Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

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unterstellte dieselbe dem Ober-Landmesser Dürr- 
ling, welcher schon vor seiner Ankunft mit dem 
Impfgeschäft begonnen hatte; derselbe war in der 
mikroskopischen Gallenuntersuchung von ärztlicher 
Seite bereits ausgebildet. Redner kam in Otjim- 
bingue zum ersten Mal zur Ueberzeugung, daß die 
von ihm in Angriff genommene Ausführung des 
Kochschen Impfverfahrens mit sorgfältiger Kontrole 
der Impfthiere durch Temperaturmessung vor und 
nach der Impfung mit gutem Personal praktisch 
vollkommen durchführbar sei. Gerade der Tempe- 
raturmessung, durch welche es ermöglicht wird, 
rinderpestkranke Thiere schon im ersten, rein fieber- 
haften Stadium der Krankheit von gesunden zu 
trennen, ehe sie die letzteren durch ihre Ausscheidungen 
infiziren können, mißt Redner einen großen Theil 
seiner guten Impfergebnisse bei. 
Von Otjimbingue rückte Redner weiter gegen 
Windhoek vor, von Station zu Station die Maß- 
nahmen gegen die Rinderpest organisirend. In der 
Umgebung von Windhoek fand er eine große Anzahl 
von Gespannen und Herden, die theils schon geimpft, 
theils noch in der Impfung begriffen waren. Nach 
Regelung des Impfverfahrens hier und Kontrole 
sämmtlicher geimpften Bestände begab sich Redner 
nach Windhoek selbst. Bei seiner letzten Kontrole 
hatte Redner sich überzeugt, daß thatsächlich in ver- 
schiedenen mit Galle geimpften Gespannen bezw. 
Herden in der Umgebung Windhoeks Rinder vier 
Wochen nach der Impfung wieder rinderpestkrank 
geworden waren. Diese Beobachtung brachte ihn 
zu dem Entschluß, die reine, allmählich abnehmende 
Gallenimmunität durch Infektion der gallengeimpften 
Rinder mit Rinderpestblut zu erhöhen. Der Zeit- 
punkt für diese Infektion mußte so gewählt werden, 
daß die Impflinge auf dieselbe mit abgeschwächter 
Rinderpesterkrankung reagirten und durch Ueber- 
stehen derselben vermöge des noch vorhandenen 
Gallenimpsschutzes die höchstmögliche Immunität er- 
warben. 
Dieses Verfahren ist überall, soweit die Macht- 
befugniß des Redners gereicht hat, in Deutsch-Süd- 
westafrika durchgeführt worden, und zwar ist der 
größte Theil der mit Galle geimpften Rinder zwischen 
dem 20. bis 100. Tage, der Durchschnitt am 
50. Tage nach der Gallenimpfung mit Ninderpestblut 
(1 bis 10 cecm pro dosi) nachgeimpft worden. 
Die nachgeimpften Thiere reagirten auf die Nach- 
impfung mit Temperatursteigerung bezw. leichten 
äußerlich wahrnehmbaren Krankheitserscheinungen. 
Abgesehen hiervon ist eine nicht unbeträchtliche An- 
zahl von Rindern so hoch wie möglich dadurch im- 
munisirt worden, daß dieselben vor Eintritt der 
vollen Gallenimmunität mit Rinderpest infizirt, ab- 
geschwächte Rinderpest durchmachten. Zwei Wege 
zum gleichen Ziel! In Windhoek angelangt, stellte 
Redner in Konferenz mit dem Landeshauptmann und 
anderen leitenden Organen den dringenden Antrag, 
die vorstehend skizzirte Doppelimpfung zur Durch- 
  
führung zu bringen und vor allen Dingen zunächst 
für die Zugochsen obligatorisch zu machen. Nach 
Zustimmung der Regierung ist es Redner gelungen, 
die von ihm beantragte Doppelimpfmethode, wenn 
auch nach Ueberwindung vielseitigen Widerstandes 
seitens der europäischen und eingeborenen Bevölke= 
rung, durchzuführen. 
Ein zweites Ergebniß der ersten Konferenz mit 
dem Landeshauptmann war die Errichtung einer 
wissenschaftlichen Station zur Untersuchung von Vieh- 
seuchen (besonders Rinderpest, Lungenseuche, Pferde- 
sterbe) in Gammams bei Windhoek. Diese Station 
ist inzwischen nach den Angaben des Redners ge- 
baut und, mit vortrefflichem Laboratorium ausge- 
stattet, in Betrieb gesetzt worden. Von Windhoek 
begab sich Redner nach Okahandja, dem Hauptplatz 
der Hereros, um hier hauptsächlich die der Impfung 
widerstrebenden Herero-Kapitäne gefügig zu machen 
und eine neue Impscentrale mit mikroskopischer 
Untersuchungsstation einzurichten. Dies gelang. 
Redner kehrte darauf nach Swakopmund zurück, alle 
getroffenen Einrichtungen revidirend und kontrolirend; 
in Swakopmund verhinderte er, daß die Rinderpest 
durch Schiffsverkehr verschleppt wurde, frischte seine 
durch reichliche Abgabe von Instrumenten, Appa- 
raten 2c. zusammengeschmolzene Ausrüstung, nament- 
lich mit Injektionsspritzen, Thermometern und meh- 
reren Mikroskopen wieder auf und begab sich dann 
zu mehrwöchentlichem Aufenthalt zunächst nach Otjim= 
bingue. Hier wurde besonders die Blutnachimpfung 
des Zugviehes, dem sich bald auf eigenen Antrieb 
der Besitzer auch die des Herdenviehs anschloß, 
durchgeführt. Das Ergebniß war, daß acht Wochen 
nach Eintreffen des Redners in Deutsch-Südwest- 
afrika allein in Otjimbingue 2000 mit Galle und 
Rinderpestblut geimpfte Zugochsen für den Verkehr 
wieder bereit standen. Von Otjimbingue nach Wind- 
hoek zurückgekehrt, betrieb Redner im Verein mit 
Roßarzt Rickmann auch hier energisch die Blutnach- 
impfung und setzte darauf dieselbe in Rehoboth, der 
Hauptstadt des Bastardlandes, deren Bewohrer sich 
auch dagegen sträubten, durch. Die letzten Monate 
seines Aufenthalts in Deutsch-Südwestafrika füllt 
Redner damit aus, daß er das Impfgeschäft für den 
Süden mit zwei Centralstellen in Gibeon und Keel- 
mannshoop organisirte, daß er die Vernichtung des 
Rinderpestgistes im Lande, besonders — mit Hülfe 
der Schutztruppe — durch Verbrennen der Rinderpest- 
kadaver, Abbrennen verseuchter Weideplätze und Des- 
insektion der Wasser= bezw. Tränkstellen mit aller 
Energie betrieb und endlich einige wissenschaftliche 
Versuche von praktischer Bedeutung einleitete. Von 
den letzteren zu erwähnen ist das Ergebniß eines 
Versuches über Vererbung der Immunität gegen die 
Rinderpest. Derselbe zeigte, daß Kälber bis zum 
Alter von zwei Monaten, welche von nur gallen- 
geimpften Müttern stammten, durch Infektion mit 
Ninderpestblut zu Grunde gingen, während Kölber 
von Kühen, welche Rinderpest überstanden hatten,
	        
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