Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

den Pflanzern gelungen, bei den Bäumen die Ab- 
scheidung von Alkaloiden in der Rinde noch be- 
deutend zu steigern. So wurde 1894 stellenweise 
ein Ledgerianabast geerntet, welcher 13,86 PpéCt. 
Chinin enthielt. Es ist dies die höchste bisher er- 
zielte Prozentziffer. 
Der Alkaloidgehalt variirt auch nach der Art 
der Rinde, d. h. er ist verschieden in Zweig-, Ast-, 
Stamm= und Wurzelrinde. 
Die Letztere hat sich als sehr reich an Alkaloiden 
erwiesen. Die Pflanzer haben aus diesem Grunde 
eine früher auf Java allgemein übliche Erntemethode 
aufgeben, welche darin bestand, daß man die NRinde 
in Längsstreifen vom Stamm schälte und die bloß- 
gelegten Stellen alsdann mit Moos, Gras und der- 
gleichen umwickelte, um dann die Neubildung von 
Rinde unter dieser Schutzdecke abzuwarten. Jetzt 
läßt man den Baum zu kräftiger Entwickelung ge- 
langen und rodet ihn dann völlig aus. Außer der 
dann natürlich sehr alkaloidreichen Runde wird auf 
diese Weise die werthvolle Wurzelrinde gewonnen, 
zugleich aber wieder Platz für jungen Nachwuchs 
geschaffen. Bei besonders günstigen Konjunkturen 
auf dem Markte rodet der Pflanzer die Bäume 
sogar, noch ehe sie völlig herangewachsen sind. 
Die Cinchona Ledgeriana besitzt, wie erwähnt, 
eine an Chinin viel reichere Rinde als Cinchona 
Succirubra Letztgenannte Art entwickelt aber ein 
weit größeres Wurzelgeflecht als die erstere. Auf 
vielen Plantagen wird daher gegenwärtig Ledgeriana 
auf Unterstamm von Succirubra okulirt und ge- 
pfropft, um später ein größeres Luantum Wurzel- 
rinde zu gewinnen. Die für die Chininfabrikation 
geerntete, im Durchschnitt 5 bis 6 pCt. Chinin 
liefernde Ledgerianarinde gelangt zerkleinert und in 
Ballen gepreßt in den Handel, während die aus- 
schließlich für die offizinelle Verwendung in den 
Apotheken bestimmte etwa 6 péCt. Alkaloide (darunter 
nur 1 bis 2 pCt. Chinin) enthaltende Succirubra= 
rinde in röhrenförmigen, auserlesenen, möglichst 
schönen Stücken in Kisten verpackt wird. 
Bietet die Geschichte kolonialer Kulturen in 
anderen Ländern für unsere jungen Kolonien immer 
Interesse, so scheint die Entwickelung der China- 
rindenkultur im tropischen Asien in mehr als einer 
Beziehung besonders lehrreich. Sie zeigt nicht nur 
charakteristische Unterschiede zwischen dem Verhalten 
holländischer und englischer Pflanzer, bei den Einen 
größere Sorgfalt und Ausdauer, bei den Anderen 
ein Vorwiegen spekulativen Geschäftsgeistes, sondern 
lehrt vor Allem auch, was mit dem rationell be- 
triebenen Anbau auch einer nicht einheimischen Pflanze 
erreicht werden kann. Der Erfolg der zuerst von 
Regierungswegen unternommenen systematischen Arbeit, 
welche Java zum größten Chinarindenproduzenten 
und Amsterdam zum Weltmarkt für diesen Artikel 
gemacht hat, ist um so höher zu veranschlagen, als 
er schon seit Jahren mit der Ungunst der Ver- 
hältnisse zu kämpfen gehabt hat, deren Ueberwindung 
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wohl nur der unablässigen, unter steter wissenschaft- 
licher Kontrolle sich vollziehenden Pflege der Qualität 
des javanischen Produkts zu danken ist. 
Reformvorschläge für die französischen Rolonien. 
Wegen der von Jahr zu Jahr anwachsenden 
Ausgaben für die Kolonien hat der französische 
Kolonialminister im vorigen Jahre eine Kommission 
zusammenberufen, welche die Lokalbudgets der Kolo- 
nien nach der Richtung hin prüfen sollte, wie durch 
Ersparnisse oder eine bessere Verwendung der vor- 
handenen Hülfsmittel die vom Mutterlande zu leisten- 
den Beihülfen vermindert werden könnten. Aus dem 
von dieser Kommission erstatteten Bericht, welcher im 
°"Journal ofliciel: vom 28. Juli d. Is. veröffent- 
licht ist, mögen hier einige Auszüge folgen: 
Der Bericht beginnt mit vergleichenden Be- 
trachtungen über französische und englische Kolonisa- 
tion, welche gerade nicht zu Gunsten der ersteren 
ausfallen. Der Franzose betrachte die Kolonien, 
welches auch ihre geographische Lage und ihre Be- 
völkerung sei, gewissermaßen als eine Erweiterung 
des Mutterlandes und habe nichts Eiligeres zu thun, 
als seinen komplizirten Verwaltungsorganismus, seine 
lostspielige Justiz, seinen Unterricht und seine Armeen 
von Beamten dorthin zu verpflanzen, während der 
Engländer jede Kolonie als ein selbständiges Gemein- 
wesen mit eigenen Hülfsquellen und besonderen In- 
teressen ansehe, welches mit gelegentlicher Unter- 
stützung des Mutterlandes selbst für seine Bedürfnisse 
zu sorgen habe. Diese Politik erkläre die bewunde- 
rungswürdige Entwickelung der englischen Kolonien. 
Frankreich sei dem englischen Beispiel in Bezug auf 
die Verwaltung Französisch-Guineas, Dahomeys und 
der Elfenbeinküste gefolgt. Diese Kolonien hätten 
keinerlei Art von Unterstützung aus dem Staatsbudget 
erhalten, und das Resultat sei, daß dieselben sich 
eines besonderen Aufblühens erfreuten. 
Die Kommission stellt daher den Grundsatz auf: 
die Kolonien disponiren über ihre sämmtlichen Ein- 
künfte, haben aber auch ihre sämmtlichen Ausgaben 
selbst zu bestreiten. Zu Letzteren rechnet sie nicht den 
größeren Theil der militärischen Ausgaben, da dieser 
nicht sowohl im rein kolonialen Interesse als viel- 
mehr im allgemeinen Staatsinteresse aufgewendet 
werde. 
Es wird dann untersucht, wie sich die Anwendung 
dieses Grundsatzes auf die Budgets der einzelnen 
Kolonien gestalten würde. Dabei ergiebt sich, daß 
die Kolonien von dem 85 Millionen Francs be- 
tragenden Budget des Ministeriums der Kolonien 
nur reichlich 9 Millionen zu übernehmen haben 
würden, da die übrigen Ausgaben sich auf das 
Militär-, Gefängnißwesen, allgemeine Staatsver- 
waltung 2c. beziehen und daher dem allgemeinen 
Staatsbudget zur Last fallen müssen. Aber auch 
dieser Betrag könne den Kolonien wegen ungenügender 
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