Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Interesse für die Geschichte des Landes. Der viel- 
verzweigte, oft gewundene und tief einschneidende 
Hafen bietet bei seinen günstigen Tiefenverhälknissen 
auch für große Schiffe Schutz und Zuflucht in reichem 
Maße. Die auf der Insel zerstreut liegenden Ge- 
schützrohre aus vergangenen Zeiten lasse ich sammeln, 
um sie in Dar-es-Saläm gelegentlich zu einem archi- 
teklonischen Aufbau zu vereinigen. 
Kilwa-Kiwindje, der Größe nach die drikte Stadt 
der Kolonie mit 10 000 Einwohnern, entwickelt sich 
trotz seiner offenen flachen Rhede immer mehr in 
seinen Verkehrs= und Handelsverhältnissen. Eine 
belebte Handelsstraße über Donde und Songea nach 
dem Nyassasee vermitkelt den Verkehr mit dem wei- 
teren Hinterland. Wachs und vor Allem Gummi 
sind neben Mtama und den Mehlfrüchten die Haupt- 
arlikel. Der hier in den Handel kommende Mahenge= 
gummi erziclt besonders hohe Preise. Das strebsame 
Haus Hansing & Co. hat hier im vergangenen 
Jahre neben der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft 
eine Filiale eröffnet. Die nächste Umgebung der 
Stadt mit den sanft ansteigenden Hängen des Sin- 
ginoberges bietet mit ihren zahllosen, prächtigen 
Mangobäumen und üppigen Feldern ein Bild der 
Fruchtbarkeit und des Gedeihens, wie es in Ostafrika 
selten zu finden. Die sorgsame Thätigkeit des Be- 
zirksamtmanns Frhrn. v. Eberstein hat die Anlage 
einer Wasserleitung für die Stadt, eines durch Riese- 
lung zu bewässernden großen Fruchtgartens, den 
Umbau und die Neuregulirung der alten Straßen 
der Stadt sowie die Entwässerung der den Ort 
umgebenden Sumpfstrecken in die Wege geleitet. Die 
Bevölkerung (sehr zahlreich an wohlhabenden Arabern) 
erwies sich sehr dankbar und entgegenkommend, als 
ich ihnen im Schauri verkündete, daß ich von Seiner 
Majestät hierher gesandt sei, um absoluten Frieden 
im Lande aufrecht zu erhalten, daß ich dafür aber 
auch von ihnen Fleiß und Betriebsamkeit verlange, 
damit bei der außerordentlich günstigen, regenreichen 
Witterung eine gute Ernte erzielt werde. 
Die segensreiche Wirksamkeit des mit größter 
Liebe seines Amies waltenden Bezirksamtmannes 
macht sich in der Sammlung der bisher friedlos 
lebenden Bevölkerung in kleinen Stadtgemeinden be- 
merkbar. Er hat die ein unbändiges Näuberleben 
führenden Bewohner der Matumbiberge gezwungen, 
südlich des Rufidjideltas sich innerhalb der von ihm 
abgesteckten regelmäßigen Grenzen eines städtischen 
Weichbildes anzusiedeln, hat diesem Orte Samanga- 
ndumbo Marktgerechtigkeit verliehen, indische Kauf- 
leute dort hingeführt, Brunnen gegraben 2c. und 
erhält die Ordnung über die bisher Unbotmäßigen 
nunmehr durch wenige Polizeisoldaten. Ein gleiches 
Beispiel findet sich in der bereits im Aufblühen be- 
griffenen Stadt Mohorro am gleichnamigen Rufidjiarm. 
Das Delta des Rufidji, das den Bezirk Kilwa 
nach Norden begrenzt, bietet allem Anschein nach für 
Plantagenbetrieb die günstigsten Vorbedingungen. 
Der Fluß, dessen Bedeutung für die Erschließung. 
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des Landes sofort nach Eintreffen eines flachen Fluß- 
dampfers hervortreten wird, theilt sich in sechs große 
Arme und hat ein Delta von etwa 25 geographischen 
Quadratmeilen schwersten und fruchtbarsten Alluvial- 
bodens geschaffen. Die Inseln dieses Deltas sind 
durchweg mit Mangrovenholz bestanden, das bisher 
das Bauholz (Voriti) für ziemlich alle Bauten der 
Kolonie geliefert hat. Ich habe den Forstassessor 
v. Bruchhausen mit der genauen Durchforschung 
dieser Waldungen beaustragt. Derselbe hat recht 
gute Bestände gefunden und ist jetzt mit der Auf- 
stellung eines Planes für regelrechte Durchforstung 
und sachgemäße Ausnutzung beschäftigt. 
Außer dieser erheblichen Holznußung verspricht 
das untere Rufidjigebiet aber eine sehr bedeutende 
produktive Zukunft. In diesem fetten Marschboden 
gedeiht jede Pflanze, die schweren Boden und Feuch- 
tigkeit verlangt, vor Allem Reis und Tabak. Der 
Rufidjireis wird in großen Mengen nach Indien 
ausgeführt. Die Bananen erreichen hier eine er- 
staunliche Größe und gedeihen aufs Ueppigste. 
Um den Beweis zu erbringen, daß in diesem 
Gebiet Sumatratabak gute Aussichten bietet, hat das 
Gouvernement an dem südlichsten Arm des Rufidji, 
dem Mohorro, eine Tabakversuchspflanzung gleichen 
Namens angelegt. Diese hat sich unter Leitung der 
beiden erfahrenen Javapflanzer John Schröder 
und Ritter vortheilhaft entwickelt und im laufenden 
Jahre 40 Felder bewirthschaftet. Die Arbeit wird 
mit Chinesen und Javanen betrieben, das System 
der großen Trocken= und Fermentirscheunen ist ganz 
das in Niederländisch-Indien bewährte. Die dies- 
jährige Probeernte wird etwa 150 bis 200 Centner 
ergeben. Im kommenden Betriebsjahre sollen 
100 Felder bewirthschaftet werden. Mohorro wird 
hoffentlich den Beweis erbringen, daß Ostafrika zwar 
nicht auf Korallenboden (Sansibar) und nicht auf 
rolhem Laterit (Lewa), wohl aber auf fettem Marsch- 
boden ein gutes Deckblatt zu erzeugen vermag. Zur 
Abwendung einer Ueberschwemmungsgefahr für die 
Pflanzung Mohorro habe ich 60 Mann der Kom- 
pagnie Kilwa zum Arbeitsdienst hierher heran- 
ezogen. 
6 Zun- Schluß besuchte ich die Inselgruppe Schole- 
Mafia. Die Stadt Schole mit ihren wohlhabenden 
Häusern zu beiden Seiten breiter, baumbesetzter 
Straßen, ihren sauberen Brunnen und weiten Plätzen 
kann, was Ordnung, Geschmack und Sauberkeit an- 
langt, mit mancher deutschen Kleinstadt den Vergleich 
aufnehmen. Die Bevölkerung, von denen jede Sippe 
ihre eigene Geschichte hat, hebt sich in vieler Be- 
ziehung von dem Durchschnittsmsuaheli unserer Tage 
ab; schon die prächtigen, in den feinsten Farbentönen 
abgestuften seidenen Gewänder sind ein Beweis für 
die Eigenart dieser abgeschlossenen Bevölkerung. 
Schole ist zweifellos einer der schönsten Winkel der 
Kolonie. 
Der deutsche Zollassistent, der hier in einem ge- 
müthlichen Heim mit seiner Frau unter Eingeborenen
	        
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