Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Ebenso erklärt sich die scheinbare Zunahme 
der Engländer im Bezirk Keetmanshoop (um 
57 Köpfe); ihre thatsächliche Vermehrung in 
den Minenbezirken von Outjo und Grootfontein 
wird mehr als ausgeglichen durch den erheblichen 
Rückgang der englischen Bevölkerung in Swakop— 
mund. In Wirklichkeit dürfte mithin während des 
Jahres 1900 eher eine leichte Abnahme als eine 
Zunahme des englischen Elements in Südwestafrika 
eingetreten sein. Die stärkste Vermehrung hatte in— 
folge der außerordentlichen Ereignisse das Buren- 
element zu verzeichnen, und an zweiter Stelle 
kommen die Deutschen. Die Befürchtung eines 
Ueberhandnehmens der englischen Bevölkerung in 
unserer Kolonie entbehrt mithin der thatsächlichen 
Grundlage. 
Deutsch-Neu-Guinea. 
Das Geld der Faper. 
Vom Kaiserlichen Bezirksamtmann Senfft (VYap). 
Dem Fremden, der einen Gang durch die Dörfer 
der Insel Yap macht, fallen vor Allem die vielen 
kreisrunden Steine auf, die entweder an die Wohn- 
und Gemeindehäuser gelehnt oder aber auch zu 
Seiten des Weges etwas in die Erde eingegraben 
und, wo nöthig, mit einer Rückenstütze versehen sind. 
Die Frage nach dem Zweck dieser Steine ist be- 
rechtigt; wenn sie meistens für Mühlsteine gehalten 
werden, so ist das nicht verwunderlich, sie ähneln 
ihnen am stärksten, daß sie aber eine Geldsorte sind, 
darauf kommt gewiß Niemand, denn nur auf dem 
freundlichen YDap giebt es diese Münze, sonst 
nirgends. Mit Recht kann man sagen, daß hier 
das Geld auf der Straße liegt. 
An Schwerfälligkeit läßt es das eiserne Geld 
des Lykurg noch weit hinter sich. Die Münze, in 
welcher diese Stücke geprägt werden, liegt nicht auf 
Yap selbst, sondern auf den etwa 240 Seemeilen 
entfernten Palau-Inseln. Dieser Umstand trägt 
neben der Schwierigkeit der Prägung dazu bei, das 
schwer transportable Geld vor einem jähen Kurs- 
sturz zu bewahren. Die Fabrikation ist die folgende: 
Eine Anzahl Yaper begiebt sich auf einem Schiff 
nach den Palau, besonders nach den Inseln Koreor, 
Malakal und dem Südosten der Insel Babelthoap 
mit Meißeln, Pickärten und ähnlichen Werkzeugen 
und erwirkt von der zuständigen Gemeinde die Er- 
laubniß zum Brechen des Aragonitsteines, der sich 
eingelagert in Basalt oder Korallen= und Kallkfelsen 
findet. Als Entschädigung oder Gebühr werden eine 
Quantität des aus der Gelbwurz gewonnenen, hier 
Rong genannten Farbstoffes sowie einige hundert 
Körbe Bethelnüsse und Pfefferblätter gezahlt. Die 
Naper helfen den Palauern auch hier und da bei 
Wege= und Dammbau. Die Steinbrecher machen 
sich nun an die Arbeit. Mit unendlicher Geduld 
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lösen sie einen Block aus dem Felsen, wälzen ihn 
bei der ersten Bearbeitung auf Feuer, um die Ober- 
fläche spröde zu machen, picken die spröden Stellen 
ab und fahren so fort, bis der Block die Gestalt 
einer runden Scheibe erlangt hat, dann wird ein 
kreisrundes Loch in die Mitte gemeißelt; die kleineren 
Steine werden nicht erst auf Feuer gelegt, sondern 
roh behauen. Je dünner, größer und gleichmäßiger 
der Stein, desto werthvoller ist er; es gehört des- 
halb eine gewisse Kenntniß dazu, wie weit mit dem 
Behauen fortgefahren werden kann, ohne daß der 
Stein zerbricht und dadurch eine lange, mühevolle 
Arbeit zu nichte gemacht wird. Ist das Werk gelungen, 
so harrt in dem Transport eine weitere schwere 
Aufgabe, wenn es sich um große Exemplare handelt. 
  
Vom Steinbruch müssen sie nach der Küste und da 
auf große, aus dicken Baumstämmen hergestellte 
Flöße und endlich nach dem Schiff gebracht werden, 
das sie nach der Heimath bringen soll. Hier be- 
ginnt die Arbeit von Neuem in umgekehrter Reihen- 
folge, bis das Geld endlich zur großen Freude der 
betheiligten Gemeinden vor dem Gemeindehaus an- 
gekommen ist. Ich habe Yaper auf dem Guffel 
einer ziemlich hohen, dicht bewachsenen Insel in den 
Palau arbeiten sehen, auf den man nur durch 
Klettern und Kriechen auf allen Vieren gelangen 
konnte. Dort lagerte ein fertiges, viele Centner 
schweres Geldstück, von dem ich nicht weiß, wie es 
mit den einfachen Hülfsmitteln so an die Küfte ge- 
bracht werden kann. Ueber die Schwere der Stücke 
habe ich mich anfangs sehr getäuscht. Ich hatee 
mich mit einem größeren Segelboot nach dem Dorf 
Oneau begeben, um fünf als Strafe zu zahlende 
Steine mittlerer Größe abzuholen; zum Transpon 
eines einzigen brauchte ich einen starken Baum und 
acht kräftige Männer; die fünf Steine im Boot 
wegzuschaffen, war gar nicht möglich, sie hätten die 
Planken eingedrückt. Unter Berücksichtigung der ver- 
wandten Arbeitskraft, der Gefahr und der Zeit sst 
der Werth immerhin noch ein mäßiger; freilich sind 
ja die glücklichen Insulaner über den Begriff der 
Zeit erhaben. Die „kä“ genannten Geldstücke wer- 
den nach Handspannen, und zwar von der Daumen- 
bis zur Zeigefingerspitze, gemessen; es giebt solche 
von einer Spanne bis über 4 m im Durchmesser, 
die viele Centner wiegen. Die besonders groen 
Stücke besitzen Eigennamen, die größten Exemplare 
lagern noch auf den Palau, da sie von den nur 
kleinen Segelschiffen, die zwischen dort und #0 
fahren, nicht an Bord genommen werden konnten. 
Vor der Zeit, als Schiffe die Beförderung über- 
nahmen, brachten die waghalsigen BYaper ihre Steine 
auf Flößen, vor die Kanus gespannt waren, nach 
hier; wie erklärlich, haben viele auf diesen gefähr- 
lichen Reisen nicht nur das Geld, sondern auch ihr 
Leben eingebüßt, aber alle Gefahr hat sie nicht 
abgehalten, immer und immer wieder diese Fahrten 
zu unternehmen. Am Golde hängt, nach Golde 
drängt doch Alles! Wie überall, so drückt auch hier 
  
 
	        
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