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ihnen kein Leid geschähe. Nach und nach kehrten
die Einwohner zurück und zeigten uns den Weg zu
den ausgedehnten, großen Farmen, von wo täglich
die Lebensmittel geholt wurden.
Der Ort Joko liegt auf einem hohen, flachen
Rücken des Berglandes, der nach Norden zu steil,
nach den übrigen Seiten allmählich abfällt. Gutes
Trinkwasser ist auf zwei Seiten nah. Die großen
runden Häuser sind nach Fullaart durch Strohwände
in kleinere Gruppen getheilt. Ein Graben umfaßt
in weitem Umfang den Ort. Die Höhenlage und
ein steter Luftzug machen den Aufenthalt für Euro-
näer gesund. Hier laufen alle großen Straßen zu-
sammen, und zwar die Straßen nach Ngaundere über
Bonjere—Jerandi, die Straße nach Tibati über
Cheme, die Straße nach Banjo über Jakum— Ngambe
und der große Weg nach der Ngillastadt über Talatin.
Es ist daher der gegebene Ort zur Anlage einer
starken Militärstation. Den Einwohnern wurde gleich
bekannt gegeben, daß hier eine Station angelegt
werden sollte, doch wurde ihnen erlaubt, vorläufig
wohnen zu bleiben, da der Neubau erst bei Eintreten
der Trockenheit begonnen werden könnte. Sie schienen
sehr erfreut darüber zu sein, weil damit jede Be-
druckung von Tibati ausgeschlossen war, und hatten
nunmehr nur die Besorgniß, daß das Vorhaben
wieder ausgegeben würde. .
Nach kurzer Zeit erschien der Häuptling von
Joko mit der gesammten Bevölkerung. Er brachte
einen Elefantenzahn als Geschenk und war glücklich,
als ihm dauernder Schutz zugesagt wurde. Tags
darauf erbat der von Tibati abgefallene Häuptling
Tina den Schutz der Regierung, der ihm zugesagt
wurde.
Von nun an kamen beinahe täglich kleinere Wute-
bäuptlinge, die den Schutz der deutschen Regierung
erbaten. Unter anderen kamen auch die Häuptlinge
von Bonjere und Jagandi, welche Ortschaften am
direkten Wege nach Ngaundere am Sanaga liegen,
und meldeten ihre Unterwerfung. Alle diese Häupt-
linge verpflichteten sich, keinen Krieg ohne Einwilli-
gung der Station Joko zu führen, die Handelswege
zu reinigen und in gutem Stand zu halten. Die
Ausführung würde stets kontrolirt. Die Häuptlinge
von Wenke, Cheme und Mascharin sandten als Zeichen
ihrer Botmäßigkeit Gesandte, die ich sämmtlich auf
das Freundlichste empfing. Ja sogar von dem Emir
ron Jola erschien am 25. Mai ein Gesandter und
überbrachte mir ein Schreiben seines Herrn. Auch
der Häuptling Ngane- aus der Ngtllastadt schickte
Boten und ließ mir sagen, er würde die geforderte
Kriegsentschädigung zahlen und bitte mich, ihn dem-
nächst als Ngilla einzusetzen.
Am 10. Juni kamen Gesandte des Sultans von
Tibati und zeigten dessen völlige Unterwerfung an.
Er wolle Alles zahlen, was ich ihm auferlegen
werde. Die Gesandten wurden mit dem Bescheid
entlassen, der Sultan habe 200 große Elfenbeinzähne
und 500 Stück Buckelrinder zu zahlen und er solle
gleich einen Bevollmächtigten zum weiteren Abschluß
hierher senden. Von seinem persönlichen Erscheinen
nahm ich in Anbetracht seiner großen Furcht Abstand,
stellte es aber frei. Bereits am 15. Juni kam eine
zweite Gesandtschaft aus Tibati, welche der Sultan
abgeschickt hatte, aus Besorgniß, die erste werde nicht
eintreffen. Ihr wurde das Gleiche mitgetheilt.
Ich beschloß nunmehr, so lange mit der ganzen
Truppe in Joko zu bleiben, bis der größte Theil
der Zahlung eingegangen sei, da ich die Stations-
besatzung für zu schwach hielt, um einen nachhaltigen
Druck auszuüben. -
Den 28. Juni kam mit der Post wiederum ein
Gesandter des Häuptlings Ngane aus der Nhygilla—
stadt, der mir seine Unterwerfung versicherte. Da
dieser Mann den Aufenthaltsort des früheren Feld-
hauptmanns von Ngilla, Aimene, kannte, so wurde
eine stärkere Patronille unter Führung eines farbigen
Unteroffiziers abgesandt, um Timene-Wunga und seine
Leute aufzuheben. Dieselbe kehrte nach einigen Tagen
zurück. Sie hatte zwölf Dimenelente erschossen und
ein Pferd erbeutet. Kimene selbst war jedoch mit
Anhang entklommen.
Am 9. Juli kam wiederum ein Tibatimann, der
um Nachsicht wegen Verzögerung der Zahlung bat.
Durch dieses wiederholte Hinhalten aufmerksam ge-
macht, traf ich alle Maßnahmen für ein erneutes
Vorgehen gegen Tibati. Es zeigte sich denn auch
bald, daß diese Gesandtschaften nur bezweckten, uns
hinters Licht zu führen, und ich sah mich daher ver-
anlaßt, Tibati eine Zahlungsfrist zu stellen, widrigen-
falls ich die Feindseligkeiten wieder eröffnen würde.
Um einen größeren Druck auszuüben, marschirte
ich am 27. Juli mit Leutnant Buddeberg, Ober-
arzt Kerksieck, Sergeant Jonczyk und 160 farbigen
Chargen und Soldaten nach Cheme, wo ich am 30.
eintraf. Cheme ist drei Tagemärsche von Tibati
entfernt. Hier fand sich am 2. August eine Gesandt-
schaft des Sultans und eine solche der übrigen an-
gesehenen Fullas ein, welche um Gnade baten und
ungesäumte Zahlung versprachen. Außerdem sagte
die Gesandtschaft der Fullas aus, alle Fullas würden
den Sultan verlassen, wenn er sich nicht unterwerfe.
Am 4. August kamen wiederum Leute aus Tibati.
Diese versicherten, die Bevölkerung von Tibati würde
den Sultan ausliefern, wenn er nicht zahle. Wenn
auch dieses nicht wörlich zu nehmen war, so bestand
thatsächlich unter den Fullas und Kaburras eine starke
Unzufriedenheit gegen den Lamido wegen seiner viel-
fachen Gewaltthätigkeiten. Diese hatte darin Ausdruck
gefunden, daß viele Leute mit ihrem Anhang Stadt
und sogar Land Tibati verlassen hatten.
Da ich befürchten mußte, daß ein längeres Zau-
dern nur als Schwäche ausgelegt werde, beschloß ich,
zum zweiten Mal in Tibati einzumarschiren, um
dadurch meine Forderungen zu erzwingen. Ich brach
daher am 23. August von Cheme auf, nachdem ich
vorher die Expedition gefechtsmäßig formirt hatte,
und zwar:
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