Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

richtung von 19 Aufrührern am 2. März, unter 
ihnen Häuptling Meli, hat keine weiteren Unruhen 
im Gefolge gehabt. Die Entwickelung der Arbeit 
geht ja sehr langsam. In den ersten sechs Jahren 
sind auf unseren Stationen nur 24 Christen getauft 
worden; aber die erfreuliche Zahl der Katechumenen 
läßt hoffen, daß in diesem Jahre allein soviel getauft 
werden können wie in den ganzen Jahren bisher. 
Und was das Wichtigste ist, die Brüder haben sich 
das Vertrauen der Bevölkerung in hohem Maße 
erworben. Aus Madschame konnte Miss. Müller 
im vorigen Herbste berichten, daß der Häuptling 
Schangali im Verlaufe von vier Jahren nicht öfter 
als acht= bis zehnmal im Gottesdienst gefehlt habe. 
Er sendet jetzt Knaben aus der Landschaft zum 
Unterricht. Schon morgens um 7 Uhr drängen sich 
20 bis 25 Börschchen zur Thür herein, und aus 
eigenem Antrieb hat er angeordnet, daß auch bei 
seiner Mutter Nüya eine Schulhütte errichtet werden 
solle, in der die Mädchen Unterricht empfangen. In 
Mamba ist der Zudrang von Ansiedlern, die gern 
auf Stationsgrund wohnen möchten, und besonders 
der Zudrang von Kostschülern so groß, daß Missionar 
Althaus viele abweisen muß. Daß auch der 
Häuptling Mbararia seinen ältesten Sohn, wie es 
schien auf dessen eigenen Wunsch, in die Kostschule 
gebracht hat, ist im Hinblick auf die Zukunft recht 
erfreulich. Augenblicklich sind sechs Missionare und 
zwei Missionsökonomen am Berge thätig, und wenn 
Miss. Faßmann im Herbst auf Urlaub in die 
Heimath kommt, so wird doch zu derselben Zeit, wie 
wir hoffen, Miss. Bleicken in die Arbeit zurück- 
kehren können. Dazu tritt Br. Jessen, der heute 
abgeordnet wird, und Br. Fickert. der seiner Ge- 
sundheit wegen nach Moschi versetzt werden mußte, 
so daß wir in kurzem zehn Missionare dort haben 
werden, also genug für fünf Stationen. Ihr wißt, 
liebe Freunde, daß wir schon lange sehnlich auf den 
Augenblick warten, wo wir am Meru wieder ein- 
setzen dürfen. Aber leider scheint dieser Zeitpunkt 
wieder in weite Ferne gerückt zu sein. Denn die 
Strafexpedition gegen die Aruschaleute hat nicht zu 
einem Friedensschluß geführt, so daß mit der Wahr- 
scheinlichkeit eines neuen Aufruhrs gerechnet werden 
muß, sobald man sich wieder stark genug fühlt. So 
lange dieser Zustand währt, ist uns der Meru ver- 
schlossen, und wir haben unter diesen Umständen 
unsere Blicke auf das Paregebirge geworfen, wohin 
schon vor sechs Jahren die Br. Päsler und Alt- 
haus eine Untersuchungsreise unternommen haben. 
Wir haben die Brüder beauftragt, dort Land zu 
kaufen, wenn wir auch erst im nächsten Jahre im 
Stande sein werden, die Station zu bauen.“ 
Dem siebzigsten Jahresbericht der Rheinischen 
Missionsgesellschaft (1899) entnehmen wir Folgendes: 
I. Allgemeines. 
Wir dürfen es mit Dank gegen Gott bekennen, 
daß wir es merken dürfen, wie das Missionsinteresse 
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— 
  
wächst und in steigender Aufwärtsbewegung be- 
griffen ist. Das lassen auch unsere steigenden Ein- 
nahmen erkennen. Unsere Gesammteinnahme betrug 
im vergangenen Jahre einschließlich der zur Deckung 
des vorjährigen Defizits eingelaufenen Gaben rund 
666 813 Mk. gegen 594749 Mk. im Vorjahr, 
mithin mehr 72 064 Mk., worunter aber die Gabe 
eines Einzelnen von 30 000 Mk. So erfreulich 
auch diese Steigerung ist, so hat sie leider doch 
nicht genügt, um die Ausgabe zu decken. Diese 
betrug vielmehr einschließlich des vorjährigen Defizits 
752 803 Mék., so daß ein Fehlbetrag von 85 990 Mk. 
verbleibt. Nun erscheint hinten in der Jahresrechnung 
dieser Fehlbetrag allerdings nur in der Höhe von 
939718 Mk.; diese Abminderung konnte aber nur 
geschehen, weil ein Vermächtniß von 46 272 Mk. 
vorzeitig zur Auszahlung gekommen war. 
II. Die Missionsgebiete. 
Deutsch-Südwestafrika. 
Wenn es je einmal vorkommt, daß von ein und 
demselben Missionsgebiet in zwei aufeinander folgenden 
Jahresberichten eine fast vollständig gegensätzliche 
Schilderung der Gesammtlage entworfen werden 
muß, so ist das bei unserem diesjährigen Bericht 
über Deutsch-Südwestafrika im Vergleich zu dem 
vorjährigen der Fall. Südafrika hat wieder einmal 
seinen alten Ruf als ein Land der wunderbarsten 
Gegensätze bewährt. Das letzte Jahr hat thatsächlich 
eine Veränderung und zwar zum Besseren gebracht, 
wie wir sie uns wohl erbeten und gewünscht haben; 
aber wir hätten nie zu hoffen gewagt, daß sie in 
diesem Maße und in so kurzer Zeit wirklich eintreten 
würde, nachdem in den drei Vorjahren über so un- 
beschreiblich viel Elend und Jammer berichtet werden 
mußte. 
Es ist ja bekannt, wie in einem Lande, wie 
Deutsch-Südwestafrika, Alles von einem rechtzeitigen 
und ergiebigen Regenfall abhängt; und eben der 
hat stattgefunden und zwar so reichlich, daß auch 
unsere Missionare, die schon 20 Jahre und länger 
im Lande sind, sich einer solchen Regenzeit nicht 
erinnern; und dieser Regen trat nicht etwa nur 
strichweise auf, sondern aus allen Landestheilen 
kommen gleichlautende und hoffnungsfreudige Be- 
richte. Die Folge war, daß überall das Getreide 
prächtig gedieh, daß das Weidefeld üppig stand, und 
daß an Futter kein Mangel war. Zwar darf man 
nicht erwarten, daß nun damit wie mit einem 
Schlage die große Armuth des Volkes und seine 
Noth vorbei ist. Die schweren Heimsuchungen der 
letzten Jahre werden noch lange nachwirken, und 
mancher Verlust wird, menschlich gesprochen, nie 
wieder ersetzt werden können; aber der dumpfe 
Bann, der auf allen Gemüthern lag, ist doch ge- 
wichen; an Stelle der früheren Hoffnungslosigkeit 
ist wieder Lebensmuth getreten; die Leute athmen 
wieder auf und sehen vertrauensvoller in die Zu- 
,kunft; auch wird von mehr als einer Stelle berichtet,
	        
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