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Missionen haben sehr wenig Einfluß auf die Leute
ausgeübt. Die Leute verlassen heute kaum oder nur
ungern ihr Land. Als Träger sind sie einstweilen
schlecht zu gebrauchen, da ihnen das Lastentragen
ungewohnt ist. Sie bilden sich sogar ein, sterben
zu müssen, wenn sie ihr Land verlassen, was nicht
so ganz unrecht scheint, da sie ihre Hauptnahrung,
Milch und Bananen, nicht überall bekommen
können.
Nahe Mdamba liegt die Serkalviehstation
Namchenga, wo 2 Askari etwa 110 Rinder warten.
1./2. Oktober Kassiabona, 6 ½/ Stunden. Hin
führt eine Barabara, anfangs durch reichbebaute
Gegend, dann durch Steppe, die, sobald das Terrain
ansteigt, in Pori, schließlich in mittelmäßigen Wald
übergeht, der in der Nähe von Kassiabona dann
vollständig verschwindet, wo ein schönes 1000 bis
1500 Meter hohes Bergland beginnt mit guter
Grasnarbe, aber ohne Baumwuchs. Auf der Höhe
von Kassiabona wähnt man sich in einer Alpen-
gegend, sieht hinab auf zahlreiche Dörfer und
Bananenhaine, grasige Höhen und Hänge. Das
Geläute vieler Kuhglocken dringt nach oben, wo
eine reine, kühle Luft weht im Gegensatz zu der
feuchtwarmen Kondeniederung. An den zahlreichen
Bächen und Wasserläufen tritt die nackte Lava zu
Tage. Dieselbe soll noch jung sein und zu unverwittert,
um Kaffeebau zu gestatten. Dann ist angeblich die
Gegend den Winden zu sehr ausgesetzt. Aber Vieh-
zucht im Großen soll sich hier wie in der Niederung
betreiben lassen. Nach der Aussage eines Deutsch-
amerikaners und Farmers aus Machonaland, Fischer,
der das Kondelaond bereiste und den ich in Fort
Johnston traf, ist Platz für etwa 25 Farmen vor-
handen. Er hat im deutschen Gebiet seinen Partner,
einen Prospektor, verloren, will aber eventuell zurück-
kommen.
Auf Kassiabona ist der Kommunalbeamte Ebbecke
stationirt mit einigen Askaris, um Hüttensteuer ein-
zuziehen, welche zumeist in Rindern eingeht. Gegen
160 Stück sind dort eingestellt.
Der Grieche Croussos hat am Platze einen
kleinen Laden (Waarenwerth kaum 200 Rupien), ist
aber mit seinem Verdienst fast lediglich auf die
wenigen Askari angewiesen, da die Eingeborenen
nichts benöthigen und Gummi aus Ukinga nur
wenig nach hier kommt.
Von Kassiabona aus besuchte ich die Missions=
station Manow, um deren Handelsgeschäfte kennen
zu lernen, traf aber Niemanden anwesend. Hier
sah icch die ersten vier Kaffeebäume im Kondeland,
gleichzeitig reife, unreife Früchte und Blüthen
kragend.
Ich hatte beabsichtigt, auch einige andere der
Missionsstationen zu besuchen. Da dies wegen der
Abwesenheit der Leiter zwecklos war — die Berliner
Missionare waren zu einer Synode in die Ukinga-
berge einberufen —, so brach ich meine Reise ab,
um nach Songwe zu gehen.
3. Oktober Kassufu (5⅛ Stunden) in der
Kondeebene.
4. Oktober Ipiana (3½⅛½ Stunden), Station der
Brüdergemeinde am Kawira, nahe dem Nyassa.
Auch hier war leider der Leiter nicht anwesend,
so daß ich über ihre Handelsgeschäfte, die ziemlich
ausgedehnt sind und sich auch auf Gummihandel
erstrecken, nichts Neues erfahren konnte. — Nahe
Ipiana hat die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft
neuerdings einen kleinen Laden ausgemacht, in dem
ein schwarzer Verkäufer ist.
5. Oktober Songwe (4⅛ Stunden), eine halbe
Stunde nördlich der Mündung des Grenzflusses
Isongwe, auf flachem sandigen User. Der Hafen
ist schlecht, weil das Wasser seicht ist, der Platz
ungeschützt liegt. Häufig ist ein Löschen von Waaren
des Seeganges wegen unmöglich. Vom Dampfer
aus bemerkt man nur die etwa 800 m vom Strande
entfernt, auf einer erhöhten Sanddüne liegenden
Europäerhäuser: das aus Ziegelsteinen gebaute
Stationshaus bezw. Zollhaus, die leicht aufgeführten
Lehmbauten der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft
und Hansing & Co. und ein halb verfallenes Haus
des Arabers Mirambo. Zwischen den Europäer=
häusern und dem Strande befindet sich ein ständiger
Sumpf. Mehr landeinwärts liegen die Eingeborenen-
— Zeit ist auch der Araber Raschid bin
Massud aus Songea in Songwe anwesend, Kara-
wanen zum Gummikauf ausrüstend. Die Deutsch-
Ostafrikanische Gesellschaft und Hansing haben kleine
Läden im Ort, in denen sie Waaren im Werthe
von vielleicht 300 Rupien monatlich an die schwarze
Bevölkerung absetzen. Sehr bedeutend ist also der
Handel in Songwe selbst noch nicht.
Einige Europäer wie v. Michelmann, Kahn
haben Grundstücke in Songwe angekauft, wohl um
sich einen Platz zu sichern, wenn Songwe eine Be-
deutung bekommen sollte. Augenblicklich ist Songwe
nur Ausgangspunkt der auf den Gummihandel
ziehenden Karawanen, die von hier aus am besten
die Gummidistrikte Ufipa, Rikwa, Englisch-Uemba
erreichen können. In 2 bis 3 Jahren hoöchstens ist
nach Annahme der Händler der Gummi auf deutscher
wie englischer Seite in den jetzt aufgesuchten
Distrikten ausgebeutet.
Der Zollgoanese Souza versieht neben den
Zollgeschäften, die ihn nicht gerade sehr in Anspruch
nehmen, kleinere Verwaltungsarbeiten. Außerdem
ist zeitweilig der zweite Kommunalbeamte Held in
Songwe.
9./11. Oktober Karonga, 7 Stunden südlich
Songwe, englische Grenzstation, hat etwas besseren
Hasen und ist gesunder als Songwe. Vor Karonga
liegt der kleine Ort Kambwe, von dem aus die
Güter der Nyassadampfer über die hier mündende
Stevenson Road nach dem Tanganyika geschafft
werden. Karonga ist Sitz des Kollektors, der hier
ohne Assistenz die Verwaltungs-, Post-, Zollgeschäfte
versieht, Gerichtsbarkeit ausübt und Hüttensteuer einzieht.