Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

elngewirkt. Sansibar als volkreichste Stadt Ost- 
afrikas und als Residenz des bedeutendsten ein- 
geborenen Herrschers mußte an und für sich eine 
gewisse Anziehungskraft ausüben, welche noch dadurch 
erhöht wurde, daß nur an diesem Platze im Gegen- 
satz zum Festlande keine Besorgnisse vor räuberischen 
Ueberfällen gehegt zu werden brauchten. Sansibar 
war auch der Punkt, von wo die Maskataraber, 
welche lange Zeit allein das Innere bereisten, ihre- 
Züge unternahmen. Die wichtigsten Handelsartikel 
Ostafrikas waren Elfenbein und Sklaven. Die 
Sklavenkarawanen brachten regelmäßig Elfenbein 
mit, welches im Innern leicht erhältlich und in 
Sansibar geschätzt war, mit geringer Mühe trans- 
portirt werden konnte und somit die Möglichkeit 
bot, die Kräfte der geraubten oder gekauften Sklaven 
schon während des Marsches als Träger aus- 
zunutzen. Als in diesem Jahrhundert der Sklaven- 
handel zur See durch die Kriegsschiffe europäischer 
Mächte beunruhigt wurde, lag keine Veranlassung 
vor, ein neues Handelscentrum zu wählen, da die 
zahlreichen arabischen Plantagen Sansibars und 
Pembas einen steten Nachschub von Sklaven er- 
heischten, die Nähe des ausführenden Festlandes 
aber und die zahlreichen, vorzügliche Schlupfwinkel 
bietenden Buchten der Insel die Ueberwachung des 
Verkehrs zwischen Sansibar und dem Festlande 
außerordentlich erschwerten. Auf dem ostafrikanischen 
Kontinent selber trat eine Veränderung ein, die 
alten, an guten Häfen gelegenen Handelsplätze waren 
für die Sklavendhaus zu unsicher, die Händler 
mußten solche Stellen auswählen, wo der flache 
Strand ihnen ein unbehindertes Landen gestattete, 
die tiefgehenden Kriegsschiffe aber zwang, in weiter 
Ferne zu bleiben. So entstanden Kilwa Kivindje 
und Bagamoyo. Legzteres vereinigte die erwähnten 
Vortheile und hatte außerdem den Vorzug, daß 
Segelschiffe zwischen diesem Orte und Sansibar bei 
iedem Winde in kurzer Zeit verkehren konnten. In- 
folgedessen wurde Bagamoyo der Hafen, durch welchen 
der Verkehr Sansibars mit dem Innern Ostafrikas 
in erster Linie vermittelt wurde, eine Stellung, die 
es trotz mancher in letzter Zeit erlittener Einbuße 
im Großen und Ganzen behauptet hat. Als nun in 
den letzten Jahren der Sklavenhandel durch die 
Bemühungen der europälschen Mächte, insbesondere 
Deutschlands und Englands, lahm gelegt worden 
war, hatte auch Sansibar vermöge seiner günstigen 
geographischen Lage und der durch neue Dampfer- 
linien erleichterten Schifffahrt nach Europa und 
Indien so große Fortschritte gemacht, daß es, von 
dem konservativen Geist der indischen Kaufmannschaft 
unterstützt, Mittelpunkt des Handels blieb und mit 
den anderen Handelszweigen auch das Elfenbein- 
geschäft nach wie vor konzentrirte. 
Der Elfenbeinhandel im Innern Afrikas wird 
meistens durch Karawanen vermittelt, welche von 
Arabern oder Negern geführt werden. Die Kara- 
wanenleiter verschaffen sich die zur Ausrüstung 
638 
  
nöthigen Mittel durch Aufnahme eines Darlehns bei 
einem indischen, bisweilen auch bei einem europäischen 
Kaufmann. Bei ihrer Rückkehr haben sie das er- 
haltene Elfenbein abzuliefern, der Kaufmann zieht 
von dem Erlöse zuerst sein Kapital nebst Zinsen ab, 
der Rest des Gewinnes wird je nach Vereinbarung 
ganz oder theilweise dem Karawanenführer aus- 
gehändigt. Selten besitzt der Karawanenführer selbst 
die Mittel, um seine Karawane auszurüsten, noch 
seltener tritt es ein, daß ein im Innern ansässiger 
Händler sein Elfenbein mit eigener Karawane nach 
der Küste sendet. Nach den portugiesischen Häfen 
wird das bereits im Innern aufgekaufte Elfenbein 
häufig vermittelst Eisenbahn oder Flußdampfer ge- 
bracht, nach den Städten der Benadirküste durch 
die eingeborenen Besitzer oder die Häuptlinge, da 
die allgemeine Unsicherheit in den Somaligebieten 
den Karawanenverkehr erschwert. Die bedeutendsten 
Ausfuhrplätze sind in Deutschostafrika Bagamoyo, 
Saadani, Pangani, im britischen Protektorat Mom- 
bana, Lamu, Kismayu, im portugiesischen Gebiet 
Ibo, an der Venadirküste Maktiuhu. Von allen 
diesen Plätzen ist Bagamoyo noch weitaus der 
wichtigste, indeß ist auch die Bedeutung Mombassas 
in letzter Zeit gestiegen. 
Nach den von der hiesigen Zollverwaltung heraus- 
gegebenen wöchentlichen Veröffentlichungen betrug der 
Werth des nach Sansibar importirten Elfenbeins in 
Rupien 
im ersten 
Halbjahr 
1892 1893 1895“) 1896 1897 
2375 821 1887 320 1 866 578 2136 944 1193082 
Die Menge betrug, in englischen Pfund berechnet: 
im ersten 
1894“"“) 1895 1896 Halbjahr 1897 
42 720 247 876 290 134 143200 
Auf die verschiedenen Ursprungsländer vertheilt, 
betrug die Einfuhr in englischen Pfunden aus: 
im ersten 
1894“) 1895 1896 Halbjahr 1897 
Deutsch= ueie 346 300 196 128 232 747 103 294 
Britise tafrika 58 350 37 127 44 158 33523 
Benadirkuste 8310 8610 9565 4688 
Portugiesischem 
Gebiet 9760 6011 3844 1695 
  
Hiernach haben die Zufuhren an Elfenbein im 
Jahre 1895 abgenommen, sind aber seitdem wieder 
gestiegen; zu bemerken ist die ständige und ins- 
besondere im laufenden Jahre erhebliche Zunahme 
des auf Britisch-Ostafrika entfallenden Antheils, welche 
wohl auf Kosten der deutschen Küste stattgefunden 
  
*) Für 1894 sind keine Veröffentlichungen ergangen. 
Englische Konsulatsberichte 2 756 459 Rupien. 
*#) Nach den Auszeichnungen des Vertreters der Firma 
Heinrich Adolf Meyer. 
Fur die früheren Jahre ist die importirte Menge nicht 
zu ermitteln, die Zollstatistik giebt nur „Packages“ an, 
deren Gewicht nicht angegeben ist und in jekenagan ver- 
schieden war.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.