Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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Nachrichten aus den deutschen Schukgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
  
Drutsch-Pltafrika. 
Deutsche Gstafrika-Linie. 
Nach dem Berichte des Vorstandes der Deutschen 
Ostafrika-Linie über das Betriebsjahr 1899 ergiebt 
die neunte Jahresabrechnung des Unternehmens für 
den Zeitabschnitt vom 1. Januar bis 31. Dez. 1899 
einen Gewinn der Reisen von 1 319 088 Mk. 17 Pf. 
gegen 978 392 Mk. 07 Pf. im Jahre 1898. Der 
Betriebsüberschuß beträgt 1 308016 Mk. 41 Pfl. 
„Es wurden“, heißt es serner, „26 Reisen mil eigenen 
Schiffen und eine Reise mit einem gecharterten 
Dampfer ausgeführt, alle wie im Jahre 1898 durch 
den Suezkanal führend. Das gegen das Vorjahr 
günstigere Resultat des Jahres 1899 ist hauptsächlich 
durch Zunahme des ausgehenden Verkehrs sowie da- 
durch entstanden, daß wir durch die schon im vorigen 
Jahresbericht erwähnte Kündigung unseres Vertrages 
mit der portugiesischen Regierung uns von dem Rück- 
gang des Milreis-Kurses unabhängig gemacht haben, 
unter dem wir den größten Theil des Jahres 1898 
hindurch noch zu leiden hatten. Auch die Ergebnisse 
der Zweiglinien waren befriedigend. Wie aus den 
Zeitungen allgemein bekannt, wurden zu Ende des 
Jahres 1899 und Anfang des Jahres 1900 unsere 
Dampfer „Bundesrath“, „General"“ und „Herzog“ 
von englischen Kreuzern aufgebracht und die Ladung 
der ersten beiden Dampfer auf Kontrebande unter- 
sucht mit einem durchaus negativen Resultat. Die 
Schiffe haben sämmtlich wieder freigegeben werden 
müssen. Die Schäden, die die Linie durch dieses 
Vorgehen der englischen Kriegsschiffe erlitten hat, 
lassen sich noch nicht übersehen. Die deutsche Reichs- 
regierung hat sich der Angelegenheit in nachdrück- 
lichster Weise angenommen, und es steht zu hoffen, 
daß uns eine Entschädigung seitens der englischen 
Regierung zu Theil werden wird. Da unser Sub- 
ventionsvertrag mit dem Deutschen Reiche zu Anfang 
des Jahres 1901 abläuft, so haben wir der deutschen 
Regierung Vorschläge, betreffend die Erneuerung des- 
selben für einen ausgedehnteren und den Verhältnissen 
entsprechend verbesserten Postdampferdienst unterbreitct. 
Diese Vorlage wird demnächst den Reichstag beschäf- 
tigen. Wenn, wie wir hoffen, die Vorlage Annahme 
sindet, wird voraussichtlich eine Neugestaltung unserer 
Gesellschaft nothwendig werden, um die fernere Aus- 
dehnung unseres Betriebes und die ersforderliche An- 
schaffung weiteren Betriebsmaterials zu ermöglichen.“ 
  
lamerun. 
Bericht über einen Besuch beim Lultan von Tibati. 
Einem Berichte des Oberlientenants Nolte, 
Stationschef von Joké im Schutzgebiet Kamerun, 
  
  
über eine kürzlich zum Besuch des Sultans von 
Tibati unternommene Expedition, entnehmen wir 
das Folgende: 
Am 21. Dezember v. Is. verließ ich mit 45 Sol- 
daten die Station und erreichte am 23. den Wute- 
ort Chemme. Wie dem Kaiserlichen Gouvernement 
bereits bekannt, hatte der Häuptling von Chemme 
darüber Beschwerde geführt, daß ihm von Tibati 
fünf seiner Leute, welche er mit zwei Elefanten- 
zähnen in die größeren Tikarorte zum Einkauf von 
Stoffen entsandt hatte, abgefangen und zwei der- 
selben getödtet seien. Ich hielt es für dringend 
nöthig, daß diese Angelegenheit sofort persönlich von 
mir in Tibati geregelt werde. 
In Begleitung des Häuptlings Chemme langte 
ich am 26. Dezember in Tibati an. 
Vier Marschstunden vor Tibati erschienen Boten 
des Sultans mit zwei durch einen Lederstrick an- 
einander gefesselten Leuten, welche den Ersatz für die 
beiden getödteten Chemmeleute darstellen sollten. 
Ich befreite die Beiden, zwei vor Jahren gefangene 
Wute, und übergab sie Chemme, der sie sofort in 
seinen Ort schickte. Es begegnete mir nun eine 
Gesandtschaft nach der anderen, die von dem Sultan 
den Auftrag hatten, mich zu begrüßen. An dem 
Stadtthor sollte ich warten, bis mich der Vertraute 
des Sultans, ein Mann namens Abdul Kadri (ge- 
wöhnlich Kadrua genaunt), in Empfang nähme. Ich 
ignorirte natürlich diese Aufforderung und rückte ein. 
Kadrua, ein älterer, Vertrauen erweckender Mann, 
begegnete mir zu Pferde mit großem Gefolge gleich 
darauf auf der Hauptstraße, begrüßte mich, schwenkte 
dann ein und setzte sich an die Spitze meines Zuges. 
So geleitet, erreichte ich den Platz vor dem pro- 
visorischen Sultanpalais, der von einer 2000 bis 
3000 köpfigen bewaffneten Menschenmenge angefüllt 
war. Ich ließ aufmarschiren und erwartete, selbst 
zu Pferde sitzend, den Sultan. Als er nicht kam, 
ließ ich ihn herausrufen. Er erschien auch alsbald 
mit seinem ganzen Gefolge und begrüßte mich, wo- 
rauf ich zu dem mir angewiesenen Gehöft abrückte. 
Das eigentliche Palaver, dem der Häuptling 
Chemme als Kläger beiwohnte, fand nachmittags in 
meinem Gehöft statt. Sultan Chorima erklärte, der 
Herr Kommandeur 7) habe ihm seiner Zeit eröffnet, 
daß jetzt alles Elfenbein zum Verkauf nach Yolö zu 
bringen sei. Er habe daher die fünf Chemmeleute 
in bester Absicht für Nichtbefolgung dieses Besehls 
bestrasen wollen. Ich belehrte ihn nun über das 
Falsche seiner Auffassung und drohte, ihn aufs Aller- 
strengste zu bestrafen, falls er es nochmals wagen 
sollte gegen direkte Unterthanen der Station selbst 
etwas zu unternehmen. Die übrigen Gefangenen 
gab er sofort zurück und zahlte, abgesehen von den 
  
*) Der Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe.
	        
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