auf Todesstrase erkannt werden könne. Auch war
der Kolonialrath dafür, daß bei gewissen gegen weiße
Frauen gerichteten Sittlichkeitsverbrechen Todesstrafe
einzutreten habe. Schließlich äußerte der Kolonial-
rath seine Ansicht über den Höchstbetrag der Freiheits-
strafe dahin, daß deren Dauer 10 Jahre nicht über-
steigen dürfe. Am Nachmittag wurde die Frage ein-
gehend erörtert, welche strafgerichtlichen Befugnisse
Führern von Expeditionen zu übertragen seien. Der
Beschluß des Kolonialraths ging dahin, daß nicht
nur bei dienstlichen Expeditionen, wie im Entwurf
vorgeschlagen, sondern allgemein bei Expeditionen
dem Führer für deren Dauer die Strafgerichtsbarkeit
über die zur Expedition gehörigen Eingeborenen
sowie in Bezug auf Strafthaten, welche gegen die
Expedition gerichtet sind, vom Gouverneur übertragen
werden könne. Welche weitergehenden Befugnisse den
Expeditionsführern durch den Gouverneur eingeräumt
werden könnten, solle durch besondere Verordnung
bestimmt werden. Die serneren Bestimmungen des
Entwurfs über Führung und Einreichung von Straf-
registern wurden ohne Debatte genehmigt.
Es gelangte weiter der Entwurf einer Verord-
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nung, betreffend die Erhaltung der Disziplin unter
den eingeborenen Arbeitern, zur Berathung. Als
Disziplinarstrasen sollen danach Einsperrung, Geld-
strafen und körperliche Züchtigung, letztere aber nur
gegen männliche, völlig gesunde Arbeiler, angewendet
werden. Der Entwurf wurde mit einigen Abände-
rungen vom Kolonialrath angenommen. Im An-
schluß an die Berathung wurde eine Resolution ge-
faßt: die Regierung zu ersuchen, die Frage einer
Abänderung des für die Weißen in den Schutzgebieten
gültigen Strafrechts im Hinblick auf die Rück-
wirkungen, welche die Regelung des Strafrechts für
die Eingeborenen auf die Stellung der Weißen aus-
üben würde, in Erwägung zu ziehen. Es fand sodann
eine weitere Resolution einstimmige Annahme, in der
sich der Kolonialrath dafür ausspricht, daß in den
einzelnen Schutzgebieten aus den angesehensten
deutschen Einwohnern dem Gouverneur bezw. Landes-
hauptmann ein Beirath beigeordnet werden möge.
iermit war die Tagesordnung erledigt, und der
Kolonialrath wurde, nachdem der Vorsibende den
Mitgliedern den Dank für ihre Mitwirkung ausge-
sprochen hatte, geschlossen.
Machrichten aus den deulschen Schuhgebieken.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Drutsch-Pllafrika.
Ueber die biehseuchen in Deutsch-Ostafrika
liegt vom Geh. Medizinalrath Dr. Koch aus Dar-
es-Saläm folgender Bericht vor:
Nachdem vor 4 bis 5 Jahren die Rinderpest
auf ihrem Zuge von den Somaliländern nach Süd-
afrika den größten Theil des Schutzgebietes verheert
hatte, hörte man von gefährlichen Viehseuchen im
Innern nichts mehr, und es scheint sich der Vieh-
stand in den meisten viehzüchtenden Gebieten der
Kolonie in erfreulicher Weise wieder gehoben zu
aben.
Seuchenausbrüche vor, denen viele Rinder zum Opfer
fielen. Trotz der Bemühungen des Kaiserlichen
Gouvernements, welches immer von Neuem frische
Thiere herbeischaffen ließ, kam die Viehzucht im
Küstengebiet deswegen nicht vorwärts. Ueber diese
Seuchen herrschte bis jetzt vollkommenes Dunkel;
man wußte nicht, ob es sich nur um eine oder #m
verschiedene Krankheiten handle, ob die Krankheit 9
aus dem Innern gebracht werde oder ob sie an der
Küste entstehe.
Durch die mikroskopische Untersuchung des Blutes
von erkrankten und der Krankheit erlegenen Thieren
ließen sich diese Fragen glücklicherweise sehr bald
beantworten, und es ergab sich, daß das Viehsterben
an der Küste durch zwei verschiedene Krankheiten,
nämlich durch das Texasfieber und durch die Surra-
oder Tsetsekrankheit bedingt wird.
Nur an der Küste kamen immer noch
1 Ich werde mich in dlesem Berichte mit der letz-
teren Krankheit beschäftigen und eine Schilderung des
Texasfiebers an der ostafrikanischen Küste sehr bald
folgen lassen.
I Die Tsetselrankheit kennt man in Südafrika seit
langer Zeit; sie beschränkt sich aber nicht allein auf
die südlichen Gebiete des Erdthells, denn vor etwa
zwei Jahren hatte ich im Auftrage des auswärtigen
Anmts Präparate zu untersuchen, welche aus Togo
nach Berlin gesandt waren und sich als der Tsetse=
krankheit zugehörig herausstellten. Außerdem gehört
eine in Nordindien weit verbreitete, unter dem Namen
Surra schon seit langer Zeit bekannte Krankheit
hierher.
Nach den Veröffentlichungen des Dr. Bruce
über die Tsetsekrankheit in Südafrika, nach dem,
was ich an den Präparaten aus Togo gesehen habe
und nach den Mittheilungen, welche mir der lang-
jährige Untersucher der Surra in Indien, Dr. Lin-
gard, gemacht hat, kann ich keinen wesentlichen
Unterschied zwischen den an verschiedenen Orten
beobachteten Tsetse= und Surrakrankheiten erkennen
und muß dieselben vorläufig für identisch halten.
Die Krankheit wird bedingt durch einen Parasiten,
welcher im Blute der erkrankten Thiere lebt und
von einem Thiere auf das andere durch stechende
Insekten, in Südafrika und in Togo durch die
Thsetsefliege, übertragen wird. Wie die Uebertragung
in Indien stattfindet, ist noch nicht mit Sicherheit