Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

nach scharfem Gefecht angelangt. Die Stadt wurde 
gestürmt und eingenommen. Die Sieger überzeugten 
sich, daß Benin den Namen Blutstadt mit Recht 
führte. In jedem Haus fast lagen die Körper von 
todten oder sterbenden Opfern des Fetischglaubens. 
Die Bewohner hatten geglaubt, durch ein großes 
Blutbad den Geist der Bronzefetische wieder zu ver- 
söhnen und das Glück der Waffen für sich gewinnen 
zu können. So groß war das Blutbad der Fetisch- 
priester, daß an einer Stelle links und rechts je 
60 Menschenleichen lagen. Alles in Benin war 
blutübergossen, und Blut floß in Mengen aus dem 
in der Mitte der Stadt befindlichen Tempel. Auf 
sämmtlichen Kruzifixbäumen befanden sich menschliche 
Opfer. Die ganze Stadt bot einen schaurigen Anblick. 
Im Tempel fand man nun die so ängstlich ge- 
hüteten Heiligthümer vor. Es waren meist Bronzen, 
Köpfe darstellend, in denen Korallen und werthvolle 
Perlen lagerten. Theilweise war in der Kopföffnung 
geschnitztes Elfenbein eingetrieben. Auch ein Paar 
aus Elfenbein geschnitzte Leoparden fand man und 
dier aus Bronze sehr künstlich gegossene große 
Leoparden. 
Die Lehmwände des Tempels waren mit Bronze- 
platten bedeckt, auf denen allerlei Personen und Thiere 
in hübschen Reliefs dargestellt waren. Alle diese 
höchst eigenartigen und bisher unbekannten Werke 
längst vergessener Kunstfertigkeit wurden gesammelt 
und für den Transport zur Küste von den Siegern 
auf einen Haufen gelegt. 
Inzwischen war in einem großen mit Matten 
hedecten Hause ein provisorisches Hospital für die 
ahlreichen Verwundeten hergerichtet worden. Kaum 
hate man aber alle Leidenden hineingeschafft, als 
eme fanatische Beninleute die dem Hospital nahe- 
ligende Häuptlingshütte, vor der die Bronzen 2c. 
T in Brand steckten. Auch das Hospital fing 
deuer, und während Alles an das Retten der Ver- 
vundeten dachte und vollauf damit beschäftigt war, 
Lunen weitere Fetischleute aus dem Busch und retteten 
hrerseits so viel von den Bronzeheiligthümern, als 
se tragen konnten. Mit ihren Gütern und dem 
könige slüchteten die Fetischpriester nach dem Innern, 
6 AMdb, während die Führer der Expedition an- 
wahnen, daß die Sachen meist bei dem Brande zu 
Gunde gegangen seien. 
As der in Lagos sehr bekannte und beliebte 
Rutsche Konsul Eduard Schmidt von dem wahren 
Sabperhalt zufällig hörte, sandte er einige zuver- 
Lssige Eingeborene nach Ado, um zu versuchen, 
euiges von den Bronzesachen den Flüchtlingen ab- 
iluufen. Erst nach Verlauf mehrerer Monate kamen 
die volen zurück. Sie hatten, solange der König 
sih auf freiem Fuße befand, erfolglos versucht, den 
W die Bronzen abzukaufen. Erst als der 
T mit den Fetischleuten, des ewigen Jagens durch 
¾ Iuppen des Nigerküstengebietes und der Royal- 
Company müde, sich ergab, verkaufte der zweite 
inhäuplling die außerordentlich kunstvoll gearbeiteten 
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Bronzefetische, welche demnächst im Berliner Museum 
für Völkerkunde zur allgemeinen Besichtigung ausgestellt 
werden, an die Leute des deutschen Konsuls. 
— — — — 
Tikter atur. 
Koloniales Jahrbuch. Herausgegeben von Gustav 
Meinecke. X. Jahrgang 1897. IV. Heft. 
Berlin W. 10. Deutscher Kolonial-Verlag. 
Im vorliegenden Schlußtheile des Jahrgangs 
1897 behandelt ein ungenannter Autor aus Anlaß 
des Togovertrages die Frage extensiver und wirth- 
schaftlicher Kolonialpolitik. Ein Aufsatz von Mende 
spricht sich für Uebernahme der Landeshoheit in Neu- 
Guinea durch das Deutsche Reich aus. Zum Schluß 
wird eine Uebersicht der Koloniallitteratur des Jah- 
res 1896 geboten. 
Dr. Karl Fricker: Bibliothek der Länder- 
kunde, herausgegeben von Professor Dr. A. Kirch- 
hoff und Rudolf Fitzuer. 1. Band: Antarktis. 
8° 230 Seiten mit 8 Tafeln, 3 Vollbildern, 
37 Illustrationen und 12 Karten im Text und 
1 gr. Karte des Südpolargebietes in Farbendruck. 
Berlin 1898. Verlag von Schall & Grund, Hof- 
buchhändler. Preis 5 Mark. 
Die „Bibliothek der Länderkunde“, deren erster 
Band hier vorliegt, soll nach einheitlichem Plane in 
einer Reihe von Bänden sämmtliche Ländergebiete 
der Erde zur Darstellung bringen. Der erste Band 
„Antarktis“ leitet das große Unternehmen ein. 
Er kommt gerade zur rechten Zeit, da nicht allein 
für die geographische Welt die Südpolarforschung im 
Vordergrund des Interesses steht, sondern das Pu- 
blikum dem Auslaufen einer deutschen Expedition in 
die Antarktis entgegenblickt. Dr. Fricker giebt in 
dem vorliegenden Bande zunächst eine eingehende 
Darstellung der Entdeckungsgeschichte und behandelt 
dann die Topographie und Geologie der bisher be- 
kannt gewordenen Südpolarländer, weiterhin die 
klimatischen Elemente wie die Eisverhältnisse, endlich 
die Thier= und Pflanzenwelt und schließt mit einem 
Ausblick auf die Zukunft der Südpolarforschung. 
— — — — 
Dr. Ch. G. Barth: Die von 1865 bis 1895 er- 
zielten Fortschritte der Kenntniß fremder Erdtheile 
in ihren Einwirkungen auf das staatliche und 
wirthschaftliche Leben des Deutschen Reichs. I.Theil. 
Stuttgart 1898. Hobbing & Büchle. 
Die Schrift verdankt ihr Entstehen anscheinend 
der von der Breslauer Universität gestellten Preis- 
aufgabe, welche damals eine genügende Lösung nach 
dem Urtheil der Preisrichter nicht gefunden hat. 
Es ist nicht zu ersehen, ob die Schrift ebenfalls dem 
Preisgericht vorgelegen hat. Der hier gedruckte erste 
Theil der Arbeit giebt eine sehr fleißige und müh- 
same Schilderung der Fortschritte unserer geographi-
	        
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