Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

auf einer Anhöhe am Sanaga gelegenen Dorf, von 
dem uns entgegengekommenen Häuptling selbst ge- 
leitet. Ein schmaler Waldstreisen trennt den Ort 
vom Fluß, der dort in reißenden Kaskaden durch ein 
enges Felsenbekt hindurchstürzt. Die Bevölkerung 
war mitten in der Durrhaernte; lange Reihen von 
Männern, Weibern und Kindern durchschnitten unter 
eintönigem Gesang und Paukenschlag die Felder, die 
langen Durrhahalme ausreißend und in Schwaden 
zusammenlegend. Die kreisrunden Hütten mit spitzem 
Strohdach, Schild und Speer der reichliche Anban 
von Durrha, das Durrhabier, die unbedingte Auto- 
rität des Häuptlings, dem alles Eigenthum gehört, 
alles das zeigt, daß hier der Bantu aufhört und 
ein freilich noch gemischtes, aber doch schon stark dem 
Sudan zuneigendes Grenzvolk an seine Stelle tritt. 
Während ich den nächsten Tag schriftlichen Ar- 
beiten und Besprechungen mit den Häuptlingen wid- 
mete, schoß Zimmermann des Morgens im Sanaga 
einen starken Elefanten, was große Freude und abends 
ein Tanzfest der Eingeborenen zur Folge hatte. 
Am folgenden Tage marschirte ich mit meiner 
Kolonne nach dem sechs Stunden entfernten Dorfe 
des Dandugu Mango, eines Oheims des Nna Dinati. 
Der junge bildschöne Häuptling begrüßte mich etwa 
½/ Stunde vor seinem Dorf zu Pferde und legte 
mir als Willkommen einen 80 Pfund schweren Elfen- 
beinzahn zu Füßen. Er machte einen intelligenten, 
günstigen und zuverlässigen Eindruck und betheuerte 
wiederholt, daß er ein ergebener Diener der deutschen 
Regierung sei und bleiben wolle. 
Ich habe von diesen beiden jungen und unab- 
hängigen Wutehäuptlingen den allerbesten Eindruck 
empfangen und glaube, daß sie zur Station und zur 
Regierung halten werden. Meine Gastfreunde waren 
entzückt über Ngilas Niederlage und haben die feste 
Absicht, die Wege von Yaunde nach Adamaua offen 
zu halten bezw. zu öffnen. In Mango traf ich zwei 
Fullahhändler, welche dort bereits seit mehreren 
Monaten Handel treiben und in Tibati, Ngundere, 
Kunde und Gasa gewesen waren. Die Versuchung 
war für mich groß, von dem östlichen Sanagabogen, 
wo ich mich befand, quer durchs Land nach Gasa 
zu gehen und so endlich einen in Kolonialkreisen und 
von mir selbst lang gehegten Wunsch zu erfüllen, 
diese wichtige Strecke deutschen Gebietes persönlich 
zu erforschen. Die Gründe, welche mich schließlich 
bewogen, meine Absicht aufzugeben, waren indessen 
zwingend: ich hätte die Dauer der Reise verlängert 
und glaubte, mich eine derartig lange Periode nicht 
vom Sitz der Regierung entfernen zu sollen, während 
meine baldige Anwesenheit besonders im Victoriabezirk 
der neuen Plantagenunternehmungen halber noth- 
wendig erschien. Auch wären die Kosten der Reise 
nicht unerheblich vermehrt worden. So bleibt denn 
die Erforschung dieses noch völlig unbekannten Ge- 
bietes dem Stationschef von Yaunde vorbehalten. 
Am 1. Februar machte ich mit wenigen Begleitern 
einen Jagdausflug auf das nördliche Sanagaufer. 
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– 
Unterwegs durchschritten wir die im Fluß liegende 
sehr große Insel, auf der früher die Mangostadt 
gelegen hat. Noch sieht man Hausfundamente und 
Feuerstellen, vor Allem aber den mächtigen Wall- 
graben mit Wall und thurmartigen Befestigungen, 
welche die Einwohner gegen Ngilas Raubzüge schützen 
sollten. Der Fluß wimmelt von Flußpferden und 
Wasservögeln; auf der Insel trafen wir einen Flug 
von etwa 40 Perlhühnern, in den Galeriewäldern 
hausen zahlreiche Elefanten und die weite Gras- 
savanne am jenseitigen Ufer ist belebt von zahlreichen 
Büffel= und Antilopenherden. Es sind weitaus die 
ergiebigsten Jagdgründe, die mir bis jetzt in Afrika 
vorgekommen sind. 
Am 2. zog ich in langem Palaver Erkundigungen 
über den möglichen Weitermarsch nach Osten ein. 
Dandugu erklärte, er könne mich noch bis Dabene, 
der östlichsten Wutestadt, führen; von dort fehle den 
Wute jede weitere Verbindung nach Osten; jedenfalls 
müsse man über Ngulebijoa, ein großes Mwelle- 
dorf, dessen lang dahingestreckte bewaldete Hügel man 
von Mango aus am Horizont liegen sieht. Von 
Gasa selbst wußten die Wute nichts. Nachdem 
Dandugu mir zum Abschied noch fünf stattliche Elfen- 
beinzähne geschenkt, trat ich den Rückmarsch an und 
besuchte unterwegs noch das in sehr hübscher Lage, 
festungsähnlich auf einem Hügel dicht am Sanaga- 
ufer nen erbaute Dorf des Häuptlings Wemba, eines 
Bruders Dandugus. 
Am 3. und 4. abermaliger Aufenthalt bei Nna 
Dinati; Letzterer führte uns mit seinem Volk sehr 
interessante Kampfspiele vor, bei welchen besonders 
die freien Wute mit Büffelschild und Speeren eine 
Rolle spielten, während unsererseits ein Gefechts- 
exerziren gezeigt wurde. Hier hatten wir den ersten 
Tornado. 
Am 5. marschirte ich über Kuli, durch die Ben- 
jatu, über Elandi nach der Yaundestation, die am 
7. erreicht wurde. 
Am 8. und 9. wurden die Vorbereltungen zum 
Rückmarsch getroffen. Koffer gepackt, Lasten vertheilt, 
das erbeutete und geschenkte Elfenbein gewogen, die 
Uebergabe der Station an Lieutenant v. Carnap- 
Quernheimb bewirkt, die Ablösung geregelt, Träger 
gemustert und dergleichen. Die Firma Karl Maas 
aus Kribi hatte inzwischen einen europälschen Agenten, 
Herrn Wilke, nach Yaunde entsandt, um in der 
Nähe der Station eine Faktorei anzulegen. Viele 
Hunderte von Yandeleuten befanden sich auf dem 
Wege zur Küste mit Elfenbein und Gummi, um 
dort selbst Waaren einzuhandeln, so daß wir Träger 
von weiterliegenden Stämmen, Bati, Bane und 
Jambassa, nehmen mußten. So brach ich denn am 
10. Februar mit Lieutenant Dominik, Büchsen- 
macher Zimmermann und der abgelösten Mann- 
schaft der Truppe auf und erreichte auf demselben 
Wege ohne Zwischenfall am 24. Kribi, von wo uns 
am 26. „Nachtigal“ abholte. 
In Kamerun traf ich am 27. früh ein. Das
	        
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