Deutsch-Hüdwelkafrika.
Jahresbericht der Station Grootfontein.
Der Aelteste der Station Grootfontein hat unter
dem 8. Mai d. Is. folgenden Jahresbericht erstattet:
Mit der Gründung der Station Grookfontein,
welche am 1. November 1894 erfolgte, ist für den
der Station unterstellten Bezirk eine neue Zeitperiode
angebrochen. Die zugehörigen weiten Länderstrecken,
bis dahin nur von scheuen Buschleuten, Kaffern und
versprengten Hottentotten bewohnt, die hier ein freies,
ungebundenes, aber kümmerliches, jeder Arbeit ent-
behrendes Leben führten, sind durch fortgesezte Pa-
trouillenritte seitens der hiesigen Station zum größten
Theil bekannt geworden. Die europäische Bevölkerung
zählt ausschließlich der Station 36 Seelen. Von
Letzteren gehören der deutschen Nationalität 6, der
holländischen einschließlich Kinder 27 und der portu-
giesischen 1 an. Die deutschen Ansiedler, sämmtlich
ehemalige Soldaten der Schutztruppe, ernähren sich
von den Erträgnissen ihrer des schwachen Bestandes
wegen nicht allzuviel abwerfenden Viehzucht. Der
portugiesische Ansiedler betreibt neben mäßiger Vieh-
zucht noch das Transportfahren.
Die im Jahre 1895 hier eingewanderten Bastards,
jetzt etwa 70 Seelen, betreiben schon ausgedehntere
Groß= und Kleinviehzucht und sind gute zuverlässige
Frachtfahrer.
Dasselbe gilt auch für die selt einem Jahre hier
angesiedelten Boeren.
Die Zahl der überall zerstreut lebenden Einge-
borenen, hauptsächlich Buschleute, mag im ganzen
Bezirk ungefähr 1000 Seelen betragen.
Unter den Hauptwohnplätzen mit einer ständigen
Bevölkerung nimmt Grootfontein mit einer Gesammt-
einwohnerzahl von 150 Seelen, darunter, einschließlich
der vier Mann starken Militärstation, zehn Weißen,
die erste Stelle ein. Nächstdem kommt Kleinfontein
mit 40, hiervon gehören der Boerennationalität 20
an, dann Nomtzas mit 15, davon zur Zeit zwei
Weiße, und zuletzt Turlousie mit 12, davon acht
Boerenseelen.
Das Klima ist für Europäer sowohl als auch für
Eingeborene äußerst gesund. Durch die freie offene
Lage ist der Luftzug stets frisch. Vormittags weht
ziemlich regelmäßig Nordostwind, des Nachmittags
Südwest. Fieber und andere in den tropischen Ge-
genden vorkommende Krankheiten sind bis jetzt noch
nicht beobachtet worden. Auf den festen Plätzen ist
selt Bestehen der Station noch Nlemand ernstlich
erkrankt. Gestorben sind ein Deutscher (Selbstmord)
und ein im zarten Kindesalter stehendes Kind. Nach
mehrfach bestätigien Angabe# soll infolge der Trocken-
heit des verflossenen Jahres ein beträchtlicher Theil
der im Felde lebenden Buschleute dem Hunger er-
legen sein. .
Ackerbau wird von der einheimischen Buschmanns-
bevölkerung gar nicht betrieben; eine Ausnahme hier-
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von bildet nur ein kleiner Bruchtheil der in den
verstecktesten Winkeln der Gebirge sich aufhaltenden
Kaffern (Bergdamaras); dieselben bauen meistentheils
in oder an den Ufern der Reviere in kleinem Maß-
stabe nur für eigenen Gebrauch Tabak, verschiedene
Melonensorten und Mais.
Obgleich die Grootfonteiner Bastards etwas mehr
Interesse für Gartenbau zeigen, ist deren Werk doch
ein immerhin noch beschränktes und die Zukunft allein
wird lehren, ob diese Leute auf ihrem anbaufähigen
Lande so viel werden herausziehen, um noch Erzeug-
nisse auf den inländischen Markt zu bringen. Nach
den bis jetzt gemachten Erfahrungen zu urtheilen,
haben die Bastards nur für Viehzucht und Fracht-
fahrerei größere Bedeutung.
Ein schon günstigeres Ergebniß hat die Boeren-
besiedelung gezeigt. Allerdings sind die ge-
wonnenen Erfolge in wirthschaftlicher Hinsicht noch
nicht maßgebend genug, um hieraus vielleicht schon
einen vorzeitigen Schluß ziehen zu wollen, da be-
kannterweise durch die ausgebrochene Lungenseuche auf
Kleinfontein die Leute gegen ihren Willen genug auf-
gehalten worden sind. Jeder Besitzer einer Farm
muß, da Grund und Boden sich noch, ich möchte“
sagen im Urzustande befinden, das erste Jahr doch
erst immerhin die Vorbereitungen zur landwirthschaft-
lichen Bearbeitung treffen; ein weiterer Umstand, der
auch gerechte Würdigung verdient, ist, daß die hier
vorhandenen eingeborenen Arbeitskräfte erst allmählich
herangebildet werden können und deshalb die größte
Arbeitslast vorerst doch immer auf dem Weißen
selbst ruht. Jedenfalls aber können wir für dieses
Jahr zufrieden „sein. Geerntet wurden auf Klein-
sontein alle hier im Lande üblichen Melonen, Mais,
verschiedene Gemüsepflanzen, hauptsächlich Zwiebeln,
die ausnahmsweise gut gediehen, Kartoffeln 2c. Eine
weitere Verbesserung, welche der Boer Roussonw auf
seiner Farm herstellen wird, ist, daß er das in der
Nähe seiner Farm gelegene Hasawebrevier im Laufe
dieses Jahres noch absperren wird, um mit Hülfe
der gewonnenen Wassermenge einen großen Strich
Ackerland bearbeiten zu können.
Turlousie, von dem Boeren Merwe bewohnt, hat
sich auch in der kurzen Zeit in erfreulicher Weise
verändert. Dank den Bemühungen und der Arbeits-
lust des betreffenden Besitzers ist daselbst doch schon
ein geräumiges Wohnhaus aus Mauerwerk, wenn
auch noch unvollendet, errichtet. In den anstoßenden
kleinen Hügel ist ein 15 m langer, 1¼1 m hoher
und 1½ m breiter unterirdlscher Tunnel hinein-
gehauen, mit der durchaus richtigen Absicht, den
Wasserspiegel höher zu legen und die durch die Sonne
bewirkte größere Verdunstung des Wassers zu ver-
hindern. An den Tunnel angrenzend erstreckt sich
ein gut durchgearbeiteter Garten, in dem dieses Jahr
der Mais beispielsweise bis 3½ m hoch gestanden
und gute Erträge geliefert hat. Fahren die hier
wohnenden Boeren in derselben Weise fort, Ver-
besserungen zu schaffen, wie bisher, so kann in einigen