, den Feind aus der Stadt zu werfen. Bei dieser
Gelegenheit wurde der farbige Feldwebel Zampa,
der neben Lieutenant Dominik klämpfend einen
Pfeilschuß erhielt, verwundet, jedoch machte er das
Gefecht bis zum Schlusse mit. Dem Häuptlin
Ngila gelang es leider, zu entkommen. Die |0
gung dieses mächtigen und gefürchteten Sklavenräubers
hat jedoch wesentlich zur Stärkung des Ansehens der
Kaiserlichen Regierung in jener Gegend beigetragen.
Am 28. ging ich mit der gesammten Expedition
über den Sanaga in unser altes Lager in Ewuna
zurück, nachdem Büchsenmacher Zimmermann mit
30 Mann noch zwei von Ngila in der Nähe un-
mittelbar am Fluß errichteten gut verschanzten Sperr-
forts gestürmt und zerstört hatte.
Nach der erfolgten gründlichen Bestrafung Ngilas
erschien es geboten, um die Früchte des Sieges aus-
zunutzen, die beiden von Ngila stets hart bedrängten,
südlich des Sanaga ansässigen unabhängigen Wute-
häuptlinge Nna Dinati und Dandugu Mango zu
besuchen, wie das von jeher meine Absicht gewesen
war. Die gesammte Haussakolonie der Ngilastadt,
etwa 250 Personen einschl. Weiber und Kinder, mit
allerhand Waaren, darunter 36 Elfenbeinzähnen,
hatten sich unter den Schutz der Expedition gestellt
und waren mit über den Sanaga gekommen in der
Absicht, mit ihrer Habe zur Küste zu wandern und
sich theilweise an einem geeigneten Platz daselbst
niederzulassen. Da hiermit das lange erstrebte Ziel,
eine direkte Handelsverbindung zwischen Südadamaua
und der Kamerunküste herzustellen, erreicht war, so
wendete ich dieser Angelegenheit und dem Transport
der Haussafamilien ganz besondere Sorgfalt zu.
Am 29. Januar sandte ich das Gros der Expe-
dition unter den Herren v. Carnap und Dominik
nach der Yaundestation zurück, während ich selbst mit
Büchsenmacher Zimmermann, 30 Soldaten und
50 Trägern am Sanagaufer entlang zu dem Dorf
Nna Dinatis marschirte, wo wir vormittags um
11 Uhr anlangten. Der recht gute Weg führt über
hügeliges Ufergelände, ab und zu prachtvollen Aus-
blick auf den Strom mit seinen Fällen und Schnellen
bietend; weite Grasflächen wechseln ab mit Galerie-
waldungen, welche die dem Sanaga von Süden zu-
strömenden Nebenflüsse begleiten. Die Flüsse und
Bäche waren zwar reißend, aber dank der Trockenzeit
ziemlich flach, so daß wir sie ohne Schwierigkeit
passirten, ja vielfach durchreiten konnten, ohne abzu-
sitzen. Durch endlose, sich tief ins Land hinein-
streckende Durrhafelder nahten wir uns dem freundlich