Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

die Kinder nicht arbeiten wollen und wir von dieser 
Forderung nicht abgehen. Man wies immer und 
immer wieder auf das Beispiel der nächsten englischen 
Mission hin, wo die Kinder nicht zu arbeiten, son- 
dern nur zu lernen brauchen, um uns diese Methode 
aufdrängen zu können. Die Missionare waren aber 
der Ueberzeugung, daß bei der Negermission das 
Plaborare“ (Arbeiten) die unbedingte Grundlage für 
das „orare“ (Beten) sein müsse, und fest entschlossen, 
in diesem Punkte nicht nachzugeben und sich für den 
Anfang lieber mit weniger Kindern zu begnügen; 
ja, es gab eine Zelt, wo nur zwei freie Knaben in 
der Mission waren. Durch dieses Verfahren erzielte 
man, daß fast nur ausgesucht lerneifrige Kinder 
kamen, die sich bald eingewöhnten und an dem Bei- 
spiel der Missionare, die wochenlang täglich mit Hacke 
und Buschmesser die Kinder auf die Schambe be- 
gleiteten, um mit ihnen zu arbeiten, ihre Auffassung 
von der Arbeit korrigirten. In den letzten Monaten 
war der Zugang zur Schule slärker, und es wird der 
mit Festigkeit durchgeführten Methode in einigen 
Jahren gelingen, eine zahlreich besuchte und gut ge- 
leitete Schule zu erhalten. Die Erstlinge sollen im 
nächsten Jahre in die Katechetenschule zu Kollasini 
übertreten. 
Der Anschluß der Erwachsenen an die Mission 
und die besonders starke Betheiligung der jungen 
Männer am Unterrichte war von Anfang an auf- 
fallend groß. Trotzdem die Bedingungen zum Ein- 
trilt ins Katechumenat ziemlich hart sind, und auch 
die Besten volle zwei Jahre auf den Empfang der 
Taufe warten müssen, wenn nicht eine schwere Krank- 
beit die frühere Spendung derselben nöthig macht, 
zählte die Mission bis Ende Juni 1896 an christ- 
lichen Erwachsenen und Kindern 36; von den Kate- 
chumenen der ersten Klasse werden am nächsten Oster- 
feste 26 zur hl. Taufe zugelassen; Katechumenen der 
zweiten Klasse gab es 386. Alle diese sind einge- 
schrieben und werden im Unterrichtsbesuche kontrolirt; 
viele andere kommen noch, scheuen aber die Kontrole. 
Die Mission hat in ihrem Bezirke großen Einfluß 
erlangt, namentlich seit der Hungersnoth, während 
welcher die Leute fast ganz auf die direkte oder in- 
direkte Unterstützung der Mission angewiesen waren. 
Sonntagsruhe wird fast allgemein beobachtet. Streit- 
fälle werden häufig vor die Missionare gebracht, und 
der ertheilte Bescheid immer dankbar angenommen, 
wodurch schon manchmal unnützes Blutvergleseen, 
Gottesurtheile oder zu hohe Geldbußen, die den 
Schuldner zum Sklaven gemacht hätlen, verhindert 
wurden. Es bürgert sich allmählich der Grundsatz 
ein, daß der Mensch keine Waare sei. Die besseren 
atechumenen würden sich scheuen, Sklaven zu haben. 
Es wurden auch schon einige Sklavenkinder in die 
Mlssion abgegeben und Kriegsgefangenen zugesichert, 
daß sie nicht welterverkauft würden. 
Das Belspiel der Missionare hat auch anregend 
gewirkt in Bezug auf Häuserbau und Felderbestellung. 
Eingeführte Samen von Gemüsen und Früchten wer- 
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den häufig verlangt, zum Anpflanzen don Bäumen 
und Herrichten von kleinen Gärten werden die Kate- 
chumenen angehalten. Von Garten und Schambe der 
Mission läßt sich noch nicht viel sagen. Européische 
Gemüse gediehen zum Theil gut, zum Theil gingen 
die Samen nicht auf. Straßen, zu beiden Seiten 
mit Alleebäumen bepflanzt, sind etwa 4 km angelegt 
und ein anderer den ganzen Distrikt durchziehender 
Weg ist in Arbelt. Für die Bedürfnisse der Kinder 
sorgt theilweise die eigene Schambe, welche von ihnen 
selbst bearbeitet wird. Die Eingeborenen werden 
nachhaltigst angeregt, den Tabak, welchen sie bisher 
von fremden Stämmen bezogen, selbst zu bauen. 
Viele ferner Wohnende haben sich in der Nähe der 
Mission angesiedelt. 
Die Thätigkeit der Schwestern begreift nebst der 
Erziehung der Mädchen in Schule, Haushalt und 
Schambe vornehmlich die Krankenpflege durch Auf- 
nahme Schwerkranker ins Haus, durch tägliche Arznei- 
abgabe und Verbände und dann auch durch regel- 
mäßige außerordentliche Krankenbesuche. 
Zu Lukuledi gehören noch zwei Außenstationen, 
die regelmäßig von der Station aus pastorirt wer- 
den: Chuckukwe und die Dörfer der Häuptlinge Tu- 
Kutua und Mwanamchekenje, letzteres in einem sehr 
fruchtbaren Thale gelegen. Zwischen dlesen Stationen 
befindet sich unbenutztes, anbaufähiges Land, das 
voraussichtlich bald besiedelt wird. Das Einvernehmen 
mit den Kaiserlichen Behörden war durchweg ein 
ausgezeichnetes, und die Missionare sämmtlicher Sta- 
tionen haben allseits freundliches Entgegenkommen 
und bereitwillige Förderung aller Missionsinteressen 
erfahren. — 
In „Die katholischen Missionen“ wird über das 
Wirken der St. Benediktus-Missionsgesellschaft 
im ostafrikanischen Schutzgebiete berichtet: 
„Im September 1896 begannen zwel unserer 
Missionare die Gründung einer Missionsstation am 
Nyangao, einem Nebenflusse des Lukuledi. Diese 
Mission hat zum Patron den heiligen Franz Kaver. 
Sie liegt in der Mitte zwischen Lindi und Lukuledi, 
von beiden Plätzen etwa drei Tagereisen entfernt, 
und soll ermöglichen, daß von der Küste bis nach 
Lukuledi eine fortgesetzte Kette von Missionsposten 
errichtet und die gesammte Bevölkerung allmählich in 
den Bereich der Missionsthätigkeit gezogen werden 
kann. Eingeborene Lehrer und Katecheten sollen die 
Erreichung dieses Zieles ermöglichen, weshalb in der 
Katechetenschule zu Kollasini mit großem Eifer an der 
Ausbildung solcher Hülfskräfte gearbeitet wird. 
Die Nyangaostation liegt in elner romantischen, 
fruchibaren und gut bevölkerten Gegend. Der Nyangao- 
fluß spendet auch in der trockensten und regenärmsten 
Zeit reichlich klares Wasser, so daß die Station für 
alle Zeit vor dem unheimlichsten Gespenste in Afrika, 
der Wassernoth, gesichert sein dürfte. Das Flußthal 
dürfte später die Anlage jeglicher Art von Plantage 
ermöglichen und das Flüßchen mit seinem starken
	        
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