Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

auf Todesstrase erkannt werden könne. Auch war 
der Kolonialrath dafür, daß bei gewissen gegen weiße 
Frauen gerichteten Sittlichkeitsverbrechen Todesstrafe 
einzutreten habe. Schließlich äußerte der Kolonial- 
rath seine Ansicht über den Höchstbetrag der Freiheits- 
strafe dahin, daß deren Dauer 10 Jahre nicht über- 
steigen dürfe. Am Nachmittag wurde die Frage ein- 
gehend erörtert, welche strafgerichtlichen Befugnisse 
Führern von Expeditionen zu übertragen seien. Der 
Beschluß des Kolonialraths ging dahin, daß nicht 
nur bei dienstlichen Expeditionen, wie im Entwurf 
vorgeschlagen, sondern allgemein bei Expeditionen 
dem Führer für deren Dauer die Strafgerichtsbarkeit 
über die zur Expedition gehörigen Eingeborenen 
sowie in Bezug auf Strafthaten, welche gegen die 
Expedition gerichtet sind, vom Gouverneur übertragen 
werden könne. Welche weitergehenden Befugnisse den 
Expeditionsführern durch den Gouverneur eingeräumt 
werden könnten, solle durch besondere Verordnung 
bestimmt werden. Die serneren Bestimmungen des 
Entwurfs über Führung und Einreichung von Straf- 
registern wurden ohne Debatte genehmigt. 
Es gelangte weiter der Entwurf einer Verord- 
719 
nung, betreffend die Erhaltung der Disziplin unter 
den eingeborenen Arbeitern, zur Berathung. Als 
Disziplinarstrasen sollen danach Einsperrung, Geld- 
strafen und körperliche Züchtigung, letztere aber nur 
gegen männliche, völlig gesunde Arbeiler, angewendet 
werden. Der Entwurf wurde mit einigen Abände- 
rungen vom Kolonialrath angenommen. Im An- 
schluß an die Berathung wurde eine Resolution ge- 
faßt: die Regierung zu ersuchen, die Frage einer 
Abänderung des für die Weißen in den Schutzgebieten 
gültigen Strafrechts im Hinblick auf die Rück- 
wirkungen, welche die Regelung des Strafrechts für 
die Eingeborenen auf die Stellung der Weißen aus- 
üben würde, in Erwägung zu ziehen. Es fand sodann 
eine weitere Resolution einstimmige Annahme, in der 
sich der Kolonialrath dafür ausspricht, daß in den 
einzelnen Schutzgebieten aus den angesehensten 
deutschen Einwohnern dem Gouverneur bezw. Landes- 
hauptmann ein Beirath beigeordnet werden möge. 
iermit war die Tagesordnung erledigt, und der 
Kolonialrath wurde, nachdem der Vorsibende den 
Mitgliedern den Dank für ihre Mitwirkung ausge- 
sprochen hatte, geschlossen. 
  
Machrichten aus den deulschen Schuhgebieken. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
  
Drutsch-Pllafrika. 
Ueber die biehseuchen in Deutsch-Ostafrika 
liegt vom Geh. Medizinalrath Dr. Koch aus Dar- 
es-Saläm folgender Bericht vor: 
Nachdem vor 4 bis 5 Jahren die Rinderpest 
auf ihrem Zuge von den Somaliländern nach Süd- 
afrika den größten Theil des Schutzgebietes verheert 
hatte, hörte man von gefährlichen Viehseuchen im 
Innern nichts mehr, und es scheint sich der Vieh- 
stand in den meisten viehzüchtenden Gebieten der 
Kolonie in erfreulicher Weise wieder gehoben zu 
aben. 
Seuchenausbrüche vor, denen viele Rinder zum Opfer 
fielen. Trotz der Bemühungen des Kaiserlichen 
Gouvernements, welches immer von Neuem frische 
Thiere herbeischaffen ließ, kam die Viehzucht im 
Küstengebiet deswegen nicht vorwärts. Ueber diese 
Seuchen herrschte bis jetzt vollkommenes Dunkel; 
man wußte nicht, ob es sich nur um eine oder #m 
verschiedene Krankheiten handle, ob die Krankheit 9 
aus dem Innern gebracht werde oder ob sie an der 
Küste entstehe. 
Durch die mikroskopische Untersuchung des Blutes 
von erkrankten und der Krankheit erlegenen Thieren 
ließen sich diese Fragen glücklicherweise sehr bald 
beantworten, und es ergab sich, daß das Viehsterben 
an der Küste durch zwei verschiedene Krankheiten, 
nämlich durch das Texasfieber und durch die Surra- 
oder Tsetsekrankheit bedingt wird. 
Nur an der Küste kamen immer noch 
1 Ich werde mich in dlesem Berichte mit der letz- 
teren Krankheit beschäftigen und eine Schilderung des 
Texasfiebers an der ostafrikanischen Küste sehr bald 
folgen lassen. 
I Die Tsetselrankheit kennt man in Südafrika seit 
langer Zeit; sie beschränkt sich aber nicht allein auf 
die südlichen Gebiete des Erdthells, denn vor etwa 
zwei Jahren hatte ich im Auftrage des auswärtigen 
Anmts Präparate zu untersuchen, welche aus Togo 
nach Berlin gesandt waren und sich als der Tsetse= 
krankheit zugehörig herausstellten. Außerdem gehört 
eine in Nordindien weit verbreitete, unter dem Namen 
Surra schon seit langer Zeit bekannte Krankheit 
hierher. 
Nach den Veröffentlichungen des Dr. Bruce 
über die Tsetsekrankheit in Südafrika, nach dem, 
was ich an den Präparaten aus Togo gesehen habe 
und nach den Mittheilungen, welche mir der lang- 
jährige Untersucher der Surra in Indien, Dr. Lin- 
gard, gemacht hat, kann ich keinen wesentlichen 
Unterschied zwischen den an verschiedenen Orten 
beobachteten Tsetse= und Surrakrankheiten erkennen 
und muß dieselben vorläufig für identisch halten. 
Die Krankheit wird bedingt durch einen Parasiten, 
welcher im Blute der erkrankten Thiere lebt und 
von einem Thiere auf das andere durch stechende 
Insekten, in Südafrika und in Togo durch die 
Thsetsefliege, übertragen wird. Wie die Uebertragung 
in Indien stattfindet, ist noch nicht mit Sicherheit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.