Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

weicher als die Wahehe und demgemäß für Europäer 
viel zugänglicher. 
Aus dem Geschilderten geht hervor, daß Zone 1 
plantagenfähig ist, daß aber der Hauptwerth „Uhehes“ 
in den Zonen 2, 3 und 4 zu suchen ist. Zu einer 
lohnenden Farmenbesiedelung sind Fünferlei erfor- 
derlich: 
1. Große Ausdehnung des in Frage kommenden 
Gebiets. 
. Fruchtbarkeit für europäische Produkte. 
Tanglichkeit für Viehzucht. 
Malarlafreiheit und kräftiges Klima. 
Bequeme und billige Transportmittel. 
Zu 1: Die Ausdehnung der Zonen 2, 3 und 4 
ist kartographisch annähernd fixirt; sie stellen eine 
Fläche von etwa 10 000 qkm dar und liefern Raum 
für Tausende von Farmen. 
Zu 2: Die genügende Fruchtbarkeit läßt sich mit 
ziemlicher Sicherheit aus der Kulturnachweisung der 
Kaiserlichen Station Iringa ableiten, sowie aus den 
Resultaten, welche die Missionen in Uhehe selbst oder 
in Uhehe nahe verwandten Gebieten erzielt haben, 
nämlich die deutschkatholische Mission bei Alt-Iringa, 
die zahlreichen deutschevangelischen Missionen während 
fünf Jahren in den Nyassabergen, die französisch- 
katholische Mission während vieler Jahre in den 
Tanganyikabergen. Aus Allem geht hervor, daß 
Weizen, Kartoffeln, alle Gemüsearten, Küchenkräuter 
u. dergl. in der Regenzeit bei sehr geringer Pflege 
vortrefflich gedelhen. 
Zu 3: Die Tauglichkeit für Viehzucht wird durch 
die im Verhältniß zur Einwohnerzahl bedeutenden 
Herden vorzüglichen Viehs bewiesen. 
Zu 4: Die Frage der sanitären Verhältnisse läßt 
sich naturgemäß erst nach längerer Zeit mit Sicher- 
heit beantworten. 
Als Laie, der aber eine fast achtjährige Erfah- 
rung besitzt, welche sich auf drei Viertel unserer 
ganzen Kolonle und speziell ihres Innern erstreckt, 
sei mir folgende Darslellung gestattet. 
Ich habe auf einer Reihe von Stationen, die ich 
selber begründet oder an deren Gründung ich be- 
thelligt gewesen bin, wahrgenommen, daß man auf 
neuen Stationen dazu neigt, anfänglich in gesund- 
heitlicher Hinsicht ein günstiges Urtheil zu fällen, 
welches dann in kurzer Zeit bedeutend abgeschwächt 
werden muß. Bei Iringa ist dagegen die anfäng- 
liche Ansicht in dieser Beziehung eher schlechter ge- 
wesen als jetzt nach dreivierteljährigem Bestehen der 
Station. Ferner ist mir auf allen anderen Statlonen 
viel mehr Krankheit, zumal Malaria unter den Euro- 
päern, vorgekommen als in Iringa. Im Allgemeinen 
fühlen sich hier die vorhandenen Europäer frisch, 
gesund und arbeitsfähig, und zwar nicht nur die 
Militärpersonen, sondern auch die fünf Mitglieder 
der katholischen Mission, ein griechischer Händler und 
eine deutsche Dame, die sämmtlich bisher unter jenen 
recht ungünstigen Verhältnissen gelebt haben, wie sie 
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nun einmal die erste Gründungszeit einer Station, 
zumal wenn sie in die Regenzeit fällt, unvermeidlich 
mit sich bringt. 
Der Europäer, welcher nach Uhehe kommt, wird 
in der ersten Zeit wahrscheinlich einigermaßen an 
Malaria erkranken. Um hierher zu gelangen, muß 
er ungesunde Gebiete passiren, in denen er die 
Malariaerreger mehr oder minder in sein System 
aufnehmen wird, und er wird dann in den meisten 
Fällen schon unterwegs „Fieber bekommen“. In 
Uhehe angelangt, wird er die unterwegs ausgenom- 
menen Plasmodienmengen aufzuarbeiten haben; die- 
selben werden sich allmählich aus seinem Körper 
ausscheiden, und diese Prozedur wird mehr oder 
weniger durch Aeußerungen des Fiebers bezeichnet 
sein. Ist dieselbe beendigt, so wird er in Zone 2 
sicherlich, in Zone 3 höchstwahrscheinlich, in Zone 4 
vielleicht weitere Zufuhr von Plasmodien erfahren, 
d. h. er wird gar nicht mehr fieberkrank sein und 
zwar — solange er in den drei Zonen bleibt. 
Zone 2 und 3 sind zusammen so ausgedehnt, daß 
eine Nothwendigkeit für einen Farmer, sie zu ver- 
lassen, kaum eintreten wird. Es ist jedoch zu be- 
achten, daß das Klima vielfach rauh und, wenn auch 
für gesunde Leute durchaus kräftigend, so doch für 
schwache, schon angekränkelte Naturen anstrengend 
ist. Die Hauptsache vorerst ist die, daß der Europäer 
gesund und kräftig an der Küste ankommt; dann 
wird er erstens unterwegs, in der gesunden Jahres- 
zeit reisend, vielleicht keine Plasmodien in sich auf- 
nehmen, oder doch nur in sehr geringen Mengen; 
dann wird er zweitens die eventuelle Prozedur der 
Ausscheidung der Bazillen kaum empfinden, in den 
ersten Monaten nur minimale Fieber haben, die ihn 
von der Arbeit nicht abhalten; und dann wird er 
dauernd fieberfrei — wenn er sich gegen die 
Schärfen der Witterung durch Kleidung, Wohnung 
und Lebensweise schützt — durchaus persüönlich jede 
Arbeit verrichten können, nur das Kräftigende des 
kühlen, frischen Klimas empfinden und einer gleich- 
langen Lebensdauer wie in der Heimath entgegen- 
sehen können. 
Zu 5. Es verbleibt, den fünften Punkt, die 
Verkehrsfrage, zu prüfen: 
Die Entfernung der Ostgrenze der 2. und 
1. Zone von der Küste mag an 300 km in der 
Luftlinie betragen. Eine Eisenbahn für solche Strecke 
würde, wenn man den bisherigen Bau der Tanga- 
bahn als Maßstab nimmt, viel zu lange Zeit in 
Anspruch nehmen — von solcher wollen wir daher 
vorläufig lieber Abstand nehmen. Eine einfache 
Fahrstraße würde sich eher empfehlen, würde nicht 
sehr kostspielig sein und ziemlich schnell hergestellt 
werden können. Als Transportmittel würden für 
diese Straße lediglich Zugochsen und allenfalls ein- 
heimische Esel in Betracht kommen. Es ist aber noch 
nicht festgestellt, ob unsere einheimischen Rinder kräftig 
genug sind, und ob Zugochsen, aus Südafrika ein-
	        
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