Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

konstatiren können und in einer Herde von 58 Thieren, 
welche die Seuche überstanden hatten, habe ich 
28 Stück mit vereinzelten Jugendformen des Para- 
Alle diese Thiere waren 1 
siten behaftet gesunden. 
aus dem Inland an die Küste gebracht und bald 
nach der Ankunft erkrankt. Das im Küstengebiet 
heimische Vieh dagegen sieht, obwohl es mehrfach 
mit dem importirten und krank gewordenen Vieh 
zusammengekommen ist, wie ich mich namentlich auf 
der Insel! Mafia überzeugen konnte, gesund aus und 
Es ist 
befindet sich in gutem Ernährungszustande. 
mir bis jetzt noch in keinem einzigen Falle gelungen, 
die Texasfieber-Parasiten bei einem Küstenrind nach- 
zuweisen. 
Auf der Viehstation Pugu, etwa 20 Kilometer 
von Dar-es-Saläm, wo das aus dem Innern heran- 
getriebene Vieh gehalten wird, fand ich in der ersten 
Zeit meines Hierseins nur Thiere, welche an Surra 
litten; nicht ein einziger Fall von Texasfieber kom 
dort vor. Erst als versehentlich Anfang September 
zwel Zugochsen von Dar-es-Saläm nach Pugu ge- 
schick und dort mit dem gesunden Vieh auf die 
Weide gegangen waren, stellten sich Fälle von Texas- 
fieber ein. 
Die an Texasfieber erkrankten Thiere stammten 
nicht wie die Surra-Rinder aus einer bestimmten 
Gegend im Innern, sondern hatten die verschiedenste 
Herkünft. Bei weiteren Nachfragen stellte sich auch 
heraus, daß das Texasfieber nicht erst in neuerer 
Zeit sich an der Küste eingestellt hat. Eingeborene 
Schlächter und Viehhändler theilten mit, daß ihnen 
diese Erscheinung von je her bekannt sei. Schon ihre 
Vorfahren hätten gewußt, daß die aus dem Innern 
erhandelten Thiere an der Küste Blutharnen be- 
kommen und meistens zu Grunde gehen, während 
Vieh von anderen Theilen der Küste und von Mafia 
ohne Gefahr zwischen den Küstenorten transportirt 
werden kann. 
Es geht daraus hervor, daß das Texasfieber an 
der ostafrikanischen Küste und auf der Insel Mafsia 
schon seit langer Zeit endemisch herrscht. Vermuthlich 
erstreckt sich dieses endemische Gebiet auch auf andere 
ostafrikanische Inseln, wo Viehzucht getrieben wird, 
und reicht sowohl nach Norden wie nach Süden über 
das deutsche Schutzgebiet hinaus. Namentlich nach 
Süden zu wird es bis an die englischen Kolonien 
sich erstrecken, wvo das Texasfieber, nachdem es von 
Norden her eingeschleppt wurde, seit 1870 be- 
obachtet ist. 
Nach dem Innern zu scheint das endemische 
Gebiet, wenigstens in Deutsch-Ostafrika, nur eine sehr 
geringe Ausbreitung zu haben. Schon wenige Meilen 
von der Küste entfernt hört man nichts mehr von 
Viehseuchen, die auf das Vorhandensein von Texas- 
fieber schließen lassen könnten. Das hat seinen Grund 
aber einfach darin, daß von der Küste nach dem 
Innern zu ein viele Tagereisen breiter Strich Landes 
solgt, in dem so gut wie gar keine Rindviehzucht 
getrieben wird. Die daselbst wohnenden Völker- 
  
schaften mußten schon seit vielen Jahren infolge 
der Raubzüge der Massais und anderer Stämme die 
Viehzucht vollständig aufgeben. 
In dem endemischen Gebiete findet sich überall, 
soweit ich bis jetzt darauf achten konnte, die Rinder- 
zecke und zwar scheint es dieselbe Art zu sein, welche 
Smith und Kilborne als die Vermittlerin der In- 
fektion ansehen. Die hier gesammelten Exemplare 
entsprachen vollkommen der Beschreibung und den 
Abbildungen, welche diese Forscher gegeben haben. 
Wenn das Vieh aus dem Innern frisch gebracht 
wird, ist es frei von Zecken; aber schon wenige 
Wochen später ist es mit vielen, ost Hunderten von 
Zecken gewöhnlich am Halse, am Bauch und an der 
Innenseite der Oberschenkel besetzt. 
Nimmt man die erwachsenen Zecken ab und setzt 
sie in ein Glas, dann legen sie nach einigen Tagen 
eine erstaunliche Zahl von kleinen braunen Eiern ab, 
aus denen nach etwa vier Wochen die jungen Zecken 
auskriechen. 
Die Frage, ob durch diese jungen Zecken die 
Krankheit übertragen wird, konnte ich im endemischen 
Gebiet nicht einwandsfrei experimentell in Angriff 
nehmen, aber ich beabsichtige, nach dem texasfieber- 
freien West-Usambara junge Zecken aus Dar-es-Saläm 
zu bringen und dort Infektionsversuche damit an- 
zustellen. Ich glaube dies unbedingt thun zu können, 
da bei dem Klima von West-Usambara ein Ein- 
nisten des Texassiebers nicht zu befürchten ist. 
So wie die Verhältnisse jetzt liegen, kommt Alles 
darauf an, daß das endemische Gebiet des Texas= 
fiebers keine weitere Ausbreitung nach dem Innern 
zu gewinnt. Dies läßt sich nur dadurch erreichen, 
daß ein Verbot erlassen wird gegen den Transvport 
von Küstenvieh nach dem Innern. Es ist dies bereits 
durch eine in Abschrift hier beigefügte Verordnung 
des Gouvernements geschehen. 
Ferner ist es nothwendig, mit dem aus dem 
Innern zur Küste transportirten Vieh so zu ver- 
fahren, daß es einen möglichst geringen Verlust durch 
Texasfieber erleidet. Auch in dieser Beziehung sind 
die erforderlichen Schritte bereits gethan. Es sollen 
die Viehtransporte nicht direkt zur Küste gebracht 
werden, sondern nach einem Ort, der leicht zu er- 
reichen, zugleich aber frei von Texasfieber ist. Von 
da aus wird dann nach der betreffenden Küstenstation 
nur so viel Vieh — es handelt sich in diesem Falle 
nur um Schlachtvieh — getrieben, als der Bedarf 
gerade erfordert. Es muß dann natürlich bald ge- 
schlachtet werden, auf jeden Fall so früh, daß es 
nicht erst an Texasfieber erkranken kann. Für 
Dar-es-Saläm ist als Sammelplatz für das Inland- 
vieh Pugu in Aussicht genommen. 
Nach den hier angedeuteten Grundsätzen wird 
seit einigen Monaten verfahren, und es ist damit er- 
reicht, daß seit dieser Zeit das Texasfieber fast ganz 
verschwunden ist. Es sind mir in den letzten Wochen 
nur zwei Fälle vorgekommen, welche beide hier ge- 
borene Kälber betrafen.
	        
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