Interesse für die Geschichte des Landes. Der viel-
verzweigte, oft gewundene und tief einschneidende
Hafen bietet bei seinen günstigen Tiefenverhälknissen
auch für große Schiffe Schutz und Zuflucht in reichem
Maße. Die auf der Insel zerstreut liegenden Ge-
schützrohre aus vergangenen Zeiten lasse ich sammeln,
um sie in Dar-es-Saläm gelegentlich zu einem archi-
teklonischen Aufbau zu vereinigen.
Kilwa-Kiwindje, der Größe nach die drikte Stadt
der Kolonie mit 10 000 Einwohnern, entwickelt sich
trotz seiner offenen flachen Rhede immer mehr in
seinen Verkehrs= und Handelsverhältnissen. Eine
belebte Handelsstraße über Donde und Songea nach
dem Nyassasee vermitkelt den Verkehr mit dem wei-
teren Hinterland. Wachs und vor Allem Gummi
sind neben Mtama und den Mehlfrüchten die Haupt-
arlikel. Der hier in den Handel kommende Mahenge=
gummi erziclt besonders hohe Preise. Das strebsame
Haus Hansing & Co. hat hier im vergangenen
Jahre neben der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft
eine Filiale eröffnet. Die nächste Umgebung der
Stadt mit den sanft ansteigenden Hängen des Sin-
ginoberges bietet mit ihren zahllosen, prächtigen
Mangobäumen und üppigen Feldern ein Bild der
Fruchtbarkeit und des Gedeihens, wie es in Ostafrika
selten zu finden. Die sorgsame Thätigkeit des Be-
zirksamtmanns Frhrn. v. Eberstein hat die Anlage
einer Wasserleitung für die Stadt, eines durch Riese-
lung zu bewässernden großen Fruchtgartens, den
Umbau und die Neuregulirung der alten Straßen
der Stadt sowie die Entwässerung der den Ort
umgebenden Sumpfstrecken in die Wege geleitet. Die
Bevölkerung (sehr zahlreich an wohlhabenden Arabern)
erwies sich sehr dankbar und entgegenkommend, als
ich ihnen im Schauri verkündete, daß ich von Seiner
Majestät hierher gesandt sei, um absoluten Frieden
im Lande aufrecht zu erhalten, daß ich dafür aber
auch von ihnen Fleiß und Betriebsamkeit verlange,
damit bei der außerordentlich günstigen, regenreichen
Witterung eine gute Ernte erzielt werde.
Die segensreiche Wirksamkeit des mit größter
Liebe seines Amies waltenden Bezirksamtmannes
macht sich in der Sammlung der bisher friedlos
lebenden Bevölkerung in kleinen Stadtgemeinden be-
merkbar. Er hat die ein unbändiges Näuberleben
führenden Bewohner der Matumbiberge gezwungen,
südlich des Rufidjideltas sich innerhalb der von ihm
abgesteckten regelmäßigen Grenzen eines städtischen
Weichbildes anzusiedeln, hat diesem Orte Samanga-
ndumbo Marktgerechtigkeit verliehen, indische Kauf-
leute dort hingeführt, Brunnen gegraben 2c. und
erhält die Ordnung über die bisher Unbotmäßigen
nunmehr durch wenige Polizeisoldaten. Ein gleiches
Beispiel findet sich in der bereits im Aufblühen be-
griffenen Stadt Mohorro am gleichnamigen Rufidjiarm.
Das Delta des Rufidji, das den Bezirk Kilwa
nach Norden begrenzt, bietet allem Anschein nach für
Plantagenbetrieb die günstigsten Vorbedingungen.
Der Fluß, dessen Bedeutung für die Erschließung.
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des Landes sofort nach Eintreffen eines flachen Fluß-
dampfers hervortreten wird, theilt sich in sechs große
Arme und hat ein Delta von etwa 25 geographischen
Quadratmeilen schwersten und fruchtbarsten Alluvial-
bodens geschaffen. Die Inseln dieses Deltas sind
durchweg mit Mangrovenholz bestanden, das bisher
das Bauholz (Voriti) für ziemlich alle Bauten der
Kolonie geliefert hat. Ich habe den Forstassessor
v. Bruchhausen mit der genauen Durchforschung
dieser Waldungen beaustragt. Derselbe hat recht
gute Bestände gefunden und ist jetzt mit der Auf-
stellung eines Planes für regelrechte Durchforstung
und sachgemäße Ausnutzung beschäftigt.
Außer dieser erheblichen Holznußung verspricht
das untere Rufidjigebiet aber eine sehr bedeutende
produktive Zukunft. In diesem fetten Marschboden
gedeiht jede Pflanze, die schweren Boden und Feuch-
tigkeit verlangt, vor Allem Reis und Tabak. Der
Rufidjireis wird in großen Mengen nach Indien
ausgeführt. Die Bananen erreichen hier eine er-
staunliche Größe und gedeihen aufs Ueppigste.
Um den Beweis zu erbringen, daß in diesem
Gebiet Sumatratabak gute Aussichten bietet, hat das
Gouvernement an dem südlichsten Arm des Rufidji,
dem Mohorro, eine Tabakversuchspflanzung gleichen
Namens angelegt. Diese hat sich unter Leitung der
beiden erfahrenen Javapflanzer John Schröder
und Ritter vortheilhaft entwickelt und im laufenden
Jahre 40 Felder bewirthschaftet. Die Arbeit wird
mit Chinesen und Javanen betrieben, das System
der großen Trocken= und Fermentirscheunen ist ganz
das in Niederländisch-Indien bewährte. Die dies-
jährige Probeernte wird etwa 150 bis 200 Centner
ergeben. Im kommenden Betriebsjahre sollen
100 Felder bewirthschaftet werden. Mohorro wird
hoffentlich den Beweis erbringen, daß Ostafrika zwar
nicht auf Korallenboden (Sansibar) und nicht auf
rolhem Laterit (Lewa), wohl aber auf fettem Marsch-
boden ein gutes Deckblatt zu erzeugen vermag. Zur
Abwendung einer Ueberschwemmungsgefahr für die
Pflanzung Mohorro habe ich 60 Mann der Kom-
pagnie Kilwa zum Arbeitsdienst hierher heran-
ezogen.
6 Zun- Schluß besuchte ich die Inselgruppe Schole-
Mafia. Die Stadt Schole mit ihren wohlhabenden
Häusern zu beiden Seiten breiter, baumbesetzter
Straßen, ihren sauberen Brunnen und weiten Plätzen
kann, was Ordnung, Geschmack und Sauberkeit an-
langt, mit mancher deutschen Kleinstadt den Vergleich
aufnehmen. Die Bevölkerung, von denen jede Sippe
ihre eigene Geschichte hat, hebt sich in vieler Be-
ziehung von dem Durchschnittsmsuaheli unserer Tage
ab; schon die prächtigen, in den feinsten Farbentönen
abgestuften seidenen Gewänder sind ein Beweis für
die Eigenart dieser abgeschlossenen Bevölkerung.
Schole ist zweifellos einer der schönsten Winkel der
Kolonie.
Der deutsche Zollassistent, der hier in einem ge-
müthlichen Heim mit seiner Frau unter Eingeborenen