Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

besonders aus dem Grade der Trockenheit und Elasti- 
zität kann unmittelbar ein Schluß auf die Güte des 
Produktes gemacht werden. Die auf gleiche Weise 
geprüfte Milch, welche Holst aus Ostafrika eingeschickt 
hatte, zeigte sich ebenfalls schon verändert. Sie stammte 
nach dem Einsender von Landolphia Kirküt This. 
Dyer einer Liane, die zweifelsohne einen vorzüglichen 
Kautschuk lieferte. Als mit ihr die Koagulation 
vorgenommen wurde, fiel der vorhandene Kautschuk 
in kurzen Flöckchen, welche einen ganz anderen An- 
blick gewährten als die netzartige Fällung bei Hevea. 
Während dieses Produkt sich im Zusammenhang aus 
der Flüssigkeit mittelst eines Glasstabes herausheben 
ließ, konnten in der letzterwähnten Milch von Lan- 
dolphia die Flöckchen nur mühsam zusammengefischt 
werden. 
Damit der üble Umstand der vorzeitigen Ver- 
änderung hintangehalten werde, ist es nothwendig, 
die frisch abgezapfte Milch an Ort und Stelle mit 
Ammoniak zu versetzen, bis sie stark danach riecht. 
Dr. H. Traum in Hamburg, welcher seit Jahren 
sehr eingehende Versuche mit der Milch einer von 
ihm in Senegambien ausgebeuteten Landolphia, 
der L. Hendelotü P. D. gemacht hat, empfahl mir 
das Verfahren als das beste, und hier sei besonders 
darauf hingewiesen für alle diejenigen, welche etwa 
die Absicht haben, solche Milch zur Prüfung und 
Taxirung des Kautschuks an unser Museum bezw. 
an die botanische Centralstelle zu schicken. Von 
manchen Seiten ist versucht worden, durch Auskochen 
die Kautschukmilch zu extrahiren; besonders hat man 
die jüngeren Zweige und Blätter längere Zeit heiß 
macerirt, die Flüssigkeit abgegossen und zur Unter- 
suchung auf Kautschuk fortgesandt. Wahrscheinlich hat 
man bei diesem Verfahren an eine verwandie Mani- 
pulation gedacht, welche in neuerer Zeit wiederholt 
vorgenommen worden ist, um mit Hülfe von Benzin 
und anderen Lösungsmitteln das Guttapercha aus 
Zweigen und Blättern zu extrahiren. Nach den 
Mittheilungen, welche über die patentirten Versahren 
an die Oeffentlichkeit gekommen sind, ist dasselbe von 
Erfolgen begleitet gewesen. 
Bei ieder Kautschukgewinnung darf man bis heute 
nur daran denken, die Milch durch Anzapfen zu 
sammeln. Das Auskochen mit Wasser kann keinen 
anderen Erfolg haben, als daß die Milch in den 
Milchsaftschläuchen gerinnt und erst recht nicht zum 
Austritt kommt. Der obenerwähnte Versuch zeigte 
denn auch einen entsprechenden Erfolg; die einge- 
sandte Flüssigkeit enthielt noch nicht 1 pCt. Kautschuk. 
Wenn nun Dr. Warburg?) meint, daß der Kongo- 
kautschuk aus den unterirdischen Sprossen des Carpo- 
dinus Henriquesianas K. Schum. und der C. 
lanceolatus K. Schum. durch Raspeln und Aus- 
kochen der Rinde gewonnen werde, so scheint mir 
diese Angabe noch der Bestätigung zu bedürfen. 
Die Untersuchung der Kautschuksäfte war uns 
*) Siehe Tropenpflanzer 1897, Seite 137. 
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hauptsächlich deswegen von Belang, weil von Kamerun 
aus eine größere Quantität der Milch von Kickxia 
africana Benth. durch Herrn Direktor Dr. Preuß 
eingesandt worden war. In neuester Zeit hat dieser 
Baum im höchsten Maße die Aufmerksamkeit erregt 
und in allen Tageszeitungen ist sein Name genannt 
worden, in vielen technischen Zeitschriften sind Ab- 
bildungen von ihm gebracht worden. Die Wichtigkeit 
desselben erfuhren wir hauptsächlich durch das Bulletin 
des botanischen Gartens von Kew bei London. Dieses 
so außerordentlich verdienstvolle Institut hatte mit 
der größten Aufmerksamkeit den ungewöhnlichen Auf- 
schwung des Kautschukhandels in Lagos verfolgt und 
emsig danach getrachtet, die Pflanzen zu erlangen, 
welche ihn lieferten. 
Nach einigen untergelaufenen Irrkthümern war es 
endlich gelungen, die betreffende Pflanze in blühenden 
Zweigen zu gewinnen. Man erkannte sie leicht als 
ein in Westafrika nicht eben seltenes Gewächs Kickxia 
africana aus der Familie der Apocynaceae, zu 
der u. A. auch unser Oleander gehört; sie ist von 
Sierra Leone bis nach der Insel St. Thoms ver- 
breitet. Wir setzten voraus, daß auch die Pflanze 
in Kamerun vorkommen würde, und waren keines- 
wegs überrascht, ols die Mittheilung von dort 
nach Berlin gelangte, daß sie gefunden worden 
sei. Bei der außerordentlichen Wichtigkeit, welche 
die Gewinnung von Kautschuk für unsere Kolonie 
Kamerun hat, wurde ihr von Seiten des Herrn 
Direktors Dr. Preuß sogleich die größte Aufmerk- 
samleit gewidmet. Er experimentirte mit dem Safte, 
konnte aber zu seiner Ueberraschung die außerordent- 
lich günstigen Berlchte der Engländer aus Lagos 
nicht bestätigt finden. Durch ihn wurde eine größere 
Quantität Milch an die Centralstelle in Berlin ge- 
sandt. Auf meine Bitte hat Herr Dr. Henriques 
dieselbe freundlichst einer genauen Untersuchung unter- 
zogen. Das Resultat war in Kurzem folgendes: 
Die Milch war bereits vollkommen koagulirt, da 
aber die Gewinnung bei dem festen Verschluß und 
der fast vollkommenen Füllung der Flasche so gut 
wie unter Luftabschluß stattgefunden hat, so meinte 
Herr Dr. Henriques, daß die Veränderung der 
niedergeschlagenen Substanz nur geringfügig sein 
könnte. Der so entstandene Kautschuk mußte also 
das reinste Produkt sein, das überhaupt aus der 
Milch zu gewinnen war. Es erwies sich als eine 
ganz weiche, klebrige Masse, die sich vollkommen in 
Aceton löste — mit anderen Worten: Die Milch 
von Kickxia africana Benth. enthält über- 
haupt gar keinen Kautschuk. 
Wir sind nun bezüglich der Herkunft des Lagos- 
Kautschuks oder Silk rubber auf demselben Punkt 
angekommen wie früher, d. h. wir wissen nichts über 
seinen Ursprung. So viel scheint festzustehen, daß 
derselbe von einem Baume herrührt, da die Angaben 
über die Gewinnung des Saftes durch schräg ver- 
laufende Einschnitte am Stamme doch zu bestimmt 
aufgetreten sind, als daß die Mittheilung vollkommen
	        
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