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Anfangs kamen wir durch wenig bevölkerte Strecken.
Am 10. August wurden wir von Eingeborenen, die
Feuerwaffen noch nicht kannten, mehrfach in dreisiester
Weise angegriffen. Der Knall unserer Gewehre
schreckte sie nicht; erst ihre Wirkung brachte sie zum
eichen.
Am 13. August gelangten wir in eine von einem
von den früheren Eingeborenen durchaus verschie-
denen, intelligenten Volksstamm dicht bevölkerte
Gegend. Der Strom, 200 bis 300 m breit, ge-
wann durch die seine Ufer säumenden Kokosbestände
ein völlig anderes Aussehen. Die Leute kamen uns
freundlich entgegen. Sie wohnen in großen, lang-
gestreckten, auf höhen Pfählen stehenden Häusern.
In ihren Schmucksachen deuten vereinzelte, von ihnen
hochgeschäbte Seemuscheln auf Beziehungen zur Küste.
Am 14. August erreichten wir eine von einem
anderen Stamme bewohnte Zone. Die den vorigen
gleichenden Eingeborenen benahmen sich wiederum
feindlich und nöthigten uns, von unseren Waffen
Gebrauch zu machen.
Unser Proviant war jeßt derart zusammen-
geschmolzen, daß wir zur Umkehr gezwungen wurden.
Die von uns befahrene Strecke betrug etwa 250 km.
Die starke Strömung (nach häufigen Messungen
etwa 2 m pro Sekunde) machte die Stromauffahrt
äußerst langwierig und beschwerlich, so daß wir erst
am 3. September unser erstes Lager an diesem
Fluß erreichten.
Der Name des Flusses lautet am Bismarck-
gebirge: Jagel unterhalb Röümu. Seine Breite
wechselt zwischen 100 und 300 m, doch ist das
Flußbett stellenweise kilometerweit. Die Tiefe betrug
(während der Trockenzeit) 1 bis 4 m, Hochwasser-
marken an den Bäumen deuten auf ein zeitweises
Steigen des Wassers um 3 bis 4 m hin; eine
Fahrrinne von etwa 4 m Tiefe ist überall vorhanden.
Vom 4. bis 6. September bestieg ich mit Dr.
Kersting einen etwa 1000 m hohen Berg des
Bismarckgebirges, von welchem sich uns eine um-
fassende Aussicht nach Südosten, Osten bis Nord-
westen öffnete. Der Rämu (bielleicht identisch mit
dem Ottilienfluß) war noch 100 km nach Südosten
in gleicher Größe sichtbar. Eine Ebene von durch-
schnittlich 30 km Breite erstreckt sich hinter dem
Finisterregebirge dem Rande des Bismarckgebirges
(welches auf der Karte um etwa 100 km nach
Südwesten zu verschieben ist) und dessen Ausläufern
folgend bis an die südlich vom Augustafluß gelegenen
Bergzüge heran und biegt dann, wohl 100 km breit,
nach Norden nach der See zu um. Nördlich des
Gogol ziehen sich der Küste parallel 1000 bis
2000 m hohe Gebirge hin, welche nach Norden sich
abflachend in die Ebene übergehen. Zwischen
Gogolebene und Rämuebene liegen nur niedere
Höhenzüge.
Der Boden der Ebene besteht durchweg aus
Alluvialland; stark humose, tiese, lehmige Krume,
meist mit Lehmuntergrund. Stellenweise scheint das
Land für kürzere Strecken der Ueberschwemmung
ausgesetzt. Die Ebene ist durchweg mit Hochwald
bestanden und für Neu-Guineaverhältnisse reich be-
völkert.
Auf den höchsten Spitzen des Bismarckgebirges
(nach trigonometrischer Berechnung etwa 4300 m),
die übrigens mit den von Zöller gesehenen nicht
identisch sind, war zeitweise Schnee sichtbar. Das
centrale Massiv scheint, den Bachgeröllen nach zu
urtheilen, aus Quarz und Schiefer zu bestehen.
Am 8. September begannen wir den Rückmarsch
und trafen am 16. September in Stephansort ein.
Während der Expedition sind zwei Todesfälle
und eine Verwundung zu verzeichnen, im Uebrigen
war der Gesundheitszustand ein vorzüglicher.
Von den drei Mitgliedern der Expedliion wurden
Routenaufnahmen gemacht. Die Mehrzahl der Lager-
plätze wurde durch astronomische Bestimmungen fest-
gelegt, der sichtbare Theil des Bismarckgebirges
sowie die anderen Gebirgszüge durch Meßtischblätter
und trigonometrische Aufnahmen. Herr Tappen-
beck fertigte die größere Anzahl von Photographien.
Die botanische Sammlung umfaßt 900 Nummern,
die zoologische einige Häute und Schädel, 100 Vogel-
bälge, eine Anzahl Reptilien, Amphibien und Süß-
wassersische und eine große Zahl Insekten. Ferner
wurden geologische Handstücke sowie Erdproben und
eine umfangreiche Sammlung von ethnographischen
Gegenständen der durchzogenen Gebiete zusammen-
gebracht.
Der Aufenthalt in Stephansort bis zur Ankunft
des Dampfers wurde, von einigen Fiebern unter-
brochen, zur Ordnung und Verpackung der Samm-
lungen sowie Abrechnung verwandt. Vom 13. bis
21. Oktober machten Dr. Kersting und ich eine
Rundfahrt durch den Archipel; am 9. November
langten wir in Singapore, am 9. Dezember mit dem
Dampfer „Preußen“ in Genna an.
Aus dem Brreiche der Wissionen und
der Antisklaverei-Bewegung.
Die Basler Mission in Kamerunn befindet
sich in einem erfreulichen Zustand der Entwickelung
und Ausbreitung. Von einer Forschungsreise nach
den südlichen Gegenden der Kolonie berichtet Missio-
nar Hermann: „Unser Haupteindruck von der Reise
war, daß die Thüren für unsere Missionsarbeit offen
stehen, die Leute fast durchweg des alten Treibens
überdrüssig sind und die Betrügereien der Fetischleute
allgemein erkannt und verspottet werden.“ Die Zahl
der Missionsstationen in Kamerun ist von fünf im
Jahre 1895 auf sieben im Jahre 1896 erhöht, noch
zwei sollen hinzukommen. «
Im Kondelande am Nyassasee hat die Berliner
Mission abermals die Zeltpfähle weiter stecken