Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

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im Jahre 1895/96 und auf 241 232 Tonnen im 
letzten Jahre gestiegen. 
Dereutschland hat im Jahre 1898/94 etwas über 
100 Tonnen Kohle nach Bombay verschifft; im fol- 
genden Jahre betrug diese Einfuhr nach Bombay 
1650 Tonnen und nach ganz Indien 2250 Tonnen; 
im Jahre 1895/96 ist keine deutsche Kohle eingeführt 
worden und im letzten Jahre wieder etwas über 
1000 Tonnen. 
In diesen Verschiffungen kann man einen Versuch 
sehen, deutsche Kohle in Indien heimisch zu machen. 
Die angegebenen Zahlen weisen darauf hin, daß dieser 
Versuch so gut wie keinen Erfolg gehabt hat. 
Wenn man die Entwickelung der indischen Kohlen- 
industrie und den Gang der Einfuhr außerindischer 
Kohle verfolgt, so wird dieser Mangel an Erfolg. 
nicht überraschend erscheinen. 
Die Kohlengewinnung in Indien hat in den letzten 
Jahren einen gewaltigen Aufschwung genommen, und 
diese Aufwärtsbewegung hat ihr Ende noch nicht 
erreicht. 
Die Annahme, daß die Tage der Kohleneinfuhr 
nach Indien gezählt sind, erscheint nicht allzu gewagt. 
Es soll damit nicht behauptet werden, daß nicht 
für Zwecke, bei denen die beste britische Kohle uner- 
setzlich ist, und bei besonders günstigen Konjunkturen, 
z. B. bei einer unvorhergesehenen plötzlichen Zunahme 
des Bedarss oder bei besonders niedrigen Seefrachten 
von Europa nach Indien britische Kohle und, wenn 
deren Ausfuhr durch besondere Umstände, wie Kohlen- 
streiks, erschwert ist, auch deutsche Kohle in kleinen 
Mengen ihren Weg nach Indien finden wird, sondern 
es soll nur gesagt werden, daß nicht daran zu denken 
ist, Indien jemals als Absatzgebiet für große Mengen 
europäischer oder besonders deutscher Kohle zu gewinnen. 
Steinkohle kommt in dem größeren Theil von 
Britisch-Indien, nämlich in Bengalen, den Central-= 
provinzen, Centralindien, Madras, Punjab, Burma, 
Assam, den Nizamsterritorien und Belutschistan vor. 
Die östliche Hälfte der Halbinsel ist reichlich be- 
dacht, während der Westen keine Kohlenlager von 
Bedeutung aufzuweisen hat. 
Die für Bombay wichtigsten Kohlenlager waren 
bisher die von Warora und Umarin in den Central- 
provinzen und Centralindien und bei Singareni in 
Hyderabad. Aber auch dle erstgenannten sind schon 
so weit von Bombay entfernt und die Eisenbahn- 
frachten so hohe, daß von dort nur wenig Kohle nach 
Bombay gelangte. In den letzten Jahren ist nun 
bengalische Kohle in immer größeren Mengen zur 
See nach Bombay befördert worden. 
In einzelnen Provinzen und bei einzelnen Gruben 
sind Schätzungen des vorhandenen Minerals vorge- 
nommen worden. Danach genügen diese Lager, ohne 
daß man die noch ungeschöhztten Lager in Rechnung 
zieht, allein, um den Kohlenbedarf Indiens auf 
Jahrhunderte hinaus zu decken. 
Die bisher genauer bekannten Kohlenlager dehnen 
sich über eine Fläche von rund 35 000 englischen 
  
Quadratmeilen aus. Die bisher geschähten Lager 
sollen über 25 Milliarden Tonnen enihalten. Die 
meisten und reichsten Lager finden sich in Bengalen. 
An erster Stelle sind die Lager von Raniohanj zu 
nennen, die allein 14 Milliarden Tonnen abbaufähiger 
Kohle enthalten sollen. Außerhalb Bengalens sind 
das Kohlengebiet von Warora in den Centralprovinzen 
mit 1.7 Milliarden Tonnen und die Singarenigruben 
in Hyderabad hervorzuheben. 
Die Kohlenförderung hat sich von Jahr zu Jahr 
gehoben, und bei der stetig vermehrten Nachfrage 
seitens der Industrie und des sich immer weiter aus- 
dehnenden Eisenbahnnetzes sind die Preise immer auf 
einer den Abbau lohnenden Höhe geblieben. 
Die folgende Tabelle giebt die indische Kohlen- 
gewinnung in den Jahren 1878 bis 1894/95 an: 
Jahr Tonnen Jahr Tonnen Jahr Tonnen 
1878 1015210 1884 1397 818 1890 2168 521 
1879 924562 1885 1294221 1891 2328 577 
1880 1019793 1886 1388 487 1892 2537 696 
1881 997730 1887 1 564 063 1893 2662 
1882 1130242 13888 1 708 903 1894 2820 652 
1883 1315976 1889 1 946172 1895 4371734 
Wenn man berücksichtigt, daß bis 1894/95 die 
Einfuhr fremder Kohle nicht sehr bedeutend zurück- 
gegangen ist, daß die Ausfuhren nicht wesentlich ge- 
stiegen sind und daß in Indien Kohle nicht ein häus- 
liches Gebrauchsmittel ist, so giebt die bedeutende 
Zunahme der Produktion einen Beweis für den Auf- 
schwung, den die Industrie und die Verkehrseinrich- 
tungen zu Wasser und zu Lande in Indien genommen 
haben. 
Die indische Kohle findet in dem Schiffs= und 
Eisenbahnverkehr von Jahr zu Jahr ein weiteres 
Feld. Wo man bisher die eingeführte Kohle ihrer 
größeren Heizkraft wegen vorgezogen hat, wendet man 
sich jetzt vielfach der billigeren indischen Kohle zu. 
Die Zahl der Kohlengruben, welche im Jahre 1886 
68 und im Jahre 1894 123 betrug, ist im Jahre 
1895 auf 223 gestiegen. Während im Jahre 1886 
etwa 30 000 Arbeiter in der Kohlenindustrie Be- 
schäftigung fanden, ist ihre Zahl im Jahre 1895 auf 
nahezu das Doppelte angewachsen. 
Neben der Entwickelung in Bengalen, die in den 
letzten Jahren für Bombay von Bedeutung geworden 
ist, interessirt den sonst von Kohlen entblößten Westen 
besonders die Ausdehnung des Kohlenabbaues in 
Hyderabad. Die Werke in Singareni liegen nicht 
so weit von Bombay ab, daß nicht von ihnen aus 
wenigstens die südlichen Theile der Präsidentschaft 
mit Kohle versorgt werden könnten. Erfüllt sich die 
Erwartung, die man in Bombay auf Singareni setzt, 
und bleibt Bengalen wie in den letzten Jahren in 
der Lage, seine Kohle per Schiff billig nach Bombay 
zu legen, so wird auch dort die Nachfrage nach aus- 
ländischer Kohle immer weiter zurückgehen. 
Singareni hat im Jahre 1893/94 157 421 Tonnen, 
im Jahre 1894/95 aber schon 292 915 Tonnen ge- 
wonnen. Im Jahre 1895/96 sollen täglich etwa
	        
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