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eine Ansprache in Nama auszuarbeiten; er bestieg
die Kanzel — und es ging!
Eine schöne Feier beging am Sonntag, dem
23. Juni, die Gemeinde zu Ho, einer Station der
norddeutschen Evhemission (Togoland): es wurden
an diesem Tage zwei eingeborene Gehülfen, Adolf
Lawoe und Samuel Newell, zu Pastoren ordinirt.
Ordinirte eingeborene Pastoren sind allenthalben für
die gesunde Entwickelung der Missionsarbeit unter
einem Volke von der größten Wichtigkeit. In dem
Epyhelande ist es doppelt wünschenswerth, wenn dem
Europäer solche erprobten Hülfskräste zur Seite
treten. Die Erhemission hat bisher erst einem Ein-
geborenen die Ordination ertheilen können; es ist dies
Rud. Mallet, der in seinem nun schon fast 20 jährigen
Pfarramt Vielen zum Segen geworden ist.
Das „Evangelisch-lutherische Missionsblatt“ bringt
in seinem letzten Hefte einen Bericht des Missionars
Raum von der Station Moschi, dem wir Folgendes
entnehmen:
Der Tag, nach dem schon lange alle Bewohner
der Station und ihre Freunde in den Schamben sich
gesehnt hatten, war endlich da. Am Sonntag, den
30. Juni, wollten wir in unsere neue Steinkapelle
einziehen und den ersten Gottesdienst in ihr halten.
Zwar war noch nicht Alles an ihr und in ihr fix
und fertig. Der Thurmaufsatz war noch auf zwei
Seiten mit Brettern zu verschalen, außen fehlten die
Thüren und innen noch etliche Bänke. Tausstein
und Altar waren jedoch vollendet, von prachtvollem
rothen Holz, das von weit oben aus dem Urwald
stammt; Br. Fickert hatte diese Arbeit mit seinen
schwarzen Gehülfen noch im Laufe der letzten Woche
mit Aufbietung aller Kräfte geleistet. Die Platzfrage
in dem bisherigen, mit Lehmwänden umgebenen und
mit Bananenblättern gedeckten Raum war immer
brennender geworden. Obwohl die Leute darin ganz
dicht nebeneinander saßen und den in der Mitte
zwischen den Bänken hindurchführenden Gang eben-
falls dicht besetzt hatten, mußten doch in der letzten
Zeit immer wieder einige vor der Thür aus Mangel
an Platz umkehren. Wir selbst saßen mit Harmonium,
Predigtpult und Altar immer förmlich eingekeilt.
Der oft unbequeme Sitz hinderte Manchen, so auf-
merksam zu sein, als er sonst vielleicht gewesen wäre.
So wird man es begreifen, wenn wir in dem Ge-
danken, daß nichts Wesentliches mehr zur Einweihung
sehle, auf Thüren, etliche Bänke und ein neues
Predigtpult einstweilen verzichteten. Das Besondere
war das Fehlen der Thüren, das durch das Aus-
bleiben der Thürbänder und Angeln verursacht, doch
jetzt, wo die kalte Zeit zu Ende ging, ganz gut zu
ertragen war. Das Innere war mit Palmblättern,
der Altar mit Blumen schön geschmückt, und lange
Reihen von einfachen, aber würdigen Bänken standen
einladend zum Sitzen und Hören da. Die Feier
selbst, an der alle Liebhaber des Wortes Gottes hier
mit großer Freude und in festlicher Stimmung theil-
nahmen, begann am Sonntag Vormittag 10 Uhr.
Die Weihepredigt hatte zur Grundlage den mahnen-
den und warnenden Ruf des Propheten: „O Land,
Land, Land, höre des Herrn Wort!“ der gerade so,
wie er lautete, sich schön in die Sprache einkleiden
ließ, in der er hier erschallen sollte. Im Uebrigen
verlief die Feier in der von der Bayerischen Agende
vorgeschriebenen Form. Es nahmen an ihr, wie
Br. Fickert zählte, 825 Eingeborene theil. Die
Zahl der Kirchgänger hat sich auch bisher ungefähr
auf dieser Höhe gehalten. So dürfte das Kirchlein,
das etwa 500 Sitzplätze enthält, ja nicht lleiner
sein, als es ist. Denn wir hoffen doch auf einen
Zuwachs unserer Kirchgänger. Das Ende des
vorigen und der Anfang dieses Monats brachte mir
eine ganze Reihe Taufanmeldungen, die mir alle
große Freude machten, die ich aber nicht alle an-
nehmen konnte.
Aus der St. Benediktusmission in Deutsch-
Ostafrika berichtet ein in der Zeitschrift „Kreuz
und Schwert“ abgedruckter Brief des apostolischen
Präfekten über die Verhältnisse im Innern. Es
heißt darin u. A.:
Am 6. Mai reiste ich von Dar-es-Saläm ab.
Wir standen zwar den Monaten nach noch mitten
in der Regenzeit, aber ich hoffte, der meiste Regen
wäre vorbei. Aber schon am zweiten Reisetage sollte
ich mich überzeugen, wie sehr ich mich getäuscht
hatte. Es goß während des ganzen Tages in
Strömen, und es war keine leichte Arbeit, sich über
die steilen Abhänge der Puguberge hinweg zu arbeiten,
die mit ihrem aufgeweichten Lehmboden den Maorsch
sehr erschwerten. Als ich während der folgenden
17 Reisetage alltäglich große Strecken weit durch
tiefen Schlamm waten oder weite Ueberschwemmungs-
gebiete passiren mußte, da wünschte ich oftmals jene
an meine Stelle, die nicht müde werden, begeisterte
A0rtikel zu schreiben, wie vortheilhaft für die Kolome
und wie rentabel für Unternehmer es wäre, dos
Trägerwesen durch Wagenverkehr zu ersetzen. In
Ostafrika eine stets fahrbare Straße herzustellen, wird
mindestens halb so viel kosten wie ein Bahnbau.
Dem allerdings für die sittliche und kulturelle Ent-
wickelung der Kolonie höchst nachtheiligen Träger-
wesen zu steuern, dafür giebt es nur ein Mittel,
nämlich die Eisenbahn. Je mehr man die Kolome
in ihren inneren Gebieten kennen lernt, desto leb-
hafter muß man bedauern, daß die Eisenbahn immer
wieder und wieder abgeschlagen wird. Hier und
ganz besonders auf den Innerstationen hört man
kaum noch etwas Anderes als Klagen über Verweige-
rung der Eisenbahn. Besonders Bezirkschefs, welche
mit Interesse und Geschick ihren Bezirk zu heben
suchen, sind trostlos, daß durch mangelnde Verkehis-
mittel ihnen die Hände gebunden sind. Ich passirte
Gegenden, welche zu den schönsten und reichsten der
Kolonie gehören, und die dortigen Leute konnten