Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Neu-Britannien, Neu-Irland, Neu-Hannover, die 
Amakäda-Gruppe und alle die anderen größeren 
und kleineren Gruppen und Inseln der Umgegend 
einen gemeinsamen Namen zu haben; die ein- 
heimische Bevölkerung hat dieses Bedürfniß natürlich 
nie empfunden, und ein einheimisches Wort für diesen 
Begriff ist daher nicht vorhanden; die Bezeichnung 
des ganzen großen Inselkomplexes als „Bismarck- 
Archipel“ kann daher ohne Bedenken gedilligt 
werden.?) 
Wenden wir uns nun zu den kleineren Gruppen 
unseres Schutzgebietes in der Südsee, so gelangen 
wir vorerst zu den Admiralty= oder, wie Hr. Seidel 
verlangt, Admiralitätsinseln. Ich halte es nicht für 
nöthig, mich für Beibehaltung der englischen Original- 
form sehr anzustrengen. „Admiralty“ ist kürzer und 
liegt wenigstens mir persönlich ungleich bequemer 
auf der Zunge als „Admiralitäts“-; ich werde 
daher fortfahren, Admiralty-Inseln zu sagen und von 
der Admiraltygruppe zu sprechen, so lange, bis wir 
den einheimischen Namen der Hauptinsel mit Sicher- 
heit kennen. 
Soviel mir bekannt ist, hat die 
211 
1 
1 
Challenger-Expedition es nicht für nöthig befunden, 
denselben festzustellen, und ich kenne auch sonst 
keinen Versuch zu seiner Ermittelung. Nur Miclucho- 
Maclay theilt mit, daß die vor drei oder vier 
Generationen von der Admiraltygruppe ausge- 
wanderten Bewohner von Agomes (Hermit-Inseln) 
ihre alte Heimath mit dem Namen Taui bezeichnen. 
Er nimmt also an, daß die „Admiralty-Insel“ (er 
scheint nur eine zu kennen) eigentlich Taui heiße. 
Ich hoffe, daß es möglich werden wird, das irgend- 
wie festzustellen, und rechne insbesondere darauf, 
daß dies den Offizieren S. M. S. „Möwe“ gelingen 
wird, die gegenwärtig im Archipel mit Vermessungen 
beschäftigt sind; bis dahin aber werden wir an dem 
Namen Admiralty festhalten müssen, den die Inseln 
von Carteret 1767 erhalten haben, während 
Schouten sie das „hohe Land“ nannte und 
Maurelle 1781 „Bosco“. 
Natürlich wird es bis dahin Jedem unbenommen 
bleiben, je nach seiner persönlichen Neigung den 
Namen zu übersetzen und von Admiralitäts-Inseln 
zu sprechen, da eine bestimmte Regel über die Ueber- 
setzbarkeit geographischer Fremdworte nicht existirt 
oder wenigstens nicht befolgt wird. Da scheint nur 
die Mode und der wechselnde Sprachgebrauch zu 
entscheiden; so reden wir heute stets vom Cap der 
guten Hoffnung, aber Niemand spricht mehr vom 
*, Ein ähnliches Bedürfniß haben die Engländer in 
– — ——— — 
Ostafrika empfunden, wo sie ihren neuen, schön abge- 
rundeten Kolonialbesitz als Imperial British East Alricu 
bezeichneten und dann aus den Anfangobuchstaben J. B. E. A. 
das neue Wort Ibea bildeten. Analog wurde aus Deutsch- 
OÖstafrika erst D. O. A., dann Doa, und mit Zuziehung des 
landesüblichen Bantu-Praesixes schließlich Udoa, ein Wort, 
das in manchen englischen Kreisen schon völlig einge- 
bürgert ist und jedenfalls den Vorzug der Kürze vor vielen 
anderen Namen voraus hat, dafür aber auch mit einer 
ganz unerhörten Verachtung aller alten Regeln gebildet ist. 
Aermelkanal; wir kennen heute nur den Englischen 
Kanal oder La Manche. Im Uebrigen ist die Sache 
völlig bedeutungslos, gleichwie es uns auch nicht 
aufregt, wenn wir auf demselben Kartenblatt Golf 
von Vizcaya und Golfe du Lion lesen, oder auf 
einem anderen Blatt hart nebeneinander „Golfo de 
Cadiz“ und „Straße von Gibraltar.“ Mißverständ- 
nisse sind da völlig ausgeschlossen, und es ist in der 
That gleichgültig, welcher Sprache die geographischen 
Namen entnommen sind: man kann noch so chauvi- 
nistisch und noch so „teutsch“ veranlagt sein, eine 
gewisse Menge von Fremdworten wird man doch 
niemals ganz entbehren können, und Jeder muß eben 
sehen, wie er sich mit ihnen abfindet; manche 
Droschkenkutscher können sich ja nicht einmal mit den 
Berliner Straßennamen zurechtfinden und quälen sich 
mit dem Bellianksplatz, dem Sawichnyplatz und der 
Pestalotzkystraße, weil ihnen Belle-Alliance, Savigny 
und Pestalozzi unbekannte Größen sind. Aber es 
wäre doch sicher des Guten zu viel gethan, wollte 
man bei sprachpuristischen Bestrebungen auch auf den 
Bildungsgrad der Droschkenkutscher Rücksicht nehmen. 
Im Uebrigen wird es also bei einer großen 
Reihe von geographischen Namen völlig gleichgültig 
sein, in welcher Form und in welcher Sprache sie 
sich einbürgern. Hingegen giebt es manchmal Um- 
stände, die eine Uebertragung ins Deutsche direkt 
ausschließen können. Ein besonders lehrreiches Bei- 
spiel hierfür finden wir zufällig gerade in der un- 
mittelbaren Nähe der Admiralty-Gruppe. Da giebt 
es ein Lagunenriff mit mehreren bewohnten Inseln, 
die Bougainville „Les Anachorétes“ genannt hat, 
und dicht dabei ein zweites, größeres mit dreizehn 
Inseln, das von Maurelle „Los Eremitanos“ ge- 
nannt wurde und das auf den englischen Seekarten 
stets als „Hermite“ erscheint. Eine neuere Karte 
übersetzt nun beide Namen einfach als „Einsiedler“; 
das liebe Publikum mag nun die beiden Gruppen 
mit einander verwechseln oder die eine mit „Ein- 
siedler A“, die andere mit „Einsiedler B“ bezeichnen, 
wenn es gewissenhaft sein will, — aber die Sprach- 
reinheit muß gewahrt bleiben! Da wird es nun 
doch geboten bleiben, einstweilen von einer Anacho- 
reten= und von einer Hermite-Gruppe zu sprechen 
und abzuwarten, bis die einheimischen Namen mit 
einwandfreier Sicherheit bekannt werden. Miclucho- 
Maclay theilt übrigens gelegentlich mit (diese 
„Verhandlungen“ X, 1878, S. 100), daß diese 
Gruppen bei den Eingeborenen Kanies und Agomes 
eißen. . 
Ebenso werden wir Bougainvilles Echiquier 
als Name für zwei Lagunengruppen mit über 
dreißig Inseln zunächst beibehalten müssen; den 
Namen mit Schachbrett zu übersetzen, würde uns 
wenig fördern; er wird zweckmäßig erst durch den 
wirklichen einheimischen Namen ersetzt werden, der 
wahrscheinlich Ninigo lantet. 
Zwischen Hermite-Agomes und Echiquier-"Ninigo 
liegt eine ganz kleine Insel, der ihr Entdecker,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.