Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

und zwei Leichter, die in der Trockenzeit in Kunga 
die Ladung einander übergeben. Der eine nimmt 
200 t Ladung, der andere zwei Fuß tiefgehende 50 t. 
Der Rest der Ladung wird dann auf die im Schlepp 
gehenden Leichter verfrachtet. 
Die Einrichtungen für die Passagiere sind übri- 
gens dürftig. Die erste Klasse kann sich mit dem 
Zwischendeck der großen deutschen Dampferlinien nicht 
entfernt messen. 
Die Zahl der Segelschiffe ist sehr zurückgegangen; 
während der ganzen Reise stromauf habe ich nur 
vier angetroffen. Aehnlich steht es sogar mit den 
Kanus. Man kann heute einen ganzen Tag fahren, 
ohne einem einzigen zu begegnen. Der ganze Fluß 
ist wie ausgestorben. Namentlich auf der südlichen 
Seite finden sich auf der ganzen 200 km langen 
Strecke nur in großen Zwischenräumen einige elende 
Negerhütten mit kleinen Maniokanpflanzungen, die 
höchstens zum nothdürftigsten Unterhalt der Eigen- 
thümer ausreichen. 
Auf der nördlichen Seite ist es nicht ganz so 
schlimm. Doch fehlen auch hier größere Eingeborenen- 
ansiedlungen. Nur die drei Hauptorte der Corncelhos, 
Calumbo, Muxima und Massangano kann man etwa 
als größere Eingeborenendörfer mit je einem oder 
zwei halbverfallenen europäischen Häusern begzeichnen, 
von denen der Chef das eine, ein kleiner Krämer 
das andere innehat. Irgend welche Bedeutung für 
den Handel haben sie nicht, und zu verwalten ist 
auch nichts. 
Die übrigen auf den Karten meist verzeichneten 
Orte, wie Engolome, Baraca, Sagua, Cohinge, 
Cunga, Tombo, bestehen durchweg nur aus je einer 
Faktorei, deren Inhaber indeß kaum so viel verdienen, 
um ihren Unterhalt zu fristen, und nur auf eine 
Gelegenheit warten, das Anwesen zu verkaufen. 
Der Dampfer hält auch an allen diesen Punkten, 
von denen nichts mehr importirt oder exportirt wird, 
lediglich um die Post oder einige Lebensmittel abzu- 
geben oder um Holz zu nehmen, da die Maschinen 
mit Holz geheizt werden. 
Wenn Dondo nicht existirte, müßte die ganze 
Schifffahrt eingestellt werden. In früheren Zeiten 
dagegen galten die obengenannten Orte als die be- 
völkeristen des ganzen Loandadistrikts. Die Fakto- 
reien machten im ganzen Fluß glänzende Geschäfte. 
Auf beiden Ufern reihte sich Eingeborenenansiedlung 
an Ansiedlung. Die nach Tausenden zählende ein- 
heimische Bevölkerung hatte in den fruchtbaren Nie- 
derungen große Anpflanzungen, deren Erträgnisse den 
Lebensunterhalt weit überschritten und dadurch dem 
Export zu gute kamen. Mit den Faktoreien unter- 
halten sie einen lebhaften Handel, namentlich in 
Palmöl, Kernen, Erdnüssen, Baumwolle, Kopal, 
Wachs und Fubamehl. Frägt man nach der Ursache 
dieses rapiden Verfalls, so wird regelmäßig als 
alleiniger Grund die Schlafkrankheit angegeben, die 
Anfang der 90er Jahre zuerst im Fluß aufgetaucht 
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In der That dürfte es der richtige Grund sein. 
Der Bau der Eisenbahnlinie hat zwar zweifellos dem 
Handelsverkehr des Cuanza auch Abbruch gethan, 
aber nur dem Durchgangsverkehr nach dem entfern- 
teren Innern, nicht dem Handel im Flusse selbst. 
Schuld an dem Abgang der Bevölkerung ist er jeden- 
falls nicht; denn die sämmtlichen Eisenbahnstationen 
und die ganze Umgebung der Linie ist gleichfalls 
menschenleer. Leider fehlen amtliche Statistiken über 
die Opfer jener schrecklichen Krankheit, und sicher ist, 
daß eine ganze Reihe von Todesfällen von den 
Negern jedenfalls unberechtigt auf sie zurückgeführt 
wird. Indeß kann man sich doch einen annähernden 
Begriff von ihren furchtbaren Verheerungen machen, 
wenn man die allerdings auch lückenhaften Veröffent- 
lichungen der kleinen von einem Arzte geleiteten 
Krankenbaracke in Dondo durchsieht. Danach sterben 
monatlich im Durchschnitt 15 Schwarze an der 
Schlafkrankheit, im Jahre also 180; dies ergiebt, 
wenn man die Einwohnerzahl der Stadt selbst hoch, 
auf etwa 2000, veranschlagt, 10 pCt. der Bevölkerung. 
Von den lange angesessenen Kaufleuten wird die Zahl 
der Todesfälle sogar auf drei bis vier pro Tag be- 
messen; indeß scheint diese Zahl doch viel zu hoch 
gegriffen zu sein, ebenso wie die amtliche Ziffer 
augenscheinlich zu gering angegeben ist, da viele Sterbe- 
fälle nicht zur Kenntniß der Behörden gelangen. Der 
Wahrheit näher wird man mit einer jährlichen Sterb- 
lichkeitsziffer von 20 bis 25 pCt. kommen. Diese 
Zahl würde auch zu den Angaben der Faktoristen 
im Fluß passen, daß ganze Ortschaften im Laufe von 
fünf bis sechs Jahren völlig ausgestorben sind. Wenn 
es nicht gelingt, der Krankheit in irgend einer Weise 
Emhalt zu thun, und darauf ist bei der Unthätigkeit 
der Regierung nicht zu rechnen, so läßt sich der 
völlige Untergang der einheimischen Bevölkerung mit 
Sicherheit vorhersagen. Es müßte denn sein, daß 
sie eines Tages wieder ebenso plätzlich erlöschen 
würde, wie sie vor acht bis zehn Jahren unvermuthet 
erschienen ist. 
Der Handel des Flusses ist jedenfalls auf Jahr- 
zehnte hinaus vernichtet und dürfte sich höchstens 
durch Gewaltmaßregeln der Regierung, wie zwangs- 
weise Ansiedlung ganzer Stämme aus immunen 
Gegenden, allmählich wieder beleben lassen. 
Nicht unerwähnt soll übrigens bleiben, daß ge- 
rade in diesem Jahre dem spärlichen Handel in 
Lebensmitteln ein weiterer Schlag insofern droht, 
als die kärglichen Anpflanzungen der Neger unter 
einer seit Mai vorigen Jahres anhaltenden Dürre, 
zu der sich jetzt noch die Heuschreckenplage gesellt 
hat, leiden. 
Wenden wir uns nun erfreulicheren Bildern zu, 
wie sie uns der Cuanza an zwei Stellen, in dem 
Handelsplatze Dondo und der großen Zuckerplantage 
Bom Jesus, bietet. 
Das am Endpunkt der Schifffahrt, mit dem 
größeren Theil auf dem nördlichen User liegende 
ist und sehr schnell außerordentliche Dimensionen ! Städtchen Dondo macht mit seinen geraden, sauber 
angenommen hat.
	        
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