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am 28. Juli weiter ostwärts angelegt worden war.
Bis dahin war das Land dort von jenem flüchtigen
Häuptling, Kwawa, unsicher gemacht worden. Der
arme Mensch schweifte allein mit einem Begleiter in
der Wildniß umher. Deutsche Soldaten versolgten
ihn, Ortschaften konnte er nicht mehr betreten, und
er mußte von wilden Früchten leben. Endlich aber
packte ihn Verzweiflung, und er erschoß erst seinen
Begleiter und dann sich selbst. Das geschah an dem
Tage, an dem Bruder Bunk von den Brüdern in
Kidugala Abschied nahm, ohne daß er wußte, daß
der Weg vor ihm nun sicher sei. Bruder Bunk
marschirte ostwärts, aber das Land sah öde aus, es
fehlte auf der trockenen Hochfläche an Wasser und Holz.
Endlich fand er im Gebiet des Sultans Kiwanga
am Ngololothale einen passenden Platz, wo er die
Station Mufindi gründen konnte. Bald suchte ihn
hier ein Halbbruder jenes Kwawa auf; Mumbe-Yumbe
war sein Name. Als der über die Sticherheit des
Landes befragt wurde, gab er zur Antwort: „Ihr
Missionare könnt überall hin gehen, Euch thut Nie-
mand etwas zu Leide.“
Das Land aber bot einen traurigen Anblick. „Wo
früher volkreiche und blühende Dörfer waren“, heißt
es in einem Briefe, „findet man jetzt nur noch elende
Trümmerhaufen und statt der früher bestellten Felder
sieht man jetzt eine undurchdringliche Wildniß. Auf
weite Strecken trifft man weder Mensch noch Haus-
thier, statt deren tummeln sich in den öden Gegenden
wilde Thiere aller Art, Löwen, Elefanten, Rhinoce-
rosse und dergleichen umher.“
Bald machte Bunk eine Untersuchungsreise weiter
ins Land nach Nordosten, mußte aber umkehren, da
ihm und seinen Leuten die Nahrungsmittel ausgingen,
und er noch dazu erkrankte. Er kehrte nach Mufindi
zurück, hörte aber bald, daß die deutschen Truppen
von den nach jener Richtung liegenden Militärposten
Uhafiwa und Muhanga zurückgezogen würden. Bunk
blieb nun allein auf Mufindi zurück und sandte seinen
treuen Gefährten Neuberg nach Uhafiwa und den
oben genannten Bruder Priebusch nach Muhanga.
An beiden Plätzen konnten die Brüder in die
freilich zumeist aus Gras= und Lehmhäusern bestehen-
den Befestigungen einziehen, welche die deutschen
Soldaten dort errichtet, aber nun verlassen hatten.
„Somit haben wir“, schreibt Bruder Neuberg, „fast
gar keine Kosten für den ersten Anfang. Wir sind
gern bereit, so lange die Unterhaltungskosten der
Stationen zu tragen, bis das verehrte Komitee in
der Lage ist, dies thun zu können. Ich denke, ich
werde mit einer Ausgabe von ungefähr 50 Mk. mein
ziemlich niedriges, aus Holz und Lehm aufgeführtes
Haus für mindestens ein Jahr wohrlich einrichten
und erhalten können. Wenn dann im nächsten Jahre
die Missionskasse noch nicht die Mittel zu dem Bau
eines kleinen billigen Steinhäuschens flüssig hat, kann
ich mir aus den Palissaden der Besestigung wieder
ohne große Kosten schnell ein Lehmhäuschen aufführen,
das mindestens wieder ein bis zwei Jahre hält.“
Auf dem Platz Muhanga wurde Bruder Prie-
busch stationirt. Er zog dort am 2. Oktober ein
und giebt eine lebendige Schilderung seiner Erleb-
nisse. „Nicht einmal Lichte habe ich mehr hier“,
schreibt er, „denn die paar, die ich für die Reise
mitgenommen hatte, sind bald nach meiner Ankunft
hier verbraucht worden. Da habe ich mir nun aus
einer alten, hier vorgefundenen Oelsardinendose und
einer Patronenhülse, deren Boden ich entfernt habe,
eine Art Lampe zurecht gemacht, die mit meinem
glücklicherweise mitgeführten Karbol-Vaselinöl gespeist
wird. So habe ich nun wenigstens des Abends em
bescheidenes Licht in meiner Stube. Die Noth macht
eben erfinderisch.“
Ueber den Verlauf des sechsten Verbands-
tages des evangelischen Afrikavereins zu Köln
entnehmen wir dem Bericht der „Köln. Ztg.“ Fol=
gendes:
Am Abend des 1. März d. Is. wurde die Haupt-
versammlung durch eine Vorversammlung eröffnet, die
von dem Verbandsvorsitzenden, Generalsuperintendent
Umbeck, durch eine längere Ansprache eingeleitet
wurde. Gegenwärtig steht auch in evangelischen
Missionskreisen die Frage der erziehlichen Arbeit im
Vordergrunde des Interesses. Eine Denkschrift
„Deutsch-evangelische Arbeit in den Kolonien, in-
sonderheit in Afrika“ giebt über die Gründe und die
Absichten in dieser Hinsicht ausführliche Aufklärung
und verdient die volle Beachtung aller Kolonialfreunde.
Der Vorsitzende führte aus, daß zwar die evangelische
Missionsarbeit nach wie vor in erster Linie darauf
gerichtet sein müsse, die Menschen innerlich dem
Christenthum zu gewinnen, daß es sich jedoch als
nothwendig erweise, den praktischen, das äußerliche
Leben beeinflussenden Erfolgen der Katholiken etwas
an die Seite zu stellen. Diese praktische Arbeit muß
anderseits begonnen oder erweitert werden, damit die
Hindernisse, auf welche die Missionare stoßen, aus
dem Wege geräumt werden. Ein solches Hinderniß
ist, so fährt Redner dann fort, das sittliche Verhalten
vieler draußen lebenden Europäer, die durch ihr
schlechtes Beispiel die Arbeit der Missionare durch-
kreuzen. Die neugegründete, zu Ostern zu eröffnende
Kolonialschule in Witzenhausen an der Werra, als
deren ersten Direktor der Redner den anwesenden
Schriftführer des Verbandes, Divisionspfarrer a. D.
Fabarius, begrüßt, soll neben ihren technischen Auf-
gaben auch die erfüllen, den künftigen Pflanzern einen
festen sittlichen Halt zu geben. Wenn nun der Ver-
band selbst nicht in der Lage ist, Schulen zu errichten,
so kann er doch die Mission bei ihren Bemühungen
auf dem Gebiete der gewerblichen Mission unterstützen.
Nebenbei verweist der Redner auf die Absichten, die
dahin gehen, mehr Aerzie in die Kolonien heranzu-
ziehen und mehr Krankenhäuser zu errichten. Was
die erziehliche Handarbeit angeht, so verweist der
Redner auf die katholischen Laienbrüder hin, Männer,
die selbst angreifen und als Vorbild dienen können,