Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Demselben Blatte zufolge ist jetzt eine Fibel 
im Moschidialekt hergestellt. — Im Oktober und 
Noveniber des vorigen Jahres sind wieder mehrere 
deutsche Missionsärzte ausgesandt worden, 
nämlich je einer von Berlin 1 nach Ostafrika, Ber- 
lin II nach Indien und dem Allgemeinen protestan- 
tischen Missionsverein nach Kiautschon. 
In Kamerun sind von den Missionaren der 
Baseler Missionsgesellschaft im Jahre 1900 auf 
allen neun Stationen zusammen 549 Heiden getauft 
worden, 157 mehr als im Jahre zuvor. Die Ge- 
meinden zählten am 1. Januar 1901 in 150 Ort- 
schaften im Ganzen 2615 Seelen; in 141 Schulen 
wurden 3290 Schüler unterrichtet. Im Taufunter- 
richt standen 683 Heiden. 
—.- 
Nach einer in der amerikanischen Missionszeit- 
schrift „The Missionary Herald"“ veröffentlichten 
Mittheilung aus Guam (Marianen) vom 30. Januar 
befanden sich dort der Missionar Dr. Hyde und Frau, 
welche auf eine Schiffsgelegenheit warteten, um sich 
nach ihrem Wirkungskreise auf den Rukinseln (Ost- 
karolinen) zu begeben. Ein Schuner war aus Ponape 
in Guam eingetroffen, der gute Nachrichten über das 
Fortschreiten des Werks der Bostoner Mission brachte. 
Der Missionar Pfalzer in Simbang (Kaiser 
Wilhelmsland) befindet sich gegenwärtig auf einem 
Heimathsurlaub, gelegentlich dessen er sich einem 
Kurfus im Studium der Malaria im Königlichen 
Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin unter- 
zogen hat. Ihm sind eine ganze Zahl Briefe von 
Schülern und Täuflingen nachgefolgt, welche die 
„Kirchlichen Mittheilungen der Neuendettelsauer 
Mission“ zum Abdruck bringen und mit folgenden 
Bemerkungen begleiten: 
Die Briefe sind gerichtet an den Miss. Pfalzer, 
dessen Namen die Eingeborenen in Paisa oder Balsa 
verstümmelt haben. In den Abhandlungen geben 
Täuflinge Rechenschaft auf die Frage, warum sie 
eigentlich die Taufe begehrten. Briefe wie Abhand- 
lungen, beides anspruckslose Erzeugnisse einer in den 
ersten Ansängen stehenden Bildung und religiösen 
Erneuerung, geben in ihrer Gesammtheit einen guten 
Einblick; was das irdische Leben jener Bevölkerung 
aus füllt und ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht, das 
ist wie bei uns: Geburt und Tod, Krankheit und 
Unglücksfall, Ackerbau und Handwerk, Märkte und 
Festlichkeiten. Die Jugend des Volkes hat ein weiches 
Gemüth, das sieht man an den Aeußerungen der 
Anhänglichkeit gegen den in der Ferne weilenden 
Lehrer; sie will das durch persönlichen Verkehr ge- 
knüpfte Band durch das Andenken festgehalten wissen. 
Einer der Schreiber vermag sich mit recht lebhafter 
Phantasie in die andersartigen Verhältnisse eines 
Kulturlandes zu versetzen. Andere Briefe wieder 
zeigen, wie das Herz von religiösen Gedanken bewegt 
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wird, wie ein sittliches Urtheil sich bildet, der geist- 
liche Gesichtskreis sich ausdehnt. 
Der erste der Briefe lautet: 
„O Paisa — sieh, ich der kleine Obogo schreibe 
dieses Papier, damit Du es sehest und lesest. Du 
bist an Deinen Platz gegangen und wir sind (seitdem) 
alle krank gewesen. O Paisa, wirst Du die Yabim- 
sprache vergessen oder nicht? Wenn Du sie nicht 
vergessen hast so schreibe mir eine Antwort (wörtlich: 
etwas zur Vergeltung). O Paisa, sitzest Du gut 
oder nicht? Zu dieser Zeit veranstalten die Ging- 
galaleute einen Schweinemarkt und alle Leute werden 
kommen, die Schweine schlachten und essen. 
Paisa, viele von unsern Jungen sind in Siar. 
Jetzt bereiten wir die Felder für die Jams und 
Taro. Ich bin eben jetzt auf der Grasfläche (so 
nennen die Eingeborenen die Station Simbang) und 
schreibe dieses Papier. 
O Paisa, 5 Leute bekehren sich und werden ge- 
taust und werden Gottes Kinder. O Paisa, dem 
Hansche seine Frau hat ein schönes Kind geboren. 
O Paisa, wir Yabimleute, die Jungen und Mädchen, 
die alten Männer und die Weiber, alle miteinander 
— nicht nur vereinzelt — hören Gottes Rede. — 
O Paeisa, ich habe Dich nicht vergessen, ich gedenke 
Deiner fortwährend, wie ich auch Gottes gedenke. 
O Paisa, ich habe dieses Papier geschrieben, damit 
Du sehest, ob ich schlecht oder gut schreibe. 
O Paisa, die Leute fürchten die Leute, sie fürchten 
sich umsonst vor einander. Sie tödten den Leib und 
die Seele zu tödten verstehen sie nicht. Sie sollten 
den Mann fürchten, der den Leib tödtet und die 
Seele verwirft hinunter an den schlechten Platz. Paisa 
— Obogo der kleine hat dieses geschrieben.“" — 
(Anmerkung der „Kirchl. Mittheilungen“: Schreiber 
dieses ist ein etwa zehnjähriger Yabimjunge von 
Ngasigalatu — kam 1898 zum ersten Mal in die 
Schule — aufgeweckt, etwas vorlaut, dabei aber nicht 
empfindlich, lernte sehr gut und war einer der besten 
Schüler dieses Kurses.) 
Der P. Aloys Ziegenfuß schreibt in einem an 
seine Mutter gerichteten Briefe über einen Besuch, 
den er der katholischen Missionsstation in Klein- 
Windhoek abgestattet hat: 
In dieser herrlichen Thalmulde ist wie in einem 
Brennpunkte Alles vereinigt, was das Schutzgebiet 
Fruchtbares an Gemüsearten, an Fruchtbäumen oder 
auch an lieblichen Lagen besitzen mag. In ganz 
Deutsch-Südwestafrika, glaube ich, weist kein Fleckchen 
Erde so altehrwürdige Baumriesen und so guellen- 
durchrauschte Gärten auf. In diesem gesegneten 
Thale, das im Westen begrenzt wird von den hohen, 
wilden Bergzügen des Erosgebirges, Berg an Berg, 
im Südosten von den Granitmauern des Auriskolosses, 
im Nordosten von den Höhen von Groß-Windhoek, 
und welches selber wieder von dem über 200 m
	        
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