Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

— 276 — 
Die Türkei theilt die Befreiung von 14 Sklaven 
in Konstantinopel und 71 in Hodeida mit. 
4. Betreffend Einschränkung des Spirituosen= 
handels: 
Deutschland giebt eine Zusammenstellung der 
in Ostafrika ertheilten Schankkonzessionen (1895 30, 
1896 27) und der wegen Schankkontraventionen er- 
folgten Bestrafungen (1895 6, 1896 1). 
Im Kongostaat ist eine Verordnung über Ein- 
fuhr von Spirituosen in die Verbotszone ergangen. 
Die statistische Nachweisung über die Gesammteinfuhr 
ergiebt für 1897 1 133 241 Liter. 
England veröffentlicht auf Seiten 32 bis 168 
ein umfangreiches Material über die Spirituosen= 
einfuhr in Westafrika, unter Berücksichtigung der 
eigenen wie der benachbarten fremden Kolonien. Aus 
den statistischen Zusammenstellungen ergiebt sich für 
die letzten Jahre die Menge und der Werth der 
eingeführten Spirituosen, ihr Verhältniß zum Ge- 
sammthandel, ihre Herkunft und der in den einzelnen 
Kolonien zu entrichtende Eingangszoll. 
Durch Verordnung für das Protektorat San- 
sibar ist die Einfuhr von Spirituosen mit Ausnahme 
der für die nichteingeborene Bevölkerung bestimmten 
Getränke verboten worden. Die gleiche Berordnung 
ist für Britisch-Ostafrika erlassen. 
5. In Betreff des internationalen mari- 
timen Büreaus zu Sansibar ist zu erwähnen, daß 
zum Vorsitzenden für 1897 der deutsche Konsul 
Freiherr v. Rechenberg gewählt worden ist. Im 
Uebrigen enthält der Jahresbericht Mittheilungen 
bezüglich der Ueberwachung des Dharwverkehrs, der 
Bestrafung von Sklavenhandel und der Befreiung 
von Sklaven. 
Von Interesse dürfte noch eine von dem Vor- 
sitzenden abgegebene Erklärung bezüglich der in 
Deutsch-Ostafrika geltenden Grundsätze, betreffend 
die Sklaverei, sein (S. 217). Danach darf: 
1. Der Herr Ehegatten voneinander und Kinder 
von ihren Eltern nicht trennen. 
2. Wer seinen Sklaven mißhandelt, geht desselben 
verlustig. 
3. Der Herr muß im Alter oder bei Krankheit 
seinen Sklaven unterhalten und pflegen. 
1. Ein Verkauf des Sklaven ohne seine Zustimmung 
ist verboten. 
5. Der Sklave kann sich freikaufen. 
6. Der Sklave kann an bestimmten Tagen für sich 
selbst arbeiten, erwirbt den Ertrag dieser Arbeit 
für sich selbst und kann ihn dazu verwenden, 
sich freizukaufen. 
I. J. van der Burgt, Superior von St. An- 
tonius in Urundi, Usumbura-Usige (Tanganyikasee), 
schreibt an die Leitung von „Kreuz und Schwert“ 
unter dem 7. Dezember v. Js. Folgendes: 
Abermals hat unsere St. Antoniusmission cine 
Reihe stürmischer Tage zu bestehen gehabt. Wie Sie 
— — 
  
wissen, hat unter den Soldaten der Kongo-Expedition 
des belgischen Majors Dhanis ein Aufstand statt- 
gefunden. Die Menterer hatten bekanntlich etwa 30 
ihrer Offiziere ermordet und fast sämmtliche Gewehre, 
6000 an der Zahl, nebst einer Million Patronen in 
ihre Gewalt gebracht. Schon seit geraumer Zeit 
hatte man nichts mehr von dieser Empörerhorde 
gehört. 
Anfang November wollten nun die Belgier ihre 
verlassenen Stationen am Kiwusee in Ruanda wieder 
besetzen. Auf dem Wege aber dorthin, drei Tage- 
reisen von hier entfernt, stießen sic plötzlich auf die 
Rebellen, die im Begriff waren, nach Süden zu 
marschiren. Um das Unglück der Belgier voll zu 
machen, empörten sich bei ihrem Anblicke auch die 
100 Soldaten der neuen, zweiten Expedition, sticßen 
zu den ersteren, nicht ohne den Hauptmann Dubois 
getödtet zu haben, während Hauptmann Jelemont 
und der Unteroffizier Sandrart sich nur mit Mühe 
nach Unira retten konnten; von hier mußten dann 
die beiden mit dem Lieutenant Esch auf einer Piroge 
weiter flüchten und landeten in Mtowa. Die Auf- 
rührer, deren Zahl auf mehrere Tausend geschätzt 
wird, verfolgten sie lebhaft und lagerten am 19. No- 
vember schon bei Kinani, einem Warundihäuptling 
jenseits des Russissiflusses, drei Tagereisen von hier. 
Am 23. sandte der Anführer der Bande, ein 
schwarzer Sergeant, einen Elefantenzahn an Sergeant 
Ullmann in Usige, damit dieser ihn gegen Stoff 
eintausche. Natürlich war er gezwungen, ihn zurück- 
zuweisen, und auch wir mußten antworten, daß 
Missionare keinen Handel treiben. Andererseits aber 
konnte es Herrn Ullmann und uns nicht verhohlen 
bleiben, daß, sobald wir den Zahn zurücksandten, die 
Aufrührer erbittert würden und mit Gewalt sich das 
zu verschaffen suchten, wos sie in Güte nicht hatten 
erlangen können. Da kam mir ein guter Gedanke, 
der zugleich einen Ausweg bot: Ich schlug vor, 
Sklaven gegen Stoffe auszutauschen, da es ja eine 
That hoher Nächstenliebe war, armen Gefangenen dic 
Freiheit wiederzugeben. Wir hatten nämlich in Er- 
fahrung gebracht, daß sie von Ruanda her eine Un- 
masse Sklaven mit sich führten. Wir übersandten 
ihnen zwei Ballen Stoffe, und jenc Schurken waren 
überaus froh, sich für einige Meter Tuch einer An- 
zahl Kinder entledigen zu können, die ohnedies auf 
dem Weitermarsche gestorben wären. So kam am 
30. November eine erste Sendung von 17 kleinen 
Kindern bei uns an, und am 3. Dezember ein zweiter 
Zug von 21, so daß wir im Ganzen 38 erhielten, 
sämmtlich aus Ruanda. Ihr Alter ging nicht über 
fünf Jahre hinaus; von den 38 sind 11 Knaben 
und 27 Mädchen. 
Die Empörer sind seitdem südlich nach Mtowa 
weitergezogen. In fünf Banden getheilt, marschiren 
die einen längs des Tanganyika, die anderen halten 
sich in den Bergen und haben ihre Richtung nach 
Kobambao, Kassongo und Nyangwe genommen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.