Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

„Br. Bast soll Stecklinge und alle möglichen 
Samensorten aus unserem Garten in Kl.-Windhoek 
holen, behuss Verpflanzung in den neuen Missions- 
garten von Swakepmund. Kann man es uns verargen, 
daß wir uns recht berzlich gefreut haben, als wir von 
der Erstlinge frucht unseres Gartens genießen konnten? 
Ob die Bäume dem Ostwinde widersteben können, 
wird sich zeigen. Bis jetzt hat noch Niemand den 
Beweis erbringen können, weil noch Niemand solche 
gepflanzt hat. Die Hauptsache bei der Anlegung 
eines Gartens ist daher, neben der richtigen Kompo- 
sition des Bodens ein schüpender, möglichst hoher 
Zaun. Da man dazu nur Bretter oder Wellblech 
gebrauchen kann (sonst giebt es hier zu Lande nichte), 
leuchtet es ein, daß die erste Auslage sich gleich 
hoch beläuft. . 
Erfreulich ist die Erscheinung, daß in Swakop- 
mund regelmäßig an Sonn= und Festtagen ein vor- 
schriftemäßiges Hochamt gehalten werden kann.“ 
Deiselbe Missionor schildert eine Fahrt auf der 
Eisenbahn in Deutsch= Südwestaftrika, wie folgt: 
„War das doch eine geheime Freude für mich, 
als ich mich reisefertig machte, um die katholischen 
Arberter am Unterbau unserer neuen Bahn zu de- 
suchen und dort Goltesdienst abzuhalten. 
Am 2. Juli 1900 ist die Eisenbahnstrecke Jakals= 
water—Karibib dem Verkehr übergeben und der 
regelmäßige Betrieb zwischen Swakopmund und 
Karibib croffnet worden. Die Strecke Swakopmund— 
Karibib hat eine Länge von 194 km, das ist ziemlich 
genau die Hälfie der Enmfernung von Swakopmund 
nach Windhoek. Dem Personenverkehr auf der Strecke 
dient sortan ein vorläufi einmal wöchentlich in beiden 
Richtungen laufender Zug, der alle Donneistag von 
Swakopmund und alle Montag von Karibib ab- 
gelassen wird. Duieser Zug legt die Strecke in einem 
Tage zurück: er verlaßt Swakopmund morgens um 
6¼ Uhr und erreicht Karibib abends um 8 Uhr 
20 Min. Die ganze Fahrzeit beträgt in der Rich- 
tung Swakopmund—Karibib 14 Stunden 5 Minuten, 
in der Richtung Karibib — Swakopmund 14 Stunden. 
Ein längerer Aufenthalt — von 1 Stunde — findet 
nur mutags mn Jakalswater statt. Auf den übrigen 
insnesammt elf Stationen ist ein Aufenthalt von 
durchgängig zehn Minuten vorgesehen. Die Fahr- 
geschwindigkeit beträgt somit, wenn rund drei Stunden 
auf die Aufenthaltszeiten gerechnet werden, im Durch- 
schnitt 17,64 km in der Stunde. Außer dem wöchent- 
lichen Personenzuge werden fahrplanmaßig täglich 
zwei Züge in jeder Richtung abgelassen, em Güter- 
zug. der auch Personen befördert, aber ohne Ein- 
stellung von Personenwagen, und ein Bedarsszug, 
der nur zur Beförderung von Betriebs= und Bau- 
bedürfnissen dient. Die Spurweite der Bahn beträgt 
nur 60 cm. · 
Die Bahn bedeutet für unser Land einen ganz 
bedeutenden Fortschritt, sie hat die alten, unhaltbaren 
Verhältnisse umgestürzt und bessere geschaffen. Früher 
brauchte ein Ochsenwagen sechs bis sieben Tage, was 
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die Bahn in einem Tage macht. Die offenen, mit 
Segelleinen bedeckten Wagen sollen demnächst durch 
geschlossene ersetzt werden. Es ist nicht so warm, 
daß die offenen Wagen immer erwünscht wären. 
An Sehenswürdigkeiren giebt es die ersten 40 km 
absolut nicts. Nach 45 km läuft die 
Bahn in döas trockene Flußbett, daos sich am Fuße 
zweier mächtiger Gebirgsketten hinzieht. Hausbobe, 
ja thburmhohe Felsen bringen Abwechselung in die 
Sand= und Steinwüste. Wer sich für diese Art 
Naturschönheit interesfirt, bekommt wahrhaft Groß- 
artuges zu sehen. 10 km lang hat man zu beiden 
Seiten die romantischsten Anblicke auf wildzerrifsene 
Felsen oder in noch wilder dreinschauende Thal- 
schluchten. Früher soll hier alles mögliche Wild 
gebaust haben; sogar Elefanten will man hier noch 
vor 20 bis 30 Jahren geiagt haben Die 
Bahn hat an einzelnen Stellen ganz bedeutende Stei- 
gungen zu überwinden. Beim Verlassen des Fluß- 
benes ist dieselbe 1: 14. Hier kann die Lokomotive 
nur jedesmal einen Wagen befördern. Was der 
Zug hier an Geschwindigkeit einbüßt, bolt er nachher, 
oben auf der Fläche, wieder ein. Wenn er dann 
mit Windeseile über diese Hochebene läuft und einen 
weiteren Felsengürtel durchbrochen hat, lieat die 
trostloseste Strecke hinter uns. Gras= und spärlicher 
Baumwuchs fangen allmählich an, Berge und Thäler 
in ein annehmbareres Gewand zu kleiden. Auch die 
Thierwelt wind nachgerade wach und man füblt sich 
beinahe in eine andere Welt versetzt, wenn dast Auge 
überall saftiges Giün sieht. Doch was ist das? Da 
heißt es plötzich: Feuer! Feuer! Da steht mit einem 
Male der nachste Viehwagen in lichterloher Flamme. 
Ein Farmer hatte die kostspielige Reise nach Deutsch- 
land gemacht, um sich für seme Farm gutes. deutsches 
Zuchtoieh: Bullen, Schafe, Schweine, Federvieh 2c. 
unzuschaffen. Von den Merinoschafen war nur ein 
geringer Prozentsatz emgegangen. Sebr gut war den 
beiden Flensburger Bullen die Seereise bekommen: 
glücklich waren sie von Bord gelandet und auf den 
Eisenbahnwaggon geladen. Die Verlader hatten 
jedoch die Unvorsichtigkeit begangen, vielleicht aus 
Gutmüthigkeit, zwischen den Schafen und den Bullen 
eine Scheidewand aus Heu= und Strobballen zu 
errichten. Der am Morgen heftig wehende Ostwind 
hatie das Stroh recht trocken gemacht, und nun waren 
einige glühende Kohlenstückchen von der Lokomotive 
durch Uebertragung des Windes auf das Heu cge- 
flogen. Ein Augenblick genügte dem gierig um sich 
fressenden Elemente, um alle Pläne auf Rettung der 
Bullen zu vernichten. Es gelang mit knapper Noth, 
die Schafe dem Feuertode zu entreißen 
Noch einige Male hielt das Dampfroß an 
einsamen Eisenbabhnstationen, bis es mit andert- 
halbstündiger Verspätung in Karibib, dem Ziele, 
ankam. Hier empfing mich in seiner liebenswürdigen 
Weise Herr Leutnant Kell, der Leiter der Erd- 
arbeiten am Unterbau der Bahn. Am folgenden 
Tage wurden die Pferde gesattelt, die uns Beide an
	        
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