Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Aruscha ju (jenseits des Meruberges), Aruscha tschini 
(in der südlichen Steppe), nach Umbugwe und den 
zahlreichen in der Steppe zerstreut liegenden Wando- 
robbokraals erstreckt sich der unmittelbare Einfluß der 
deutschen Station. Die Oberhäuptlinge aller dieser 
früher feindseligen Stämme erschienen zu meiner Be- 
grüßung auf fünf, sogar acht Tagemärsche weit und 
brachten Elfenbein und andere Geschenke als Tribut. 
Südpare und Westusambara sind diejenigen Ge- 
biete der Kolonie, die gegenwärtig zumeist gefördert 
und in ihrer wirthschaftlichen Entwickelung begünstigt 
werden müssen. Beide Gebirgsländer zeigen etwa 
die gleiche Erhebung (1500 bis 2000 m), werthvolle 
Waldbestände und schöne Wiesenmatten, reiche Be- 
wässerung, Klima und Boden für deutsche Besiede- 
lung geeignet. Ihre Küstennähe und die Hoffnung, 
daß beide bald durch Verlängerung der Tangabahn 
mit der Küste in direkte Verbindung treten, lassen 
hier eine schnelle und günstige Entwickelung wenigstens 
in Aussicht stellen. 
Den Gebirgsklotz von Südpare habe ich von 
Kisuani aus erstiegen, auf der Höhe des Gebirges 
die Landschaften Wudeh, Tschomme, Gonjansa und 
Kansa durchzogen und bin bei Gondja in die Steppe 
hinabgestiegen. 
Das Land Wudeh, das sich Dr. Beerwald für 
die Afrikanische Landwirthschafts-Gesellschaft gesichert 
hat, besteht aus schönen Hochweiden, die von den 
Bananen-, Mais= und Zuckerrohrschamben der Ein- 
geborenen unterbrochen sind. Es eignet sich entschieden 
zur Viehzucht in größerem Stil. Verschweigen läßt 
sich aber nicht, daß die Zugangspunkte zum Gebirge, 
nach Kisuani und Gondja für Vieh gefährlich zu sein 
scheinen. Ein Maulthier meiner Expedition, das den 
Ausstieg nicht mitmachte, sondern vier Tage am Fuße 
des Gebirges an den beiden genannten Punkten ver- 
blieb, ging wenige Tage darauf an den Krankheits- 
erscheinungen des Tsetsestiches (Blut aus Augen und 
Nüstern, Blutharn 2c.) ein, während die anderen 
Thiere, die die schwere Kletterpartie mitgemacht 
hatten, gesund blieben. Die Afrikanische Landwirth- 
schafts-Gesellschaft wird also mit diesem Faktor rechnen 
müssen, wenn sie größere Viehstapel an oder auf 
dem Paregebirge aufstellen will. 
Die Landschaft Tschomme, die von Seiten eines 
Pflanzers für Plantagenzwecke in Aussicht genommen 
ist, hat meinen Erwartungen nicht entsprochen. Sie 
hat keinen Waldbestand, keinen tkefgründigen Humus, 
sondern zeigt dasselbe Aeußere wie Wudeh und wird 
für bäuerliche Landwirthschaft und Viehzucht recht 
gut sich eignen. Oestlich Tschomme breitet sich auf 
der Höhe des Gebirges — auf 1800 bis 2000 m 
— ein prachtvoller Urwald aus, dessen nordsüdliche 
Ausdehnung ich nicht feststellen konnte, den ich von 
Westen nach Osten in drei vollen Stunden mühsam 
durchquerte. Mächtige Baumriesen, dichtes Unterholz, 
Lianengehänge, Farnkräuter und malerische Baum- 
farne sind das Charakteristische dieses Waldbestandes. 
Em Boden, der solchen Pflanzenwuchs trägt und 
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trotz der trockenen Jahreszcit solche Feuchtigkeit birgt, 
ist für jeden Anbau geeignet und kann je nach der 
Höhenlage für die verschiedenen Tropenkulturen ver- 
wendet werden. 
Von Gondja führte mich ein starker Marsch durch 
die sonnendurchglühte Dornensteppe nach Schemahombe 
am Nordwestsuße des Usambara-Gebirgsstockes, von 
wo der fast senkrechte Aufstieg zu den Missionen 
Mtai und Mlalo gemacht ward. Ich habe sodann 
Westusambara in nordsüdlicher Richtung durchzogen 
und Abstecher in das Schummeland und nach der 
Plantage Sakarre gemacht. Die ganze Gebirgs- 
landschaft weist durch ihren immergrünen Anstrich, 
durch ihre starke Bewaldung und ihre saftigen Wiesen- 
matten selbst dem Laien das Bild eines Landes, das 
sich für deutsche Besiedelung eignet. Die vom Gou- 
vernement bei Kwai angelegte Musterwirthschaft, die 
unter der kundigen und praktischen Leitung des Herrn 
Eick in kaum zwei Jahren eine staunenswerthe Ent- 
wickelung genommen hat, wird den Mittelpunkt einer 
Bauernansiedelung in hoffentlich kurzer Zeit bilden. 
Jeder Kolonist kann sich hier mit eigenen Augen 
überzeugen, welch fabelhafte Fruchtbarkeit in diesem 
Boden steckt, wie die Kartoffeln, Roggen, Gerste, 
Lupinen, Weizen, Mais, Futterrüben, alle Gemüse- 
arten und daneben Wein, Kaffee, Thee 2c. gedeihen, 
welche Erfahrungen bei dem Anbau der einzelnen 
Früchte gesammelt, welche Fehler zu vermeiden sind. 
Ich stehe nicht an, diesen Punkt als die Perle der 
ganzen Kolonie und als den Brennpunkt aller hier 
im Lande geleisteten Arbeit zu bezeichnen. Es darf 
die Hoffnung auf eine glänzende Zukunft dieses 
schönen Landstriches ausgesprochen werden. 
Von Kwai aus durchzog ich in mehreren Tage- 
märschen die Landschaften Magamba und Schumme. 
In der ersteren, die theils aus Wiesenmatten, theils 
aus Hochwald besteht, ist ein Abschnitt für Plantagen- 
zwecke verkauft worden. Das Land ist sicher günstig 
für derartigen Betrieb, mit der Arbeit ist bis jetzt 
jedoch noch nicht begonnen. Das Schummeland, auf 
1800 bis 2000 m Höhe gelegen, ist ein Gebirgsstock, 
dessen Berge mit werthvollem hochstämmigen Cedern- 
holze (Juniperus procera) bedeckt sind, während 
die Thaleinschnitte auf wagerechter Sohle grüne 
Wiesenmatten zeigen. Die Landschaft ist auf vier 
Quadratmeilen Flächenraum zu schätzen, wovon etwa 
die Hälfte mit Cedernholz bewachsen sein mag. Hun- 
dertjährige Stämme sind in großer Zahl vorhanden 
und repräsentiren bedeutende Werthe. Gegenwärtig 
ruiniren die Eingeborenen diese Bestände, indem sie 
die Rinde der großen Bäume abschälen und ihre 
Hütten damit decken, andererseits durch Waldbrände 
ruchlosester Art. Selbstverständlich kann dies für 
Bleistiftfabrikation verwendbare Holz erst nutzbar 
werden, wenn die Eisenbahn bis Mombo unmittelbar 
an die Berge herangeführt ist. Schon jetzt aber 
handelt es sich dringend um sofortigen Forstschuz, 
der durch deutsche Beamte mit Strenge durchzu- 
führen ist.
	        
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