Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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am 28. Juli weiter ostwärts angelegt worden war. 
Bis dahin war das Land dort von jenem flüchtigen 
Häuptling, Kwawa, unsicher gemacht worden. Der 
arme Mensch schweifte allein mit einem Begleiter in 
der Wildniß umher. Deutsche Soldaten versolgten 
ihn, Ortschaften konnte er nicht mehr betreten, und 
er mußte von wilden Früchten leben. Endlich aber 
packte ihn Verzweiflung, und er erschoß erst seinen 
Begleiter und dann sich selbst. Das geschah an dem 
Tage, an dem Bruder Bunk von den Brüdern in 
Kidugala Abschied nahm, ohne daß er wußte, daß 
der Weg vor ihm nun sicher sei. Bruder Bunk 
marschirte ostwärts, aber das Land sah öde aus, es 
fehlte auf der trockenen Hochfläche an Wasser und Holz. 
Endlich fand er im Gebiet des Sultans Kiwanga 
am Ngololothale einen passenden Platz, wo er die 
Station Mufindi gründen konnte. Bald suchte ihn 
hier ein Halbbruder jenes Kwawa auf; Mumbe-Yumbe 
war sein Name. Als der über die Sticherheit des 
Landes befragt wurde, gab er zur Antwort: „Ihr 
Missionare könnt überall hin gehen, Euch thut Nie- 
mand etwas zu Leide.“ 
Das Land aber bot einen traurigen Anblick. „Wo 
früher volkreiche und blühende Dörfer waren“, heißt 
es in einem Briefe, „findet man jetzt nur noch elende 
Trümmerhaufen und statt der früher bestellten Felder 
sieht man jetzt eine undurchdringliche Wildniß. Auf 
weite Strecken trifft man weder Mensch noch Haus- 
thier, statt deren tummeln sich in den öden Gegenden 
wilde Thiere aller Art, Löwen, Elefanten, Rhinoce- 
rosse und dergleichen umher.“ 
Bald machte Bunk eine Untersuchungsreise weiter 
ins Land nach Nordosten, mußte aber umkehren, da 
ihm und seinen Leuten die Nahrungsmittel ausgingen, 
und er noch dazu erkrankte. Er kehrte nach Mufindi 
zurück, hörte aber bald, daß die deutschen Truppen 
von den nach jener Richtung liegenden Militärposten 
Uhafiwa und Muhanga zurückgezogen würden. Bunk 
blieb nun allein auf Mufindi zurück und sandte seinen 
treuen Gefährten Neuberg nach Uhafiwa und den 
oben genannten Bruder Priebusch nach Muhanga. 
An beiden Plätzen konnten die Brüder in die 
freilich zumeist aus Gras= und Lehmhäusern bestehen- 
den Befestigungen einziehen, welche die deutschen 
Soldaten dort errichtet, aber nun verlassen hatten. 
„Somit haben wir“, schreibt Bruder Neuberg, „fast 
gar keine Kosten für den ersten Anfang. Wir sind 
gern bereit, so lange die Unterhaltungskosten der 
Stationen zu tragen, bis das verehrte Komitee in 
der Lage ist, dies thun zu können. Ich denke, ich 
werde mit einer Ausgabe von ungefähr 50 Mk. mein 
ziemlich niedriges, aus Holz und Lehm aufgeführtes 
Haus für mindestens ein Jahr wohrlich einrichten 
und erhalten können. Wenn dann im nächsten Jahre 
die Missionskasse noch nicht die Mittel zu dem Bau 
eines kleinen billigen Steinhäuschens flüssig hat, kann 
ich mir aus den Palissaden der Besestigung wieder 
ohne große Kosten schnell ein Lehmhäuschen aufführen, 
das mindestens wieder ein bis zwei Jahre hält.“ 
  
Auf dem Platz Muhanga wurde Bruder Prie- 
busch stationirt. Er zog dort am 2. Oktober ein 
und giebt eine lebendige Schilderung seiner Erleb- 
nisse. „Nicht einmal Lichte habe ich mehr hier“, 
schreibt er, „denn die paar, die ich für die Reise 
mitgenommen hatte, sind bald nach meiner Ankunft 
hier verbraucht worden. Da habe ich mir nun aus 
einer alten, hier vorgefundenen Oelsardinendose und 
einer Patronenhülse, deren Boden ich entfernt habe, 
eine Art Lampe zurecht gemacht, die mit meinem 
glücklicherweise mitgeführten Karbol-Vaselinöl gespeist 
wird. So habe ich nun wenigstens des Abends em 
bescheidenes Licht in meiner Stube. Die Noth macht 
eben erfinderisch.“ 
Ueber den Verlauf des sechsten Verbands- 
tages des evangelischen Afrikavereins zu Köln 
entnehmen wir dem Bericht der „Köln. Ztg.“ Fol= 
gendes: 
Am Abend des 1. März d. Is. wurde die Haupt- 
versammlung durch eine Vorversammlung eröffnet, die 
von dem Verbandsvorsitzenden, Generalsuperintendent 
Umbeck, durch eine längere Ansprache eingeleitet 
wurde. Gegenwärtig steht auch in evangelischen 
Missionskreisen die Frage der erziehlichen Arbeit im 
Vordergrunde des Interesses. Eine Denkschrift 
„Deutsch-evangelische Arbeit in den Kolonien, in- 
sonderheit in Afrika“ giebt über die Gründe und die 
Absichten in dieser Hinsicht ausführliche Aufklärung 
und verdient die volle Beachtung aller Kolonialfreunde. 
Der Vorsitzende führte aus, daß zwar die evangelische 
Missionsarbeit nach wie vor in erster Linie darauf 
gerichtet sein müsse, die Menschen innerlich dem 
Christenthum zu gewinnen, daß es sich jedoch als 
nothwendig erweise, den praktischen, das äußerliche 
Leben beeinflussenden Erfolgen der Katholiken etwas 
an die Seite zu stellen. Diese praktische Arbeit muß 
anderseits begonnen oder erweitert werden, damit die 
Hindernisse, auf welche die Missionare stoßen, aus 
dem Wege geräumt werden. Ein solches Hinderniß 
ist, so fährt Redner dann fort, das sittliche Verhalten 
vieler draußen lebenden Europäer, die durch ihr 
schlechtes Beispiel die Arbeit der Missionare durch- 
kreuzen. Die neugegründete, zu Ostern zu eröffnende 
Kolonialschule in Witzenhausen an der Werra, als 
deren ersten Direktor der Redner den anwesenden 
Schriftführer des Verbandes, Divisionspfarrer a. D. 
Fabarius, begrüßt, soll neben ihren technischen Auf- 
gaben auch die erfüllen, den künftigen Pflanzern einen 
festen sittlichen Halt zu geben. Wenn nun der Ver- 
band selbst nicht in der Lage ist, Schulen zu errichten, 
so kann er doch die Mission bei ihren Bemühungen 
auf dem Gebiete der gewerblichen Mission unterstützen. 
Nebenbei verweist der Redner auf die Absichten, die 
dahin gehen, mehr Aerzie in die Kolonien heranzu- 
ziehen und mehr Krankenhäuser zu errichten. Was 
die erziehliche Handarbeit angeht, so verweist der 
Redner auf die katholischen Laienbrüder hin, Männer, 
die selbst angreifen und als Vorbild dienen können,
	        
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